Ferritin-Blutwert zu hoch oder zu niedrig

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Der Ferritin-Blutwert

Fällt bei einer Blutuntersuchung der Ferritin-Blutwert zu hoch oder zu niedrig aus, deutet das meistens auf Eisenmangel oder Entzündungen hin. Eisen ist ein Spurenelement, das der Körper mit der Nahrung aufnehmen muss und von dem er normalerweise Reserven für Zeiten mit schlechter Versorgung anlegt.

Der Ferritin-Blutwert sinkt erst dann ab, wenn dieser Eisenspeicher erschöpft ist. Andererseits steigen die Ferritin-Werte bei Entzündungen, Lebererkrankungen und verschiedenen Arten von Krebs.

Ferritin-Blutwert  – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Ferritin ist der Eisenspeicher des Körpers, der vor allem in Leber, Milz und Knochenmark Eisen für die Hämoglobinsynthese und andere Funktionen bereithält.
  2. Der Ferritin-Blutwert spielt in der Labordiagnostik eine wichtige Rolle bei der Überprüfung des Eisenspeichers.
  3. Ist der Ferritin-Blutwert zu hoch oder zu niedrig, ist das in den meisten Fällen mit einer Blutarmut (Anämie) assoziiert.
  4. Niedrige Ferritin-Blutwerte sind ein wichtiges Indiz für Eisenmangel, der bei Blutverlusten, Eisenmangelernährung und Resorptionsstörungen auftritt.
  5. Zu hohe Ferritin-Blutwerte treten auf bei chronischen Entzündungen, Hämochromatose, Tumoranämien und Infektanämien oder Thalassämien.

 

Was ist Ferritin überhaupt?

Eisen benötigt unser Körper vor allem für die Synthese des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Dementsprechend finden sich ungefähr zweieinhalb Gramm der vier Gramm Eisen eines Menschen im Blut. Der Rest ist vor allem an Ferritin und seine Bruchstücke Hämosiderin gebunden (1 g), kleinere Mengen liegen im roten Muskelfarbstoff Myoglobin und in verschiedenen Enzymen vor (300 mg) und werden mit Transferrin transportiert ( 4 mg).

Ferritin dient als „Speichereisen“. Es handelt sich dabei um große Proteinkomplexe, die in ihrem Inneren mit Eisenhydroxid gefüllt sind. Die größten Mengen dieses Eisenspeichers findet man in Leber, Milz und Knochenmark.

Damit sitzt er quasi an Ort und Stelle: In der Milz werden überalterte rote Blutkörperchen aussortiert, zerlegt und das im Häm des roten Blutfarbstoffes vorhandene Eisen recycelt. Im Knochenmark bedienen sich die hämatopoetischen Stammzellen, die für die Blutbildung verantwortlich sind, am Ferritin und nutzen es für den Einbau von Hämoglobin in die Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, die Retikulozyten.

Der Transport von Eisen im Blut erfolgt nicht mit diesen riesigen Ferritin-Molekülen, sondern mit einer speziellen Transportform, dem Transferrin. Dieses wesentlich kleinere und damit besser transportable Molekül bringt das Eisen an seine Bestimmungsorte, wo es die Zellen mithilfe spezieller Transferrin-Rezeptoren aufnehmen.

Für Aussagen über den Füllungszustand des Eisenspeichers verwendet man in der Labordiagnostik das Ferritin. Obwohl der überwiegende Teil davon innerhalb von Zellen vorliegt, liefert der geringe Anteil im Blutplasma zuverlässige und repräsentative Werte und unterliegt nicht kurzfristigen Schwankungen wie der Transferrinspiegel.

Normalwerte – Wie hoch sollte Ferritin denn sein?

Der Referenzbereich für den Ferritin-Blutwert ist bei Frauen und Männern leicht unterschiedlich – Frauen verlieren viel Blut und damit Eisen während der Periode, Männer haben einen höheren Muskelanteil und damit mehr Eisen im Muskelfarbstoff Myoglobin.

Referenzbereich Blutwert Ferritin Frauen: 13 – 651 µg/l

Referenzbereich Blutwert Ferritin Männer: 4 – 665 µg/l

 

Wie kommt es zu einem niedrigen Ferritin-Blutwert?

Ist der Blutwert des Ferritins zu niedrig, deutet das auf einen latenten und manifesten Eisenmangel hin. Letzterer zeichnet sich bereits bei Ferritinwerten unter 15 µg/l ab.

Ferritin ist die letzte Instanz, die sich bei Eisenmangel ändert. Der Körper versucht seine Reserven so gut wie möglich gefüllt zu halten und den laufenden Bedarf aus der Nahrung und aus dem Recycling von rotem Blutfarbstoff zu decken. Zu Erniedrigungen im Eisenspeicher kommt es erst, wenn das nicht mehr möglich ist.

Eisenmangel ist verbreiteter als man denkt. Die WHO geht davon aus, dass etwa 30 % der Weltbevölkerung an einer durch Eisenmangel verursachten Blutarmut (Anämie) leiden. Ursache ist meistens ein nutritiver Eisenmangel, das heißt eine zu geringe Zufuhr mit der Nahrung. Da Eisen vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch zu finden ist, sind vor allem Veganer und Vegetarier bei unsachgemäßer Ernährung von einem Eisenmangel gefährdet.

Hohen Eisenbedarf haben vor allem Kinder und Jugendliche im Wachstum sowie Frauen während Menstruation und Schwangerschaft. Sie sind besonders von einem Eisendefizit gefährdet.

Bisweilen enthält die Nahrung ausreichende Mengen an Eisen, das aber im Dünndarm nicht genügend aufgenommen werden kann. Zu solchen Resorptionsstörungen kommt es bei chronischer Magenschleimhautentzündung oder Entzündungen des Zwölffingerdarms, etwa infolge einer Gluten-Unverträglichkeit (Sprue).

Eine verbreitete Ursache für Eisenmangel und daraus resultierende niedrige Ferritinwerte sind Blutverluste. Hier sind vor allem

  • die weibliche Menstruation,
  • Operationen mit nicht ausreichender Blutsubstitution,
  • traumatische Verletzungen mit hohen Blutverlusten,
  • zu häufige Blutspenden und
  • chronische Blutverluste

zu nennen. Letztere treten bei einer Reihe von

  • Entzündungsreaktionen im Magen-Darm-Trakt
    • Magenschleimhautentzündungen (Gastritis)
    • Dünndarmentzündungen (Duodenitis)
    • Morbus Crohn
    • Colitis ulcerosa
    • Sprue
  • sowie bei Blutungen von Magen und Darm
    • Magengeschwüre
    • Zwölffingerdarmgeschwüre
    • Magenkarzinome
    • Darmkarzinome
    • Darmpolypen.

Was sind die Folgen von zu niedrigen Ferritin-Blutwerten?

Bei zu niedrigen Ferritinwerten kommt es zunächst zu einem latenten Eisenmangel. Dabei bewegt sich der Blutwert des Hämoglobins an seine Untergrenze. Der MCV-Blutwert bleibt noch normal, während Transferrin- und Ferritinwert absinken.

In der weiteren Folge tritt eine Blutarmut (Anämie) ein. Diesen speziellen Fall bezeichnet man als Eisenmangelanämie. Die Blutwerte von MCV, MCH und MCHC sind erniedrigt, ebenso Ferritin und Transferrin. Durch den Eisenmangel steht zu wenig Hämoglobin zur Verfügung, sodass die Erythrozyten kleiner ausfallen und weniger Blutfarbstoff enthalten (mikrozytäre hypochrome Anämie).

Die Patienten sind auffallend blass, kurzatmig und müde. In den Mundwinkeln treten Rhagaden auf, die Nägel bekommen Längsrillen und werden brüchig und die Haare trocken.

Wie entsteht ein zu hoher Ferritin-Blutwert?

Hämochromatose

Im Vergleich zu niedrigen Ferritinwerten kommen erhöhte Werte in der Klinik seltener vor. Ist der Eisenspeicher voller als üblich, spricht man von einer Eisenüberladung.

Mit am häufigsten ist eine Hämochromatose (Hämosiderose, Eisenspeicherkrankheit). Dabei handelt es sich um eine Erbkranheit, bei der das HFE-Gen mutiert ist. Sein Genprodukt sitzt in der Membran von Zellen und sorgt dafür, dass Transferrin nur schwach gebunden und Hepcidin produziert wird, das eine zentrale Rolle in der Regulation des Eisenstoffwechsels spielt.

Durch diese Fehlregulation steigt der Eisengehalt des Körpers von normalerweise knapp 4 Gramm auf bis zu über 80 Gramm. Das äußert sich in deutlich erhöhten Ferritin-Blutwerten und führt zu einer Schädigung der meisten inneren Organe, vor allem Leber, Milz, Herz und Bauchspeicheldrüse.

Hämochromatose führt in vielen Fällen zu Diabetes und sorgt für eine dunkle Hautpigmentierung, weswegen man die Erkrankung auch als Bronzediabetes bezeichnet.

Erhöhte Ferritin-Werte durch Tumoranämie

Einige Krebsarten führen zu hohen Ferritin-Blutwerten. Dabei sind die Eisenspeicher normal gefüllt oder sogar voller als üblich. Das Eisen kann jedoch infolge von Entzündungsreaktionen, die der Tumor auslöst, nicht in normalem Maße in die Retikulozyten eingebaut werden. Die Folge ist eine Anämie mit normalen roten Blutkörperchen oder eine Anämie mit hypochromen, mikrozytären Erythrozyten mit zu wenig Hämoglobin.

Hohe Ferritin-Werte durch chronische Entzündungen

Bei länger bestehenden chronischen Entzündungen kann der Ferritin-Blutwert infolge einer Anämie erhöht sein. Man bezeichnet diese als Anämie bei chronischer Erkrankung. Auch hier ist genügen Eisen im Eisenspeicher vorhanden, es wird jedoch nicht in Hämoglobin und Retikulozyten eingebaut, sodass eine Blutarmut resultiert.

Ursache sind auch hier Fehlregulationen des Eisenhaushaltes durch das zentrale Hepcidin. Die Entzündungsreaktionen sorgen für dessen verstärkte Bildung in der Leber. Dadurch wird das Transporteisen Transferrin herunterreguliert und das Speichereisen Ferritin hochreguliert. Ebenso verringert Hepcidin die Eisenresorption im Zwölffingerdarm.

Hintergrund ist vermutlich, dass auch Mikroorganismen auf Eisen angewiesen sind. Durch die künstliche Verknappung sollen Krankheitserreger an einer weiteren Vermehrung gehindert werden.

Hohes Ferritin infolge Thalassämien

Thalassämien sind spezielle Formen der Blutarmut, die durch Mutationen im Globin-Gen des Hämoglobins zustande kommen. Sie sorgen dafür, dass statt der normalen α- oder β-Ketten aberrante Formen gebildet werden, wonach man β-Thalassämien von den weniger häufigen α-Thalassämien und noch selteneren Formen unterscheidet.

Bei einer Thalassämie ist das Ferritin erhöht oder normal, die roten Blutkörperchen jedoch hypochrom und mikrozytär, also zu klein und mit zu wenig rotem Blutfarbstoff versehen.

Häufige Komplikationen der Thalassämien sind Hämosiderose mit einer erhöhten Eisenaufnahme aus dem Zwölffingerdarm, Diabetes und Herz- sowie Leberinsuffizienz.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Deutsche Gesellschaft für Hämotologie und medizinische Onkologie (DGHO): Onkopedia-Leitlinie Eisenmangel und Eisenmangelanämie. Link>>.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln: G. Herold Verlag (2019). ISBN-10: 3981466063
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart: Springer-Verlag (2012). ISBN-10: 3642331076.
  • Cook JD (2005): Diagnosis and management of iron-deficiency anaemia. Best Pract Res Clin Haematol 18:319-332.
  • Thomas C, Thomas L (2002): Biochemical markers and hematologic indices in the diagnosis of functional iron deficiency. Clin Chem 48:1066-1076.