Blutgerinnungswerte

Dieser Artikel ist nach aktuellem wissenschaftlichen Stand, ärztlicher Fachliteratur und medizinischen Leitlinien verfasst und von Medizinern geprüft. → Quellen anschauen

Blutgerinnungswerte zur Diagnose von Gerinnungsstörungen und zur Verlaufskontrolle der Therapien

Die Blutgerinnungswerte geben Aufschluss darüber, ob sich die Gerinnung und deren Auflösung im Gleichgewicht befinden. Verschiedene Einflüsse bewirken eine Störung der Ausgeglichenheit. Um diese zu diagnostizieren und um Therapien zu kontrollieren, veranlasst der Arzt die Bestimmung der Blutgerinnungswerte.

Grafik des medizinischen Vorganges
Blutgerinnung © Henrie – Fotolia.com, © Henrie – Fotolia.com

 

Zu hohe oder zu niedrige Blutgerinnungswerte

Die möglichen Folgen eines Ungleichgewichts thrombolytischer und thrombogener Substanzen im Blut

Für die Blutstillung benötigt ein Erwachsener 150.000 bis 350.000 Thrombozyten (Blutplättchen) pro Milliliter Blut. Kommt es zu einer Verletzung eines Blutgefäßes, heften die Blutplättchen sich an das Gewebe (Thrombozyten-Adhäsion) an oder im Rahmen der Thrombozyten-Aggregation aneinander, um die Verletzung zu schließen.

Blut Aufbereitung

Dabei setzen sie Stoffe frei, welche die Gerinnung fördern. Unter den freigesetzten Stoffen befinden sich Inhibitoren, welche für eine lokale Begrenzung der Gerinnung sorgen. Bei einem gesunden Menschen halten sich die thrombolytischen und die thrombogenen Substanzen im Gleichgewicht.

Unterschiedliche Faktoren und Krankheiten verändern diese Ausgewogenheit. Die Störung erhöht entweder die Gefahr einer Thrombose oder sie führt zu einer gesteigerten Blutungsneigung.

Das ist Blut - Zusamnensetzung

Um Störungen des Blutgerinnungs-Systems aufzudecken, existieren verschiedene Tests, mit denen der Mediziner folgende Blutgerinnungswerte bestimmen:

  • Quick-Wert (Thromboplastinzeit, Prothrombinzeit)
    Normalwert: 70 bis 120 Prozent
    Der Quickwert kommt vor allem zur Therapiekontrolle und vor Operationen zum Einsatz.
  • Thrombozytenzahl
    Normalwert: 150.000 bis 350.000 Blutplättchen pro Milliliter Blut
  • Partielle Thromboplastinzeit (PTT) und aktivierte Partielle Thromboplastinzeit (APTT)
    PTT-Normalwert: 20 bis 35 Sekunden
    APTT-Normalwert: 28 bis 40 Sekunden
    Beide Blutgerinnungswerte dienen der Kontrolle einer Heparin-Therapie.
  • Thrombinzeit (TZ) und Plasmathrombinzeit (PTZ)
    Normalwert: 17 bis 24 Sekunden
    TZ und PTZ informieren über die Fibrinbildung. Bei der Auflösung eines Blutgerinnsels benötigt der Arzt den Wert zur Kontrolle der Therapie.
  • Blutungszeit
    Sie dient der Kontrolle, ob die Blutung von alleine stoppt.

 

Quick-Wert

Einer der bekanntesten Blutgerinnungswerte ist der Quick-Wert nach Armand James Quick, einem US-amerikanischen Arzt. Der Quick-Wert gibt Auskunft über die Funktionsleistung des extrinsischen Blutgerinnungs-Systems anhand der Thromboplastinzeit.

Nutzt der Arzt zur Bestimmung der Blutgerinnungswerte den Quick-Test, versetzen die Laboranten die Blutprobe mit Citrat, um das benötigte Kalzium zu binden. Das Citratblut kommt in die Zentrifuge. Zur Untersuchung gelangt das überstehende Blutplasma. Diesem fügt der Laborant übermäßig viel Kalzium zu und erwärmt die Probe auf 37 Grad Celsius. Hinzu kommt Thromboplastin (Tissue-Faktor) um den exogenen Weg der Blutgerinnung zu aktivieren. Entscheidend ist die Zeit bis Fibrinfäden auftauchen. Liegt keine Störung der Blutgerinnung vor, dauert dies elf bis 16 Sekunden.

Die Thromboplastinzeit ist eine Sekundenangabe, der Quick-Wert jedoch eine Prozentangabe. Der Hintergrund besteht darin, dass der Arzt Armand James Quick versuchte, die Thromboplastinzeit zu der Menge an vorhandenen Gerinnungs-Faktoren in Beziehung zu setzen. Zum Erstellen einer Kalibrierkurve verwendete er Norm-Plasma als Grundlage. Dieses verdünnte er in unterschiedlichen Verhältnissen und maß die Thromboplastinzeit.

Der Quickwert in Prozent entspricht der Verdünnung des Norm-Plasmas, das zur Herstellung notwendig wäre, um auf die gleiche Thromboplastinzeit zu kommen.

Zur Verdeutlichung:

  • Dauert die Thromboplastinzeit 14 Sekunden, das Mischungsverhältnis des Norm-Plasmas beträgt 1:0 lautet der Quickwert 100 Prozent.
  • Eine Thromboplastinzeit von 21 Sekunden bei einem Mischungsverhältnis von 1:1 ergibt einen Quickwert von 50 Prozent.
  • Beträgt die Thromboplastinzeit 28 Sekunden bei einem Mischungsverhältnis von 1:2 ergibt einen Quickwert von 33 Prozent.
  • Bei einem Quickwert in Höhe von 25 Prozent dauert die Thromboplastinzeit bei einem Mischungsverhältnis von „1:3“ 35 Sekunden.

Erfolgte die Bestimmung der Blutgerinnungswerte mit jeweils einem Quick-Test in unterschiedlichen Labors, so sind diese nicht miteinander vergleichbar. Dies ist der Fall, da die Hersteller der Gerinnungstests verschiedene Gewebs-Thromboplastine einsetzen. Die Labors erhalten unterschiedliche Blutgerinnungswerte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entschied sich dazu, eine Formel zu entwickeln, welche die Blutgerinnungswerte vereinheitlicht. Das Ergebnis ist der 1983 eingeführte INR-Wert.

Der INR-Wert (International Normalized Ratio)

Der INR-Wert setzt die Gerinnungszeit des aus dem Patientenblut gewonnenen Plasmas mit der des Normplasmas in Verhältnis. Dabei berücksichtigt er einen Empfindlichkeits-Faktor namens ISI. Die Abkürzung steht für International Sensitivity Index.

Der INR-Wert informiert über die Aktivität des Gewebs-Thromboplastins. Hat dieser den Wert 4, so dauert die Blutgerinnung des Patienten viermal so lange wie bei einem gesunden Patienten.

Der INR-Zielwert in Abhängigkeit der Indikation

Der INR-Zielwert bei einer Therapie mit oralen Antikoagulantien hängt von der Indikation ab.

Der therapeutische Zielwert bei Lungenembolie, Beinvenen-Thrombose oder Vorhof-Flimmern beträgt 2,0 bis 3,0. Bei Patienten mit mechanischer Herzklappe liegt dieser bei 2,5 bis 3,5.

Auffällige Blutgerinnungswerte: INR-Wert zu hoch, Quickwert zu niedrig

Sind die Blutgerinnungswerte auffällig, ist möglicherweise der Quickwert gering oder der INR-Wert zu hoch. Eventuelle Gründe für die von der Norm abweichenden Blutgerinnungswerte:

  • Der Patient erhält Marcumar.
  • Es liegen Blutgerinnungs-Störungen vor.
  • Dem Patienten mangelt es an Fibrinogen oder
  • er leidet unter einem Vitamin K-Mangel aufgrund von Lebererkrankungen oder einer gestörten Vitamin-K-Aufnahme im Darm (möglich bei Sprue oder einseitiger Ernährung).

Bestimmung der Blutgerinnungswerte anhand der Blutungszeit nach Duke und Ivy und Marx

Wählt der Arzt die Blutungszeit zur Bestimmung der Blutgerinnungswerte, wünscht er, Störungen der Gerinnung oder der zellulären Hämostase aufzudecken. Bei der Methode nach Duke setzt der Arzt dem Patienten eine kleine Hautwunde mittels Lanzettenstich am oberen Rand des Ohrläppchens.

Alle 15 Sekunden entfernt er das Blut mit Papier oder Zellstoff. Anhand der Zeit bis die Wunde zu bluten aufhört, erkennt er eine mögliche Störung. Dies dauert bei einem Menschen ohne Blutgerinnungs-Störung drei bis fünf Minuten. Darüber oder darunter liegende Blutgerinnungswerte deuten auf eine Störung bei der Gerinnung des Blutes hin.

Der Referenzwert bei der Methode nach Ivy (modifiziert nach Mielke) beträgt vier bis sechs Minuten. Bei der oft eingesetzten Methode zur Bestimmung der Blutungszeit bringt der Arzt eine Blutdruck-Manschette am Oberarm seines Patienten an. Das Messgerät stellt er auf einen Druck von 40 mmHG (5,32 kPa) ein.

Dies ist notwendig, um die Druckverhältnisse im Gewebe zu standardisieren. Anschließend setzt er einen in Länge und Tiefe definierten Schnitt an einer geeigneten Stelle des Unterarms. Das Blut tupft er alle 30 Sekunden weg. Ist auf dem Tupfer kein Blut mehr nachweisbar, gilt die Blutung als gestoppt.

Die Blutungszeit nach Marx erfordert einen Lanzettenstich in der Fingerbeere. Den Finger taucht der Patient direkt danach in ein mit 37 Grad warmem Wasser befülltes Kolbenglas. Diese Methode misst den Zeitpunkt bis zum visuellen Stillstand der Blutung. Die Referenzzeit beträgt zwei Minuten.

Im Normalfall beträgt die Zeit bis zum Blutungs-Stopp zwei bis acht Sekunden. Sind die durch die Blutungszeit bestimmten Blutgerinnungswerte erhöht (die Blutungszeit ist verlängert), weist dies auf eine Nieren-Insuffizienz, auf einen Thrombozyten-Mangel oder auf die Einnahme eines Thrombozytenaggregations-Hemmers hin.

 

Blutgerinnungswerte zusammengefasst

Die Bestimmung der Blutgerinnungswerte gibt ein Arzt in Auftrag, sofern eine Operation ansteht, er eine Blutgerinnungsstörung vermutet oder den Verlauf einer Therapie aufgrund einer solchen zu kontrollieren beabsichtigt. Für den Mediziner bedeutende Blutgerinnungswerte zählen neben anderen: der Quick-Wert, der INR-Wert, die Thrombinzeit, die Blutungszeit und die partielle Thromboplastinzeit.

 …. und noch ein Video zum Thema:

weiterführende Informationen:
http://www.uni-koeln.de/med-fak/biochemie/biomed/zaucke/01_121_blut.pdf
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=5722

Redaktion: Anna Nilsson