Herzwandaneurysma
Symptome, Ursachen und Behandlung
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Herzwandaneurysmen sind klassische Folge eines Herzinfarktes. Daher treten sie vorwiegend in der Wandung der linken Hauptkammer (Ventrikels) auf, die bei einem Myokardinfarkt meistens betroffen ist. Unbehandelt führt das Herzwandaneurysma zu Herzrhythmusstörungen und Linksherzinsuffizienz. Die Bildung von Blutgerinnseln kann Schlaganfälle und Infarkte nach sich ziehen. Schlimmstenfalls kommt zum kardiogenen Schock oder das Herzwandaneurysma reißt und verursacht eine Herzbeuteltamponade mit sofortiger Todesfolge.
Definition und Formen
Ein Herzwandaneurysma (ventrikuläres Aneurysma) ist eine flache oder sackartige Ausbuchtung der Herzwand. Meist ist diese in der Gegend um die Herzspitze zu finden. Diese Ausbeulung entsteht in Folge eines ischämischen Ereignisses, einer Minderdurchblutung der Herzwand. In der Regel handelt es sich um einen Herzinfarkt (Myokardinfarkt) und betrifft in den meisten Fällen die linke Herzkammer (linken Ventrikel). Etwa 20 Prozent aller Herzinfarktpatienten weisen einige Zeit nach dem Ereignis ein Herzwandaneurysma auf. Auch mehrere kleine Herzinfarkte können die Wandung zusehends schwächen und zu einem Aneurysma führen.
Herzwandaneurysma nach Herzinfarkt: Entstehung
Bei einem Herzinfarkt verstopft ein Blutgerinnsel eines der Herzkranzgefäße, die das Herz selbst mit Blut und Sauerstoff versorgen. Dadurch kommt es im Versorgungsbereich des Herzkranzgefäßes zu einer Minderversorgung, durch die die betroffenen Zellen absterben. Durch dieses Absterben (Nekrose) der Zellen dünnt die Herzwand an der betroffenen Stelle aus und überdehnt sich (Infarkt-Expansion).
So kommt es zu einer Deformation der Herzkammer, die auch die umliegenden, vom Infarkt nicht betroffenen Bereiche in Mitleidenschaft zieht (Infarkt-Extension). In diesen Regionen ersetzt Bindegewebe die toten Herzmuskelzellen und es bildet sich rund zwei Wochen nach dem Herzinfarkt eine Narbe.
Das Bindegewebe kann nicht kontrahieren und ist durch den hohen Druck in der linken Herzkammer, die den Körperkreislauf versorgt, einer erhöhten Wandspannung ausgesetzt ist. Dadurch beult sich diese Narbe aus und bildet ein Herzwandaneurysma.
Symptome
Ein Herzwandaneurysma führt zunächst kaum zu Beschwerden. Nach einiger Zeit treten vor allem Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) in Form eines beschleunigten Herzschlages (Tachykardie) auf.
Zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) kommt es, da an der Stelle der Narbe die Reizleitung im Herzen unterbrochen ist und die Auswurfleistung des Herzens verringert. Daher sollten Herzinfarktpatienten bei Herzproblemen wie Herzrasen bei geringer körperlicher Belastung oder anhaltend hohem Blutdruck sofort einen Arzt aufsuchen.
Komplikationen
Herzrhythmusstörungen treten bei einem Herzwandaneurysma auf, da in der betroffenen Region die Reizweiterleitung gestört ist. Das beeinflusst gegebenenfalls die gesamte Kontraktion des Herzens.
Linksherzinsuffizienz und kardiogener Schock. Der Bereich des Herzwandaneurysmas ist ausgeweitet und nicht mehr kontraktil. Damit geht das Blutvolumen im Inneren des Aneurysmas nicht mehr in die Auswurfleistung des Herzens (Herzminutenvolumen) ein. Durch die dadurch notwendige verstärkte Pumpleistung kommt es zu einer Linksherzinsuffizienz und gegebenenfalls zum Versagen der Pumpleistung (kardiogenen Schock) mit tödlichem Ausgang.
Thromben, Embolien und Infarkte. Im Bereich des Herzwandaneurysmas kommt es verstärkt zu Verwirbelungen und einer verminderten Durchmischung des Blutes, was die Entstehung von Blutgerinnseln begünstigt. Gelangen diese Emboli in den Kreislauf, können diese an anderer Stelle zur Verstopfung von Gefäßen führen. Betroffen hiervon sind vor allem die Kapillargebiete des Gehirns (Schlaganfall), der Lunge (Lungenembolie), der Nieren (Niereninfarkt) oder des Darms (Darminfarkt).
Ventrikelruptur und Herzbeuteltamponade. Reißt das Narbengewebe des Herzwandaneurysmas (Ventrikelruptur), kommt es zu einer Einblutung in den Herzbeutel (Herzbeuteltamponade). Dadurch kann sich das Herz nicht mehr ausreichend ausdehnen und es tritt innerhalb kurzer Zeit der Tod ein.
Diagnose
Meistens wird ein Herzwandaneurysma im Rahmen der Kontrolluntersuchungen nach einem Herzinfarkt diagnostiziert. Bei der Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) kann der Arzt Ausdünnung und Ausbeulung der Herzwand nachweisen.
Die Wandung an der Stelle des Herzwandaneurysmas ist sehr dünn und zieht sich bei der Herztätigkeit nicht mehr zusammen. Daher ist während der Kontraktion des Herzens (Systole) an dieser Stelle eine gegenläufige Bewegung nach außen zu erkennen (paradoxe Wandbewegung). Durch die Doppler-Sonographie lassen sich die Strömungsverhältnisse im Aneurysma darstellen, die zur Bildung von Blutgerinnseln führen können.
Bildgebende Verfahren wie Kernspintomographie (Herz-Magnetresonanztomographie, Kardio-MRT) oder Computertomographie (Kardio-CT) erlauben die genaue Bestimmung von Größe und Lage eines Herzwandaneurymas.
Im Elektrokardiogramm (EKG) ist die Q-Zacke auffallend breit und tief und es tritt eine ST-Streckenhebung auf. Letztere ist eigentlich typisch für einen Myokardinfarkt und bleibt bei einem Herzwandaneurysma dauerhaft bestehen.
Behandlung
Die Behandlung eines Herzwandaneurysmas hängt von seiner Größe und den damit verbundenen Beeinträchtigungen ab. Bei kleineren Herzwandaneurysmen sieht man meistens von einer Operation ab und behandelt konservativ. Das beinhaltet vor allem die Beseitigung von Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder hohen Cholesterinwerten, die das Herzwandaneurysma auf Dauer weiter vergrößern könnten. Um der Bildung von Blutgerinnseln vorzubeugen, muss man Patienten dauerhaft mit blutgerinnungshemmenden Mitteln (Antikoagulantien) versorgen.
Große Herzwandaneurysmen müssen operiert werden, da die Gefahr einer Ventrikelruptur oder rezidivierender Embolien sehr hoch ist. Als Behandlungsmethode steht die operative Entfernung des Aneurysmas (Aneurysmektomie, Aneurysma-Resektion) im Vordergrund.
Am häufigsten wendet man die nach dem Chirurgen Vincent Dor benannte Dor-Plastik an. Dabei eröffnet der Operateur unter Vollnarkose und an der Herz-Lungen-Maschine der Brustkorb entlang des Brustbeines (Sternotomie). Danach fügt die funktionstüchtigen Teile zusammen und entfernt die narbigen Anteile der Herzwand. Die defekte Stelle deckt er mit einem dünnen Gewebe (Patch) ab, um ein Reißen zu verhindern.
Bei der Endoaneurysmorrhaphie nach Cooley eröffnet der Chirurg das Aneurysma und setzt den Patch am Übergang zwischen gesundem und vernarbtem Gewebe ein. Danach verschließt er das vernarbte Gewebe über dem Patch. Mit dieser Methode lassen sich auch Vernarbungen der Herzscheidewand versorgen.
Die Entfernung des narbigen Bereiches der Herzwand reduziert das Herzvolumen und beseitigt nicht mehr kontraktile Anteile der Herzwand. Obwohl so das Kammervolumen reduziert ist, verbessert sich die Auswurfleistung des Herzens. Damit wirkt man einer Herzinsuffizienz, Thromboembolie und Ventrikelrupturen entgegen.
Literatur und Quellen:
- Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
- Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
- Erland Erdmann (Hrsg.) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Stuttgart 2011: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642164803.