Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung)
Herzmuskelerkrankung – Formen, Symptome und Behandlung von Kardiomyopathien
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Es ist eine gar nicht so seltene und doch relativ unbekannte Gruppe von Erkrankungen: die Kardiomyopathien. Dabei liegt eine Krankheit der Herzmuskulatur vor, die mit kardialen Funktionsstörungen einhergeht. Manchmal tritt die Erstmanifestation einer Kardiomyopathie erst dann auf, wenn es zu spät ist: als plötzlicher Herztod.
Die Kardiomyopathien werden in der Regel in fünf Gruppen eingeteilt:
- Dilatative Kardiomyopathie
- Hypertrophe Kardiomyopathie mit und ohne Obstruktion
- Restriktive Kardiomyopathie
- Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
- Nicht klassifizierbare Kardiomyopathien
Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist die häufigste Form. Dabei kommt es zu einer deutlichen Erweiterung des linken, später auch des rechten Ventrikels. Das Herz wird dadurch zu einem großen, schlaffen Beutel, der nicht mehr richtig pumpen kann.
Bei der hypertrophen Form (HCM) wird die Herzmuskulatur stark verdickt, insbesondere im Bereich des Septums. Wenn durch diese Verdickung der linksventrikuläre Ausflusstrakt verengt ist, spricht man von der hypertroph obstruktiven Kardiomyopathie. Die HCM ist die häufigste erblich bedingte Herzerkrankung und tritt in ungefähr 90 Prozent der Fälle familiär gehäuft auf. Außerdem ist es der häufigste Grund für einen plötzlichen Herztod bei jungen, sportlichen Menschen.
„Häufigste Ursache für plötzliche Todesfälle bei jungen Sportlern ist die hypertrophe Kardiomyopathie“ (1)
Eine restriktive Form ist eher selten und verursacht eine verminderte Dehnbarkeit des linken und rechten Ventrikels. Dadurch kann die Herzkammer in der Diastole schlechter gefüllt werden und das Blut staut sich in die Lunge und in den Körper zurück.
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie wird oft durch Herzrhythmusstörungen auffällig. Es kommt zu einem Umbau des rechtsventrikulären Herzmuskelgewebes in Fett- und Bindegewebe. Von diesem veränderten Gewebe können lebensbedrohliche Arrhythmien ausgehen.
In der Gruppe der nicht klassifizierbaren Kardiomyopathien werden verschiedene andere Formen zusammengefasst, die in keine der oben genannten Gruppen passen.
Symptome der Kardiomyopathien
Kardiomyopathien äußern sich meistens durch Symptome der Herzinsuffizienz. Dazu gehören Luftnot, insbesondere bei körperlicher Belastung, Leistungsminderung, Ödeme, Brustschmerzen oder Druck auf der Brust. Außerdem kann es zu schweren Herzrhythmusstörungen kommen, die sich als Schwindel oder Synkopen bemerkbar machen können und teilweise zu plötzlichen Todesfällen führen.
Ursachen- primäre und sekundäre Formen der Erkrankung
Man kann unterscheiden in primäre und sekundäre Kardiomyopathien.
Primäre Kardiomyopathien sind oft idiopathisch bedingt, können aber auch durch genetische Faktoren oder Umweltfaktoren entstehen. Teilweise kommen Kardiomyopathien familiär gehäuft vor, sodass von einer erblichen Komponente auszugehen ist.
Sekundäre Formen entstehen als Folge von verschiedenen anderen Krankheiten.
Dazu gehören:
- Myokarditis
- Ischämische Kardiomyopathie als Folge einer koronaren Herzkrankheit
- Hypertensive Formen als Folge von langjährigem Bluthochdruck
- Toxisch bedingte Formen, vor allem durch Alkohol und bestimmte Medikamente wie kardiotoxische Chemotherapeutika
- Tachymyopathien auf dem Boden von tachykarden Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern
- Speicherkrankheiten wie Amyloidose, Sarkoidose oder Hämochromatose
Diagnostik der Herzmuskelerkrankung
Eine wichtige und einfache Komponente der Diagnostik ist das EKG, in dem sich bei manchen Formen der Erkrankung schon erste Hinweise gewinnen lassen. Unentbehrlich ist außerdem die Echokardiographie- die Ultraschalluntersuchung des Herzens. Dabei lassen sich strukturelle Auffälligkeiten wie eine Hypertrophie oder eine Veränderung des Gewebes erkennen und die Pumpfunktion des Herzens kann gut eingeschätzt werden. Liegt ein erster Verdacht auf eine Kardiomyopathie vor, wird häufig auch eine MRT-Untersuchung durchgeführt, in der sich Gewebeveränderungen noch sehr viel deutlicher erkennen lassen.
Je nach Art der Herzmuskelerkrankung werden noch spezielle Untersuchungen erforderlich, um sekundäre Formen auszuschließen. So wird zum Beispiel bei Vorliegen einer DCM in der Regel eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, um eine ischämische Genese festzustellen und gegebenenfalls zu beheben. Bei Verdacht auf eine Tachymyopathie kann zum Beispiel ein Langzeit-EKG oder die Implantation eines Eventrecorders wichtige Hinweise geben.
Kardiomyopathie Behandlung: symptomatisch, medikamentös, interventionell
Kardiomyopathien sind in der Regel unheilbare Erkrankungen. Eine Ausnahme bilden manche sekundäre Formen wie die Tachymyopathien, die sich bei Behandlung der tachykarden Herzrhythmusstörungen und Wiederherstellung einer normalen Herzfrequenz zurückbilden können. Meistens ist aber nur eine symptomatische Therapie möglich. Diese unterscheidet sich je nach Art der Kardiomyopathie.
Insgesamt ist es wichtig, alle kardiotoxischen Substanzen zu vermeiden. Dazu gehören Alkohol, Drogen und bestimmte Medikamente. Auch schwere körperliche Belastung sollte vermieden werden. Wann immer möglich, sollte eine Therapie der Grunderkrankung erfolgen. So kann zum Beispiel bei einer ischämischen Genese eine Herzkatheteruntersuchung mit Beheben der Engstellen in den Herzkranzgefäßen die Herzleistung wieder deutlich verbessern.
Bei der dilatativen Kardiomyopathie steht eine adäquate Therapie der Herzinsuffizienz im Vordergrund. Das bedeutet, es werden Medikamente gegeben, die dem Herzen seine Arbeit so weit wie möglich erleichtern, indem sie zum Beispiel den Blutdruck senken oder überschüssiges Wasser aus dem Körper entfernen. Wenn sich durch die schlechte Pumpfunktion des Herzens Blutgerinnsel in den Vorhöfen oder Ventrikeln gebildet haben, sollten Medikamente zur Blutverdünnung eingenommen werden.
Bei der hypertrophen Kardiomyopathie kann durch einen interventionellen Eingriff versucht werden, einen Teil des hypertrophierten Septums abzutragen. Wichtig ist außerdem, bei der obstruktiven Form keine Medikamente einzunehmen, die die Pumpkraft des Herzens verstärken, weil dadurch in der Auswurfphase der linksventrikuläre Ausflusstrakt noch mehr verengt wird.
Bei der restriktiven Form liegt eine Füllungsstörung der Herzkammern vor. Deshalb werden oft Medikamente gegeben, die die Phase der Diastole verlängern, um trotzdem einen möglichst großen Blutfluss in die Ventrikel zu ermöglichen.
Die Therapie der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie besteht vor allem aus körperlicher Schonung und Behandlung der auftretenden Herzrhythmusstörungen.
Bei fortgeschrittener Erkrankung: Defi und Herztransplantation
Je schlechter die Pumpfunktion des Herzens bei einer Kardiomyopathie, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommt. Deshalb wird bei einer Ejektionsfraktion von unter 35 Prozent in der Regel ein sogenannter Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD)- oder kurz Defi- eingesetzt. Dieses Gerät sieht aus wie ein Herzschrittmacher und funktioniert genauso wie ein externer Defibrillator. Der Defi registriert dauerhaft die elektrischen Herzströme und löst bei Auftreten gefährlicher Herzrhythmusstörungen wie ventrikulären Tachykardien oder Kammerflimmern einen elektrischen Schock aus, der die Rhythmusstörung beenden soll.
Als allerletzte Therapieoption besteht die Möglichkeit einer Herztransplantation. Da es jedoch zu wenige Organspender gibt und Patienten mit einer Kardiomyopathie in der Regel sehr schwer krank sind, überleben viele Patienten die Wartezeit auf ein Organ nicht.
Prognose: schwere Erkrankung mit hoher Letalität
Die Prognose der Erkrankung hängt davon ab, welche Form der Kardiomyopathie vorliegt und wie stark diese ausgeprägt ist. Bei der DCM liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei etwa 10 bis 20 Prozent. Auch die Prognose der RCM und der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie ist schlecht. Von Patienten mit einer hypertrophen Form der Erkrankung sterben jährlich bis zu 5 Prozent als Folge einer ventrikulären Rhythmusstörung.
Kardiomyopathie – Tipps zu Diagnostik und Therapie
Da Kardiomyopathien häufig idiopathisch bedingt sind, lässt sich das Auftreten meist nicht beeinflussen oder vermeiden. Bei sekundär bedingten Formen sollte eine suffiziente Therapie der Grunderkrankung erfolgen.
Insbesondere die beiden Formen der hypertrophen Kardiomyopathie und die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie treten oft familiär gehäuft auf. Wenn die Erkrankung also bei einem Familienmitglied festgestellt wird oder ein Patient, insbesondere ein junger, sportlicher Mensch, einen plötzlichen Herztod erleidet, sollten auch Kinder, Eltern und Geschwister auf das Vorliegen der Erkrankung untersucht werden.
Quellen, Literatur: Gerd Herold, Innere Medizin 2019
(1) http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/fileadmin/content/archiv2005/heft04/106-107.pdf
Autorin: DocKlavi
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