Was sind Mikrosphärozyten?
Mikrosphärozyten sind zu klein geratene und zudem kugelförmige Erythrozyten. Es handelt sich dabei um eine pathologische Form (krankhafte Sonderform) der Erythrozyten (roten Blutkörperchen), die vor allem bei der angeborenen Kugelzellanämie auftritt. Ursache für die Verkleinerung und Abrundung sind Veränderungen des Zytoskeletts.
Funktionen der Mikrosphärozyten
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Normale rote Blutkörperchen haben eine einzigartige Form, die so bei keiner anderen Körperzelle vorkommt. Sie sind bikonkav, also mehr oder weniger scheibenförmig und zugleich in der Mitte auf beiden Seiten eingedellt.
Diese Form kommt nicht von ungefähr, sondern dient der besonderen Verformbarkeit der Erythrozyten. Insbesondere in den engen Kapillargefäßen oder an Stellen, in denen sie das Endothel der Blutgefäße passieren müssen, ist diese notwendig. Ansonsten würden sie platzen oder beschädigt werden, dadurch Sonderformen wie Fragmentozyten oder Schistozyten ausbilden oder sogleich in der Milz abgebaut.
Die normalen roten Blutkörperchen bezeichnet man als Normozyten. Das bedeutet, sie haben einen Durchmesser um die 7,5 Mikrometer und sind am Rand etwa 2 Mikrometer dick. Zudem weisen sie die typische bikonkave Form auf.
Mikrosphärozyten sind dagegen Mikrozyten und Sphärozyten zugleich. Sie weichen sowohl in ihrer Größe als auch in ihrer Form von diesen Normozyten ab. Mikrozyten bedeutet, dass sie mit weniger als 6 Mikrometern deutlich kleiner sind. Im umgekehrten Fall spricht man von Makrozyten.
Sphärozyten bezeichnet rote Blutkörperchen, die eine Kugelform aufweisen. In aller Regel sind sie durch die Abrundung bereits kleiner als üblich und damit quasi automatisch Mikrosphärozyten – so ähnlich wie eine Teigkugel vor und nach dem Ausrollen.
Das Wichtigste auf einen Blick!
- Mikrosphärozyten sind eine pathologische Variante roter Blutkörperchen. Sie sind als Mikrozyten kleiner als üblich und als Sphärozyten gleichzeitig nicht bikonkav geformt, sondern rund.
- Diese Form entsteht durch Veränderungen der Zytoskelettproteine, die für die normale Form der Erythrozyten verantwortlich sind. Sind diese schadhaft, hat die Kugelform die kleinste Oberfläche pro Volumeneinheit.
- Durch die Abweichung von der Scheibenform sind die meisten Sphärozyten verkleinert und damit automatisch mikrozytär, also Mikrosphärozyten.
- Die Diagnose erfolgt im Blutbild und anhand der veränderten Erythrozytenparameter.
- Typisch ist die Sonderform der Erythrozyten für eine Erbkrankheit, die hereditäre Sphärozytose (angeborene Kugelzellanämie).
Wie entstehen Mikrosphärozyten?
Die typische bikonkave Form erhalten die Erythrozyten dank eines speziellen Zytoskeletts. Im Inneren der Zellen sorgen spezielle Proteinstrukturen dafür, dass die Membran mit Verankerungen und Streben in ihre Form gebracht werden. Sie bestehen in erster Linie aus filamentärem F-Aktin, das auch wichtiger Bestandteil der Muskelfasern ist, und Filamenten aus Spektrin. Proteine wie Ankyrin sorgen für die Verankerung in der Zellmembran.
Stimmt etwas nicht mit diesen Zytoskelettproteinen, sind die Streben verändert oder die Verankerungen nicht gegeben. Dann nimmt der Erythrozyt die energetisch günstigste Form an, bei der er eine minimale Oberfläche im Verhältnis zum Volumen hat – er wird zur Kugel.
Wie diagnostiziert man Mikrosphärozyten?
Die klassische Methode zur Identifizierung von Mikrosphärozyten ist die mikroskopische Auswertung von gefärbten Blutausstrichen. Hier sind sie im Vergleich zu den weißen Blutkörperchen deutlich kleiner als die normalen Erythrozyten.
Deutlich schneller kommt man mit modernen Hämatologie-Geräten zu diesem Befund. Sie messen eine Reihe von Parametern, die man als Erythrozyten-Index bezeichnet. Im Zusammenhang mit Mikrosphärozyten wichtig sind vor allem das mittlere korpuskuläre Volumen (MCV), also das durchschnittliche Volumen eines einzelnen roten Blutkörperchens. Der Normwert liegt hier bei gesunden Menschen zwischen 83 und 95 Femtolitern. Bei Mikrosphärozytose ist das Volumen reduziert, der MCV-Wert demzufolge erniedrigt.
Ebenso ist die Erythrozytenverteilungsbreite (EDV), mittlerweile meist als red cell distribution width (RDW) bezeichnet, verändert. Sie gibt an, wie unterschiedlich das Volumen der gemessenen Blutzellen ist. Diese streut mehr als üblich, da vermehrt kleinere Erythrozyten vorhanden sind. Dadurch ist der RDW-Blutwert fast immer erhöht.
Nicht zwangsweise verändert sind die Hämoglobinwerte der Erythrozyten, das mittlere korpuskuläre Hämoglobin MCH (Referenzbereich 27-34 Picogramm) und die mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration MCHC (Referenzbereich 32-36 g/dl). Da die Veränderungen des Zytoskeletts die Hämoglobinsynthese nicht beeinträchtigen, sind diese beiden Blutwerte meistens im Normbereich oder nur leicht erhöht.
Mikrosphärozyten bei der angeborenen Kugelzellanämie
Mikrosphärozyten sind in der Klinik vor allem kennzeichnend für die angeborene Kugelzellanämie (hereditäre Sphärozytose). Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, bei der Mutationen in den Zytoskelettproteinen zu Formveränderungen der Erythrozyten führen. Am häufigsten betroffen sind jene Proteine, welche die Aktinfilamente in der Erythrozytenmembran verankern: Ankyrin, β-Spektrin und das Bande 3-Protein.
Die Veränderungen dieser in der Zellmembran sitzenden Proteine sorgt zugleich dafür, dass sich die Durchlässigkeit der Erythrozytenmembran verändert. Sie lässt Wasser leichter in die Zellen einströmen und sorgt dafür, dass sich diese kugelig aufblähen und zu Mikrosphärozyten werden.
Quellen, Links und weiterführende Literatur
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