Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft

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Blutgruppenuntersuchung und Test auf Rhesusfaktor positiv in der Schwangerschaft

Zu den routinemäßig im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge vorgenommenen Untersuchungen gehört die Blutgruppenuntersuchung. In der Schwangerschaft bestimmt man die Blutgruppen, weil die Kenntnis der ABO-Blutgruppen bei einer eventuellen Bluttransfusion wichtig sind. Die Bestimmung der Rhesus-Blutgruppe im Rahmen des Antikörper-Suchtests ist wichtig für eine gegebenenfalls vorzunehmende Rhesus-Prophylaxe, die eine Rhesus-Inkompatibilität einer Rhesus-negativen Mutter gegen ein Rhesus-negatives Baby verhindert.

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft
Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft – Copyright: Kzenon bigstockphoto

 

 

Die wichtigsten Schwangerschafts-Vorsorge-Untersuchungen:

Blutgruppenuntersuchung – Welche Blutgruppe habe ich?

Was sind überhaupt Blutgruppen?

Mit Blutgruppe bezeichnet man Eiweiße und Eiweiß-Lipid-Verbindungen (Glykolipide) auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Sie kennzeichnen die Erythrozyten für das Immunsystem als körpereigen. Insgesamt kennt man über 400 dieser Oberflächenmerkmale, mit denen knapp 300 Millionen Kombinationen möglich sind.

Die Oberflächenmarkierung ist relativ spezifisch, sodass die Erythrozyten in einem anderen Menschen als körperfremd erkannt werden können. Dadurch reagiert das Immunsystem eines Organismus auf Oberflächenmarker, die er selbst nicht besitzt. Die Blutgruppenmerkmale sind also Antigene, gegen die ein anderer Organismus Antikörper bildet.

In einem solchen Falle spricht man von einer Blutgruppeninkompatibilität. Diese tritt in etwa 70 % der Fälle auf, wenn man Blutproben zweier Menschen miteinander vermischt. In einem solchen Fall sorgen Antikörper im Serum der einen Probe dafür, dass die Erythrozyten aus der anderen Probe verklumpen und umgekehrt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Blutverklumpung (Hämagglutination). Hinzu kommt eine Auflösung der roten Blutkörperchen (Hämolyse).

Dieser Effekt hat lange Zeit Bluttransfusionen zwischen zwei Menschen verhindert und Todesfälle verursacht, denn diese Hämagglutination tritt bei einer Blutübertragung auch in einem anderen Organismus auf. Diese Verklumpungen verstopfen die Gefäße und sind daher tödlich.

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Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft – Copyright: Kzenon bigstockphoto

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft: Die Rolle der Blutgruppe bei Bluttransfusionen

Dadurch sind die Blutgruppen das wichtigste Merkmal in der Transfusionsmedizin. Wenn ein Patient aufgrund von Blutungen nach einer Verletzung oder während einer Operation eine Blutkonserve benötigt, macht man grundsätzlich eine Kreuzprobe. Dafür vermischt man einen Tropfen vom Blut des Patienten mit einem Tropfen der Blutkonserve und überprüft, ob eine Hämagglutination stattfindet. So kann man sicherstellen, dass man die vorangegangen Blutgruppenbestimmungen beim Patienten und bei der Blutprobe korrekt vorgenommen und keine Verwechslung stattgefunden hat.

Eine solche Bluttransfusion erweist sich gegebenenfalls auch bei einer Geburt als notwendig, wenn die Gebärende sehr viel Blut verliert. Das ist mit einer der Gründe, warum der betreuende Gynäkologe die Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft im Rahmen der Vorsorge grundsätzlich bestimmt und im Mutterpass einträgt.

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft: Wie findet sie statt?

Für die Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft ist nur eine kleine Blutprobe notwendig. Meistens entnimmt man diese in der Praxis morgens, weil Sie dafür nüchtern erscheinen sollten. Die Entnahme nimmt auf Anweisung Ihres Gynäkologen eine Arzthelferin oder sonstige Fachkraft bereits bei Ihrer ersten Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung vor.

Die Entnahme erfolgt nach Hautdesinfektion mit Kanüle und Schlauch aus einer Armvene. Dabei verwendet man Blutentnahmeröhrchen, bei denen wie bei einer Spritze das Herausziehen des Stempels einen Unterdruck erzeugt (Aspirationssystem, etwa Monovette®) oder in dem von vornherein ein Unterdruck vorhanden ist (Vakuumsystem, etwa Vacutainer®). In Röhrchen für die Blutgruppenbestimmung ist EDTA vorgelegt, das Calcium-Ionen bindet. Da diese für die Blutgerinnung notwendig sind, bleibt das Blut flüssig (EDTA-Blut).

Die Röhrchen schickt die Praxis an ein medizinisches Labor, wo die Auswertung in der Regel innerhalb eines Tages stattfindet. Hat der Arzt die Werte vom Labor erhalten, trägt er beide auf der zweiten Seite des Mutterpasses ein.

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft: Welche Blutgruppen bestimmt der Arzt?

In Deutschland bestimmt der Frauenarzt die ABO-Blutgruppe und die Rhesus-Blutgruppe. Das ABO-System ist das wichtigste bei einer Bluttransfusion, weil die Oberflächenmerkmale A und B die Hauptverantwortlichen für eine Hämagglutination inkompatibler Blutproben sind. Das Rhesus-System führt bei Inkompatibilität zu Komplikationen beim Baby und kann Fehlgeburten oder Missbildungen hervorrufen, wenn keine Prophylaxe durchgeführt wird.

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft: ABO-Blutgruppen

Auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen eines Menschen finden sich das Merkmal A, B, A und B oder keines von beiden. Dementsprechend bezeichnet man die jeweiligen Blutgruppen als A, B, AB oder 0. Die Merkmale A und B sind bei der Vererbung dominant gegenüber dem Merkmal 0. Die entsprechenden Genschalter (Allele) bei den ABO-Blutgruppen sind also

  • bei A: AA oder A0,
  • bei B: BB oder B0,
  • bei AB: immer AB,
  • bei O: immer OO.

Eines dieser Allele stammt vom Vater, das andere von der Mutter. In der genetischen Stammbaumanalyse lässt sich also anhand der ABO-Blutgruppen der Eltern vorhersagen, welche Blutgruppe das Kind haben könnte.

Antikörper gegen die ABO-Blutgruppen hat jeder Mensch ab dem Embryonalstadium, mit Ausnahme von Personen der seltenen Blutgruppe AB. Grund dafür sind Ähnlichkeiten der Erythrozytenmarker mit Oberflächenstrukturen einiger Darmbakterien. Dagegen bildet bereits der Embryo Antikörper.

 

Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft: Rhesus-Faktor

Die Oberflächenmarker des Rhesus-Systems umfassen mehrere Teilantigene (Partialantigene), die man als C, D, E, c und e bezeichnet. Serologisch am wichtigsten ist davon das Antigen D. Liegt dieses auf der Erythrozytenoberfläche vor, spricht man von Rhesus-Faktor und Rhesus-positiv (Rh, Rh+, D+, Rh(D)+). Fehlt es, bezeichnet man das Blut als Rhesus-negativ (rh, Rh, D, Rh(D)). Zusammen mit der ABO-Blutgruppe finden sich auch ein einfaches + oder -. A+ bedeutet beispielsweise Blutgruppe A, Rhesus-positiv.

Im Gegensatz zu den ABO-Blutgruppen werden bei den Blutgruppen des Rhesus-Systems erst dann Antikörper gebildet, wenn erstmalig ein Kontakt mit entsprechenden roten Blutkörperchen stattgefunden hat.

Für die Blutgruppenuntersuchung in der Schwangerschaft ist der Rhesus-Faktor wichtig bei Rhesus-negativen Müttern mit Rhesus-positiven Kindern. Die erste Schwangerschaft verläuft problemlos, aber beim Geburtsvorgang gelangt kindliches Blut in den mütterlichen Kreislauf und verursacht dort die Bildung von anti-D-Antikörpern (Rhesus-Sensibilisierung). Diese führen bei der nächsten Schwangerschaft mit einem Rhesus-positiven Baby zu einer Abstoßungsreaktion, die Missbildungen und Früh- oder Fehlgeburten verursacht. Daher wird ein Antikörper-Suchtest auf anti-D-Antikörper bereits bei der ersten Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung und zwischen der 24. und 27. Woche vorgenommen. Fällt der Test positiv aus, führt der Gynäkologe eine Rhesus-Prophylaxe (anti-D-Prophylaxe) mit anti-D-Antikörpern durch (passive Immunisierung). Diese zerstört Rhesus-positive Erythrozyten, die in den mütterlichen Kreislauf gelangt sind und verhindert so eine Rhesus-Sensibilisierung. Eine weitere Rhesus-Prophylaxe erfolgt bei der Geburt.

Literatur und Quellen:

  1. Robert F. Schmidt (Hrsg.), Gerhard Thews (Hrsg.), Florian Lang (Hrsg.): Physiologie des Menschen (Springer-Lehrbuch). Stuttgart 2000: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540667334.
  2. Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. Stuttgart 2019: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182
  3. Rainer Klinge, Stefan Silbernagel: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart 2005: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3137960045.