Niedrige Eiweißwerte im Blut und Folgeerkrankungen

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Wir zeigen Dir was zu niedrige Eiweißwerte im Blut bedeuten und welche Erkrankungen dadurch entstehen. Niedrige Eiweißwerte im Blut sind ein Anzeichen für eine Erkrankung. Werden diese bei einer Blutuntersuchung festgestellt, gilt es die Ursache herauszufinden und zu behandeln. Bluteiweiße sind wichtig für den Stofftransport im Körper und für das osmotische Gleichgewicht, daher kann ein dauerhaft erniedrigter Eiweißwert im Blut weitere Beschwerden nach sich ziehen.

Laborbestimmung der Eiweißwerte im Blut, Copyright: luckybusiness, bigstockphoto

Warum sind Bluteiweiße wichtig?

Die Bluteiweiße des Menschen unterteilen sich in zwei große Gruppen: Albumine (rund 60 Prozent) und Globuline (rund 40 Prozent).

Albumine dienen als Transportproteine für eine Vielzahl von Substanzen, die über das Blut im ganzen Körper verteilt werden müssen. Zudem stellt es den kolloidosmotischen Druck im Körper sicher, denn genau wie Salze ziehen Eiweiße Wasser an. Störungen in diesem System verursachen daher zugleich Veränderungen im Mineralstoff- und Wasserhaushalt.

Globuline unterteilen sich nach ihrer Wanderung im elektrischen Feld bei einer Elektrophorese in Alpha-, Beta- und Gammaglobuline.

    • Gammaglobuline sind ein wesentlicher Bestandteil der Immunabwehr, denn alle Antikörper sind Gammaglobuline, daher die Bezeichnung Immunglobuline.
    • Alphaglobuline transportieren unter anderem als HDL, LDL und VLDL Cholesterin, das integraler Bestandteil aller Zellmembranen und Grundstoff aller Steroidhormone ist. Andere gehören zu den Gerinnungsfaktoren, die für das Stillen einer Blutung, Wundverschluss und Wundheilung essenziell sind.
    • Betaglobuline umfassen weitere Gerinnungsfaktoren und Transportproteine wie Transferrin für den Eisentransport.

Wie stellt man zu niedrige Eiweißwerte im Blut fest?

Die Bestimmung des Gesamteiweißes ist fester Bestandteil der Blutuntersuchung. Entnimmt Ihr Arzt eine Blutprobe und schickt diese zur Analyse in ein Labor, misst dieses beim Blutbild auch das Gesamteiweiß im Blutserum und den Anteil von Albuminen und Globulinen.

Wie hoch ist das Gesamteiweiß im Blut bei Gesunden? Normbereich und Referenzwerte

Generell gilt ein Bluteiweißwert von 6,6 – 8,6 Gramm pro Deziliter bei Männern und Frauen als normal. Liegt das Gesamteiweiß darunter, spricht man von einer Hypoproteinämie. Sind speziell die Albuminwerte oder Globulinwerte erniedrigt, nennt man das Hypalbuminämie beziehungsweise Hypoglobulinämie. Letzteres tritt klinisch nur selten auf, genau wie erhöhtes Gesamteiweiß im Blut (Hyperproteinämie)

Krankheiten bei zu niedrigen Werte von Bluteiweißen

Sind die Bluteiweißwerte zu niedrig, liegt das an einer verminderten Zufuhr oder einem vermehrten Verlust.

  • Zu niedrige Eiweißwerte im Blut durch mangelnde Proteinzufuhr sind typisch für
    • Eiweiß-Mangelernährung, durch die zu wenige Aminosäure-Bausteine zur Verfügung stehen, so bei Unterernährung und Magersucht (Anorexie).
  • Zu niedrige Eiweißwerte im Blut infolge verminderter Proteinproduktion treten auf bei
    • Lebererkrankungen, vor allem Leberzirrhose, da diese die Herstellung von Albumin in den Leberzellen behindert – normalerweise bilden sie etwa 14 Gramm Albumin pro Tag.
    • Antikörpermangelsyndrom (AMS) mit Hypogammaglobulinämie ist selten und tritt in verschiedenen erblichen (primäres oder hereditäres AMS) oder erworbenen (sekundäres AMS) auf, vor allem als Folge von chronisch-lymphatische Leukämie (CLL), multiples Myelom (MM) und myelodysplastisches Syndrom (MDS).
  • Zu niedrige Eiweißwerte im Blut infolge vermehrten Proteinverbrauches finden sich bei
    • akuten und chronischen Entzündungen, die viele Gammaglobuline in Form von Antikörpern verschleißen.
    • Tumoren des Magen-Darm-Traktes, die große Mengen Baumaterial für ihr Wachstum benötigen und dafür dem Blut Eiweiße entziehen.
    • Schwangerschaft – hier erhöht sich zur Versorgung des Nachwuchses der Gehalt von Alpha-1- und Alpha-2-Globulin und Eisen-transportierendem Transferrin, aber zugleich sinkt der Albumingehalt. Dadurch erniedrigt sich die Gesamtproteinkonzentration im Blut. Umso wichtiger ist eine proteinreiche Ernährung, um Mangelzustände beim Kind zu verhindern.
  • Zu niedrige Eiweißwerte im Blut durch unkontrollierten Eiweißverlust sind die Folge von
      • Verbrennungen der Hautoberfläche, über die eiweißhaltige Lymphflüssigkeit in großen Mengen verloren geht.
      • Nierenerkrankungen, denn gesunde Nieren halten die großen Proteine wie ein Filter zurück, die sonst mit dem Urin ausgeschieden würden, beispielsweise Entzündungen der Nierenkörperchen (Glomerulonephritis) oder nephrotisches Syndrom.
      • Dialyse (Blutwäsche), die auch Eiweiße aus dem Blutserum eliminiert.
      • Magen-Darm-Erkrankungen, bei denen Lymphflüssigkeit verloren geht (exsudative Enteropathien), etwa infolge Entzündungen durch Zöliakie, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa.
      • Mukoviszidose, bei der die Schleimhäute der Atemwege große Mengen eiweißhaltigen Sekretes absondern.
      • Bauchwassersucht (Aszites), bei der sich große Mengen eiweißreicher Lymphflüssigkeit im Bauchraum ansammeln.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Roche Lexikon Medizin. 5. Auflage. München/Jena 2003: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN 3-437-15072-3.
  • Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2014: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2016: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063.
  • Robert F. Schmidt, Gerhard Thews, Florian Lang: Physiologie des Menschen (Springer-Lehrbuch). Stuttgart 2000: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540667334.
  • Rainer Klinge, Stefan Silbernagl: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart 2005: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3137960045.
  • Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. 8. Auflage. Stuttgart 2013: Georg Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182.
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