MCHC-Wert zu niedrig

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Ist im Blutbild der MCHC-Wert zu niedrig, bedeutet das, dass die roten Blutkörperchen zu wenig von dem Blutfarbstoff Hämoglobin enthalten.

Da dieser für den Sauerstofftransport zuständig ist, ist ein zu geringer Blutwert des MCHC gleichbedeutend mit einem Sauerstoffmangel im Gewebe. Wie kommt ein zu niedriger MCHC-Wert zustande?

Das wichtigste auf einen Blick!

  1. Im Blutbild gibt der MCHC-Wert Auskunft über den durchschnittlichen Gehalt der roten Blutkörperchen am roten Blutfarbstoff Hämoglobin.
  2. Zusammen mit den Blutwerten MCV und MCH gibt der MCHC-Wert Auskunft über die Sauerstofftransportfähigkeit des Blutes.
  3. Erniedrigte MCHC-Werte sind in der Klinik wesentlich häufiger als erhöhte MCHC-Werte. Sie bedeuten, dass nicht genügend Hämoglobin für eine ausreichende Versorgung der roten Blutkörperchen zur Verfügung steht.
  4. Folge von zu wenig Hämoglobin im Blut ist eine Anämie, eine Blutarmut. Sie äußert sich durch eine Minderversorgung mit Sauerstoff.
  5. Hauptsächliche Ursache für einen zu niedrigen MCHC-Wert ist Eisenmangel, da Eisen für die Bildung des roten Blutfarbstoffes

 

Die Erythrozytenparameter MCHC, MCV und MCH

Der MCHC-Blutwert gehört zu den Erythrozytenparametern, die Auskunft über Größe und Hämoglobingehalt der roten Blutkörperchen geben. Damit sind sie ein wichtiges Maß für die Funktionsfähigkeit der Erythrozyten. MCHC bedeutet durchschnittliche korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (mean corpuscular hemoglobin concentration) – also wie viel von dem roten Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen vorhanden ist.

Im Labor bestimmt man den MCHC-Wert mit modernen Hämotologiegeräten aus dem Blutwert des Hämoglobins (Hb) und dem Hämatokrit (HK, HKT, HCZT) als Anteil aller roten Blutkörperchen am Blutvolumen. Ins Verhältnis gesetzt errechnet sich der MCHC-Wert als Quotient beider Werte:

MCHC = Hb / HKT

Ebenso liefern die Geräte den durchschnittlichen Hämoglobingehalt der Erythrozyten (MCH) und das durchschnittliche Erythrozytenvolumen (MCV). Die so bestimmten Blutwerte lassen sich ineinander umrechnen nach der Formel

MCHC = MCH / MCV

 

Wie hoch ist der normale MCHC-Wert?

Der MCHC-Blutwert sollte bei einem gesunden Erwachsenen in einem Referenzbereich von 32 – 36 g/dl liegen.

Entsprechend liegt der mittlere Hämoglobingehalt eines Erythrozyten MCH bei 27 – 34 Picogramm (1/1.000.000.000 Milligramm) und das durchschnittliche Volumen MCV bei 83 – 95 Femtolitern (1/1.000.000.000.000 Millilitern).

Blutarmut und ein zu niedriger MCHC-Blutwert

Ein zu niedriger MCHC-Blutwert bedeutet, dass eine Blutarmut vorliegt. Als Anämie bezeichnet man einen Mangel an roten Blutkörperchen und damit einen Mangel an Sauerstofftransport im Blut, da dieser an den Hämoglobingehalt der Erythrozyten gekoppelt ist.

Bei der Blutarmut unterscheidet man nach der Größe der roten Blutkörperchen mikrozytäre Anämien mit zu kleinen Erythrozyten, normozytäre Anämien mit Erythrozyten normaler Größe und makrozytäre Anämien, bei denen die roten Blutkörperchen größer sind als gewöhnlich.

Wichtig ist bei allen Anämien der Hämoglobingehalt der Erythrozyten, nach dem die roten Blutkörperchen als hypochrom (zu wenig), normochrom (normaler Hb-Gehalt) oder hyperchrom (mit zu viel Hämoglobin) bezeichnet werden.

Woher kommt ein zu niedriger MCHC-Blutwert?

Nach diesen Kriterien ist die hypochrome mikrozytäre Anämie die weltweit häufigste Form der Anämie. Hier sind die Erythrozyten zu klein und enthalten zu wenig roten Blutfarbstoff. Kennzeichnend hierfür ist ein zu niedriger MCHC-Blutwert, der normalerweise im Vergleich zu MCV und MCH sehr stabil ist.

Eisenmangelanämie

Die häufigste Ursache für eine hypochrome mikrozytäre Anämie ist ein Eisenmangel, weswegen man auch von einer Eisenmangelanämie spricht. Eisen ist essenzieller Bestandteil des Häms, des Porphyrinringsystems, das im Hämoglobin der eigentliche Verantwortliche für den Sauerstofftransport ist. Das Eisen(II)-Ion in diesem Ringsystem ist in der Lage zu „rosten“ und Eisen(III) zu bilden – auf diese Weise kann es Sauerstoff aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben.

Eisen ist begrenzender Faktor bei der Hämoglobinsynthese. Das Spurenelement muss mit der Nahrung zugeführt werden und ist außer für die Bildung des Blutfarbstoffes für zahlreiche andere Stoffwechselvorgänge wichtig. Daher versucht der Körper ausreichende Mengen an Eisen in Form vom Ferritin (Depot-Eisen) in Leber, Milz und Knochenmark zu speichern, wogegen der Transport über das Transporteisen Transferrin erfolgt. Darüber hinaus betreibt der Körper ausgiebiges Recycling und verwendet das Eisen aus abgebauten Erythrozyten weiter, sodass es nur zu geringen Verlusten kommt.

Sind die Eisenspeicher infolge Eisenmangelernährung geleert, spricht man von einer Sideropenie. Dann geht das Knochenmark sparsam mit dem kostbaren Gut um und versieht die neu gebildeten roten Blutkörperchen mit gerade mal so viel Eisen wie erübrigt werden kann – diese werden hypochrom und in der Folge auch kleiner, also mikrozytär. Dadurch sinkt der MCHC-Wert unter den Normbereich ab.

Eine weitere Möglichkeit für Eisenmangel sind akute Blutverluste, vor allem in Folge traumatischer Verletzungen. Der Mensch enthält zwei bis vier Gramm Eisen, wovon über die Hälfte an Hämoglobin gebunden ist. Verliert er größere Mengen seiner durchschnittlich fünf Liter Blut, gehen damit immense Eisenmengen verloren, die nicht so ohne weiteres schnell ersetzt werden können.

Nicht ganz so dramatisch, aber umso häufiger ist ein Eisenmangel infolge der weiblichen Menstruation. Sie sorgt dafür, dass Frauen oftmals an Eisenmangel und dadurch Anämie und zu niedriger durchschnittlicher Hämoglobinkonzentration leiden.

Zu ähnlichen Blutverlusten und niedrigen MCHC-Werten kommt es durch chronisch-entzündliche Erkrankungen wie Magenschleimhautentzündungen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

In den Tropen kommen als weitere häufige Ursachen eines Eisenmangels und niedriger MCHC-Blutwerte Tuberkulose und Malaria hinzu.

Kupfermangel

Kupfer selbst wird im Gegensatz zu Eisen nicht in den roten Blutfarbstoff eingebaut, aber es ist ein wichtiger Cofaktor für die Bildung des Hämoglobins und die Hämatopoese, die Bildung der roten Blutkörperchen aus hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark. Zudem benötigt der Körper Kupfer für die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung.

Auch für Kupferionen gibt es ein Transport- und Speicherprotein, das Caeruloplasmin, das in Leber und Gehirn gebildet wird. Wie Eisen muss auch das Spurenelement Kupfer mit der Nahrung zugeführt werden. Zu einem Kupfermangel kann es allerdings auch kommen, wenn der Darm nicht genügend davon aus der Nahrung aufnehmen kann (Malabsorption). Das ist immer häufiger der Fall beim Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin C und Zink, die die Kupferaufnahme im Zwölffingerdarm behindern und für Kupfermangel sorgen. Ein selten beachteter Grund für zu niedrige Kupfer-Blutwerte sind Haftcremes, die Zahnprothesenträger für den sicheren Halt ihres Zahnersatzes verwenden: Diese enthalten große Mengen Zink.

Bisher ungeklärt ist der Zusammenhang zwischen Kupfermangel und der Einnahme von Valproinsäure, einem Antiepileptikum.

Eine seltene Erbkrankheit, die zu Kupfermangel führt, ist das Menkes-Syndrom, das X-chromsomal vererbt wird und daher bevorzugt bei Jungen auftritt. Durch eine Mutation des ATP7A-Gens ist der intrazelluläre Kupfertransport gestört. Das führt zu einer unzureichenden Kupferresorption im Dünndarm.

Ebenfalls erblich ist Morbus Wilson, die Kupferspeicherkrankheit (Degeneratio hepatolenticularis). Hier ist das „Wilson-Gen“ ATP7B mutiert, was zu einer verminderten Ausscheidung von Kupfer über die Gallenflüssigkeit führt. Dadurch sammelt sich Kupfer in inneren Organen an, vor allem in Leber und Gehirn. Die Folge sind außer einer langfristigen Erniedrigung des MCHC-Wertes neurologische Schäden und Leberschädigungen.

Thalassämien

Thalassämien sind Erbkrankheiten, bei denen es zu einer Störung bei der Hämoglobinsynthese kommt. Betroffen ist hier der Eiweißanteil des Hämoglobins, das Globin. Je nach betroffener Globinkette unterscheidet man verschiedene Formen der Thalassämien, wobei die β-Thalassämie (β-Kette des Globins) und die seltenere α-Thalassämie (α-Kette des Globins) vorherrschen. Sie führen zu hypochromen, mikrozytären Erythrozyten und niedrigen MCHC-Werten.

Kinderkrankheit Pyridoxinmangel

Pyridoxinmangel gilt als typische Kinderkrankheit, die durch einen Mangel an Pyridoxin oder Vitamin B6 hervorgerufen wird. Vitamin B6 ist ähnlich wie Kupfer ein wichtiger Cofaktor bei der Häm-Synthese. Bei normaler Ernährung mit Muttermilch tritt Pyridoxinmangel nicht auf. Selten kommt es zu Mangelerscheinungen mit Krämpfen, Bindehautentzündungen und neurologischen Symptomen, wenn ungeeigneter Muttermilchersatz mit zu geringen Mengen an Vitamin B6 verwendet wird.

Bei Erwachsenen tritt ein Vitamin B6-Mangel nur selten auf, vor allem bei Verwendung von Isoniazid. Dabei handelt es sich um ein Antibiotikum, das man zusammen mit Rifampicin zur Behandlung von Tuberkulose einsetzt oder zur Prophylaxe als Monopräparat bei HIV-Patienten, um eine Tuberkulose zu verhindern. Bei einer solchen Medikation muss Vitamin B6 ergänzend verabreicht werden.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
    Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  • Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2019: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
  • Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. 8. Auflage. Stuttgart 2019: Georg Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182.