Bilirubin zu hoch » Was bedeuten erhöhte Bilirubin-Werte
Was bedeutet der erhöhte Bilirubin Blutwert?
Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes und wird vor allem in der Leber gebildet. Ist im Blutbild der Bilirubin-Wert zu hoch, bedeutet das folglich einen vermehrten Abbau von roten Blutkörperchen oder eine funktionelle Beeinträchtigung der Leber.
Ein erhöhter Blutwert (Hyperbilirubinämie) äußert sich in Form einer Gelbsucht. Nachfolgend schildern wir Ihnen, wie die Formen der dahintersteckenden Erkrankungen aussehen und wie sich die Symptome im Verlauf entwickeln.
Bilirubin-Wert zu hoch
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Bilirubin-Wert zu hoch: Das Wichtigste auf einen Blick!
- Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Er entsteht aus dem Farbstoffanteil Häm.
- Das Häm wird in Leber, Milz und Knochenmark abgebaut.
- Als Laborwerte sind das an Albumin gebundene indirekte Bilirubin, das an Glucuronsäure gebundene direkte BIlirubin und das Bilirum im Urin von Bedeutung.
- Ein erhöhter Blutwert von Bilirubin äußert sich zunächst in den Augen, bei weiter steigenden Werten auch in der Haut in Form einer Gelbsucht.
- Dass der Bilirubin-Wert zu hoch ist, hat seine Ursachen unabhängig von der Leber, ist durch Leberschäden begründet oder ist eine Folge von Gallenstauungen.
Der Abbau roter Blutkörperchen
Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) haben ihre Farbe vom Blutfarbstoff Hämoglobin. Dieser besteht aus einem Eiweißanteil, dem Globin, und dem Häm, einem Porphyrinringssystem, in dessen Mitte als Zentralatom ein Eisen(II)-Ion sitzt. Dieses ist in der Lage Sauerstoff oder Kohlendioxid zu binden. Damit ermöglicht der rote Blutfarbstoff den Gastransport zwischen Lunge und Körpergewebe.
Die Erythrozyten haben nur eine begrenzte Lebenszeit, zumal sie keinen Kern und damit keine DNA mehr haben. Dieser wird bei den Vorstufen, den Retikulozyten, abgestoßen. Damit ist in den Zellen auch keine Proteinsynthese mehr möglich, die ein längeres Überleben möglich machen würde. Mit zunehmendem Alter werden sie beispielsweise spröder und passen nicht mehr so gut durch enge Kapillaren. Dann ist es Zeit, sie gegen neue Erythrozyten auszutauschen.
Daher werden ‚alte‘ und beschädigte Erythrozyten in Leber, Milz und Knochenmark von Fresszellen (Makrophagen) aussortiert und zerkleinert. Unser Körper ist sparsam und betreibt Recycling: Der Globinanteil wird zu Aminosäuren abgebaut, die größtenteils erneut verwendet werden können. Ebenso wird aus dem Häm das Eisenatom entfernt und in Form von Hämosiderin in den Makrophagen zwischengespeichert, bis es etwa zur Synthese neuer Häm-Moleküle gebraucht wird.
Was sind direktes und indirektes Bilirubin?
Das einzige, was als Abfall übrig bleibt, ist das Porphyrinringsystem, dessen Recycling aufgrund seiner komplizierten chemischen Struktur sehr aufwendig wäre. Daher spalten Enzyme das Ringsystem auf und es entsteht über Biliverdin als Endprodukt Bilirubin. Für den Transport zur Leber muss das wasserunlösliche Bilirubin an das vorherrschende Eiweiß des Blutplasmas gebunden werden, das Albumin. Diese Transportform bezeichnet man in der klinischen Chemie als indirektes Bilirubin.
Zur Leber muss das Bilirubin gebracht werden, weil diese für die weitere Umwandlung und Ausscheidung verantwortlich ist. Sie entfernt das Albumin aus dem indirekten Bilirubin und hängt stattdessen in einer enzymatischen Reaktion Glucuronsäure an. Das ist die organische Säure, die aus dem Aldehyd Traubenzucker (Glucose) durch Oxidation entsteht. Glucuronsäure ist ein Molekül, das die Leber für eine ganze Reihe von Entgiftungsreaktionen verwendet. Diese Glucuronidierung dient dazu, wasserunlösliche Stoffwechselendprodukte wasserlöslich zu machen, sodass sie mit Stuhl und Urin ausgeschieden werden können. Das geschieht auch mit dem Bilirubin. Diese glucuronidierte Form bezeichnet man als direktes Bilirubin.
Geringe Mengen des direkten Bilirubins werden mit dem Harn über die Nieren ausgeschieden. Das Bilirubin ist für die leicht gelbliche Färbung des Urins verantwortlich.
Ähnlich sieht es mit dem Großteil des verbleibenden Bilirubins aus. Es ist einer der Hauptbestandteile der Gallenflüssigkeit, die in den Dünndarm abgegeben dafür sorgt, dass Nahrungsfette zu kleinen Tröpfchen emulgiert leichter abgebaut und von der Darmschleimhaut aufgenommen werden.
Im Darm findet der weitere Abbau statt. Darmbakterien machen aus dem Bilirubin-Glucuronid wieder Bilirubin und daraus das farblose Urobilinogen. Dieses wird größtenteils zu Sterkobilin umgebaut, das dem Stuhl seine typische braune Färbung verleiht. Einen geringen Teil nimmt die Darmschleimhaut auf, von wo aus es mit dem Blut zur Leber transportiert wird. Ein Teil davon wird dort weiter abgebaut und wiederverwendet, der große Rest mit dem Urin ausgeschieden.
Bilirubin-Wert Normwerte und zu hohe Werte
Welche Bilirubin-Werte sind fürs Labor relevant?
Aus dem Stoffwechsel des Bilirubins ergeben sich die Formen des Bilirubins, die in Blut und Urin auftauchen.
Im Blut findet sich zum einen das indirekte Bilirubin, das an das Bluteiweiß Albumin gekoppelt ist. Sein Blutwert liegt normalerweise unterhalb von 0,7 Milligramm pro Deziliter (entsprechend unter 17,1 µmol pro Liter). Dieser Referenzbereich gilt für Männer wie Frauen gleichermaßen. Ab etwa 2 Milligramm pro Deziliter wird die Hyperbilirubinämie als Gelbsucht an den Augen sichtbar. Ab 5 Milligramm pro Deziliter verfärbt sich auch die Haut.
Weiterhin liegt im Blut das direkte Bilirubin vor, das an Glucuronsäure gekoppelt ist. Hier wird der Blutwert mit unter 0,3 Millligramm pro Deziliter (entsprechend unter 5,1 µmol pro Liter) als Normwert angegeben. Auch dieser Referenzbereich ist bei Männern und Frauen gleich.
Schließlich verbleibt noch eine kleine Menge Bilirubin, die über die Niere ausgeschieden wird. Im Labor bezeichnet man es als Bilirubin im Urin (i. U.). Normalerweise sollte davon im Urin nichts auftauchen, sodass hier der Normwert mit Null anzugeben ist. Bestimmt wird dieser Wert im normalen Mittelstrahlurin.
Ein zu niedriger Bilirubin-Wert ist somit nicht möglich und ist labordiagnostisch nicht von Bedeutung.
Was passiert bei zu hohen Bilirubin Blutwerten?
Symptome und Formen der Gelbsucht
Zirkulieren größere Mengen des gelblich-braunen Farbstoffes im Blut (Hyperbilirubinämie), äußert sich das in einer Gelbfärbung der Haut und der Lederhaut (Sklera) der Augen. Diese Verfärbung bezeichnet man als Gelbsucht (Ikterus). Sie betrifft ebenso die Schleimhäute und die inneren Organe. Bei Neugeborenen ist eine Gelbsucht nicht ungewöhnlich, da die Leber erst in Gang kommen, gleichzeitig aber das nun überflüssige fetale Hämoglobin abbauen muss. Diese Neugeborenen-Gelbsucht bezeichnet man medizinisch als Icterus neonatorum.
Eine Gelbsucht tritt auch im Erwachsenenalter auf, und zwar in drei Formen:
Hämolytischer (Prähepatischer) Ikterus. Hier ist die Leber nicht als Hauptakteur beteiligt. Stattdessen führt eine verstärkte Auflösung roter Blutkörperchen (Hämolyse) zu einer vermehrten Freisetzung von Hämoglobin, das zu Bilirubin abgebaut die Färbung verursacht. Gründe für solchen ausgedehnten Untergang der Erythrozyten sind
- große Blutergüsse (Hämatome) bei traumatischen Verletzungen
- Lungeninfarkte
- Blutarmut durch Auflösung von Erythrozyten (hämolytische Anämien) wie
- Sichelzellanämie
- Thalassämien
- autoimmunhämolytische Anämie (AIHA)
- Infektionen mit Einzellern (Malaria mit Trypanosoma)
Andere Möglichkeiten betreffen das Bilirubin und seinen Stoffwechsel direkt, etwa die
- gesteigerte Bildung von Bilirubin,
- verminderte Bildung von indirektem Albumin oder die
- verminderte Aufnahme von indirektem Albumin durch die Hepatozyten.
Bei allen diesen Formen ist das indirekte Albumin im Blut erhöht, weswegen man auch von einem Überproduktionsikterus spricht.
Intrahepatischer Ikterus. Beim intrahepatischen Ikterus können die Leberzellen (Hepatozyten) das zirkulierende indirekte Bilirubin nicht aufnehmen und zu direktem Bilirubin weiterverarbeiten. Das ist bei einer Schädigung der Leberzellen der Fall. Diese tritt beispielsweise auf bei
- Leberentzündungen (Hepatitis), etwa infolge einer Virusinfektion mit Hepatitis A bis E. Daher verwenden Laien den Begriff Gelbsucht oftmals synonym mit Hepatitis.
- Leberzirrhose, eine bindegewebige Ersetzung der Leberzellen durch nicht funktionelles Bindegewebe, etwa bei Alkoholismus
- Lebertumoren (Hepatozelluläres Karzinom, Leberkarzinom) und Lebermetastasen anderer Krebsarten (Kolonkarzinom, Brustkrebs, Bronchialkarzinom)
- Medikamente (Aspirin, Captopril, Methotrexat, Paracetamol, Cotrimaxol)
- Gilber-Meulengracht-Syndrom – hier ist die Glucuronidierung gestört, sodass das Bilirubin nicht wasserlöslich gemacht werden kann (siehe unten).
Verschluss-Ikterus (Posthepatischer Ikterus). Beim posthepatischen Ikterus ist die Ursache der Gelbsucht eine Stauung des Gallenabflusses (Cholestase), der bis in die Leberkanälchen zurückreicht. Zu einem Gallenstau kommt es bei
- chronischen Verengungen der Gallengänge (Gallengangatresie),
- Gallenblasenentzündungen (Chlolezystitis) meist infolge Gallensteinen
- Krebs der Gallengänge (Cholangiokarzinom) oder
- Krebs der Bauchspeicheldrüse, wenn dieser den Ausgang der Gallengänge in den Dünndarm blockiert.
Zugleich mit der Verfärbung von Augen, Haut und Schleimhäuten verfärbt sich der Urin je nach Form der Gelbsucht dunkel und der Stuhl hell.
Bilirubin-Wert zu hoch: Differenzialdiagnose der Gelbsucht
Anhand der Laborwerte für Bilirubin, Urobilinogen und der Stuhl- und Urinfarbe kann der Arzt relativ leicht zwischen den verschienden Formen der Gelbsucht unterscheiden.
Laborwert | prähepatischer Ikterus |
intrahepatischer Ikterus |
posthepatischer Ikterus |
direktes Bilirubin im Serum | normal bis leicht erhöht | leicht erhöht | erhöht |
indirektes Bilirubin im Serum | erhöht | leicht erhöht | normal bis leicht erhöht |
Bilirubin im Urin | normal | leicht erhöht | erhöht |
Urobilinogen im Urin | erhöht | leicht erhöht | normal |
Farbe des Stuhls | braun | hell | hell |
Farbe des Urins | normal | normal bis dunkelgelb | braun |
Bilirubin Verlauf erhöhter Werte
Ist der Bilirubin-Wert zu hoch, ist das keine eigenständige Krankheit, sondern der Hinweis auf eine zugrunde liegende Erkrankung. Daher ist der Verlauf einer Gelbsucht abhängig vom weiteren Verlauf der Grunderkrankung, die zur Hyperbilirubinämie geführt hat. Die Therapie erfolgt nach den Erfordernissen dieser Krankheit. Ist diese erfolgreich bekämpft, bessert sich die Gelbsucht. Bei irreparablen Leberschäden ist das nicht mehr der Fall. Sie verlaufen oftmals tödlich oder sind eine Indikation für eine Lebertransplantation.
Kritisch ist der Neugeborenen-Ikterus, wenn er auf einer Rhesus-Inkompatibilität beruht, oder bei Frühgeburten. Eine erhöhte Bilirubinkonzentration im Blut führt zu einer Schädigung des Gehirns (Bilirubinenzephalopathie, Kernikterus), da das Bilirubin bei hohen Konzentrationen die Blut-Hirn-Schranke überwindet und in den Kerngebieten des Gehirns zum Absterben von Zellen führt.
Quellen, Links und weiterführende Literatur
- Gabi Hoffbauer:
Blut- und Laborwerte: Der Patientenratgeber. 4. Auflage.
München 2004: Südwest-Verlag.
ISBN-10: 3517067504. - Nicole Schaenzler, Wilfried P. Bieger:
Laborwerte: Alles über Normbereiche, Befunde und Co. 6. Auflage.
München 2019: Gräfe & Unzer-Verlag.
ISBN-10: 3833814527. - Marc Deschka:
Laborwerte von A-Z. 4. Auflage.
Stuttgart 2011: W. Kohlhammer-Verlag.
ISBN-10: 3170219162.
BASICS Klinische Chemie: Laborwerte in der klinischen Praxis. 3. Auflage.
München 2019: Elsevier/Urban & Fischer-Verlag.
ISBN-10: 3437422588.
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