Eosinopenie

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Zu wenig eosinophile Granulozyten

EosinopenieAls Eosinopenie bezeichnet man einen Mangel an eosinophilen Granulozyten, speziellen weißen Blutkörperchen (Leukozyten) im peripheren Blut. Die vorrangige Aufgabe dieser Leukozytenart ist das Unschädlichmachen von Parasiten. Ursachen für verminderte Anzahl von Eosinophilen sind vor allem erhöhte Cortisol-Spiegel im Blut. Diese sind auf Stress, Medikamente oder verschiedene Krankheiten zurückzuführen.

Granulozyten Arten

Was sind eosinophile Granulozyten?

Granulozyten sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Nach ihrem Färbeverhalten mit histologischen Farbstoffen in der Mikroskopie bezeichnet man sie traditionell als eosinophil (mit Eosin und anderen basischen Farbstoffen leicht anfärbbar), basophil (mit basischen Farbstoffen reagierend) oder neutrophil (mit beiden gleichermaßen anfärbend).

Diese Farbstoffe reagieren mit den namensgebenden Granula der Zellen, kleinen „Körnchen“ im Zytoplasma, die aus verschiedenen Proteinen bestehen. Dazu gehören Peroxidasen und hydrolytisch wirksame Enyzme.

Aufgaben

Die Hauptaufgabe der eosinophilen Granulozyten ist die Abwehr von Parasiten wie Würmern und Einzellern. Im peripheren Blut halten sie sich nach ihrer Freisetzung aus dem Knochenmark nur kurze Zeit auf, bevor sie von Botenstoffen angelockt durch das Endothel der Blutgefäße ins Gewebe eindringen. Dort wandern sie an den Ort einer Entzündung, angelockt vom Histamin, das andere weiße Blutkörperchen ausgeschüttet haben, um Hilfe zu rufen.

Sie haben bis zum Eintreffen der eosinophilen Granulozyten Immunglobulin E (IgE) abgegeben, das an die Oberfläche der unerwünschten Gäste bindet. An dieses Globulin binden die Eosinophilen und setzen ihre Granula frei. Die darin enthaltenen Enzyme greifen den Parasiten an und Botenstoffe rufen noch mehr weiße Blutkörperchen an den Ort des Geschehens. Sie alle machen dem Eindringling den Garaus und räumen seine Reste durch Phagozytose aus dem Weg.

Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Eosinopenie bezeichnet einen Mangel an eosinophilen Granulozyten, speziellen weißen Blutkörperchen, deren Hauptaufgabe die Beseitigung von Parasiten ist.
  2. Da die Eosinophilen nur 1-4 Prozent aller Granulozyten ausmachen, ist die Quantifizierung schwierig. Daher spielt die Eosinopenie in der Klinik diagnostisch kaum eine Rolle.
  3. Häufigste Ursache für eine Eosinopenie sind Erhöhungen des Nebennierenhormons Cortisol im Blut.
  4. Zu einer solchen Erhöhrung des Cortisolspiegels kommt es bei Krankheiten im Steuerungssystem zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde, durch Stress oder Hydrocortisol als Medikament.
  5. Ebenso tritt eine Eosinopenie während der akuten Phase von Infektionen auf.

Wie viele eosinophile Granulozyten im Blut sind normal?

Zellbezeichnung Zellanteil an den Gesamt Leukozyten Zellen pro pro µl
Neutrophile Granulozyten    
Stabkernige (neutrophile) Granulozyten 3 bis 5% 150–400
– Segmentkernige (neutrophile) Granulozyten 50 bis 70% 3000–6000
Eosinophile Granulozyten 3 bis 4% 50–250
Basophile Granulozyten 0 bis 2% 15–50

(Quelle: www.grossesblutbild.de)

Die Eosinopenie ist eine Sonderform der Granulopenie, einer verminderten Anzahl von Granulozyten.

Eosinophile Granulozyten machen nur 1-4 Prozent aller Granulozyten aus. Klinisch wichtiger als Eosinopenien sind Erhöhungen der Eosinophilenzahl, die vor allem bei Allergien auftritt. Diese bezeichnet man als Eosinophilie.

Da die Anzahl der eosinophilen Granulozyten im Blut normalerweise sehr gering ist, ist eine Verringerung der Zellzahl nur schwer festzustellen. Daher ist der diagnostische Wert einer Eosinopenie begrenzt.

Ursache: Erhöhte Glukokortikoid-Spiegel

Meistens ist eine Eosinopenie durch eine Überproduktion von Hormonen der Nebennierenrinde verursacht. Diese wird durch durch das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) der Adenohypophyse gesteuert und dessen Ausschüttung durch das übergeordnete Corticotropin Releasing Hormone (CRH, Corticoliberin) des Hypothalamus.

In diesem Regelkreis führen verschiedene Anlässe zu einer Erhöhung des Glukokortikoidspiegels im Blut. Entscheidend ist die Menge des Nebennierenrindenhormons Cortisol. Seine Blutkonzentration steigt bei Stress, durch Medikamente, Krankheiten oder infolge Infektionen.

Eosinopenie durch Stress

Die wohl häufigsten Ursachen für Eosinopenie sind Stress und körperliche Belastung. Die kurzfristig wirksamen „Stresshormone“ Adrenalin und Noradrenalin sind dabei weniger entscheidend als das bei Langzeitstress ausgeschüttete Cortisol der Nebennierenrinde. Daher führt Dauerstress zu einer Abnahme der eosinophilen Granulozyten.

Stressfaktoren sind auch die Ursachen des Pseudo-Cushing-Syndroms, das durch Depressionen und Alkoholmissbrauch ausgelöst werden kann. Es ähnelt den Auswirkungen des Cushing-Syndroms, das eine eigenständige Erkrankung darstellt (siehe unten).

Eosinopenie infolge Hydrocortison als Medikament

Eosinopenie ist eine gängige Nebenwirkung von Cortisol in Form von Tabletten, Injektionen oder großflächig aufgetragenen Salben zur Entzündungshemmung oder Immunsuppression. Als Medikament kommt hierbei das synthetisch hergestellte Hydrocortison zum Einsatz. Eine solche Medikation ist bei Ekzemen der Haut, bei Gelenksentzündung (Arthritis) im Rahmen eines akuten Gichtanfalles oder als Substitutionstherapie bei Nebennierenschwäche (etwa infolge Morbus Addison) üblich.

Krankheiten

Eine Erhöhung des Cortisol-Spiegels im Blut mit entsprechender Verminderung der Anzahl eosinophiler Granulozyten tritt auch bei Krankheiten auf. Dabei unterscheidet man ACTH-abhängige und ACTH-unabhängige Erkrankungen.

Mit über 85 Prozent der Fälle ist die ACTH-abhängige Variante am verbreitetsten. Ursache einer solchen vermehrten ACTH-Ausschüttung ist meistens ein gutartiger Tumor des Hypothalamus, der für die ACTH-Produktion verantwortlich ist. Eine Überproduktion führt zum Cushing-Syndrom (Morbus Cushing) mit typischen Symptomen wie Mondgesicht, Büffelnacken und Fettsucht am Körperstamm.

Die übrigen 15 Prozent sind ACTH-unabhängig und auf vermehrte Cortisol-Produktion der Nebennierenrinde zurückzuführen. Ursache hierfür sind meist Tumoren der Nebenniere wie die meist gutartigen Phäochromozytome des Nebennierenmarks oder Cushing-Adenome der Nebennierenrinde.

Sehr selten kommt es zu erhöhten Cortisolspiegeln und Eosinopenie infolge von Metastasen anderer Primärtumoren in der Nebenniere, vor allem bei Lungenkrebs und Brustkrebs.

Infektionen

Während der akuten Phase von Infektionen kommt es ebenfalls zu einem Absinken der Eosinophilenzahl im Blut. Ein Beispiel hierfür ist Typhus abdominalis, eine mit hohem Fieber einhergehende, lebensbedrohende systemische Infektion mit dem Bakterium Salmonella enterica.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  1. Störungen der eosinophilen Granulozyten Von Mary Territo, MD, Emeritus Professor of Medicine abgerufen unter↑ msd manual
  2. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2014: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
  3. Marlies Michl: BASICS Hämatologie. München 2020: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437421697.
  4. Reinhard Andreesen, Hermann Heimpel: Klinische Hämatologie. München 2009: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 343731498X.
  5. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  6. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2020: G. Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063.