Thrombopoese: Bildung der Thrombozyten
Als Thrombopoese oder auch Thrombozytopoese bezeichnet man die Bildung der Blutplättchen (Thrombozyten) im Knochenmark. Sie ist Teil Blutbildung oder Hämatopoese. Eine geregelte Thrombopoese ist wichtig, denn eine Überproduktion erhöht das Risiko von Blutgerinnseln und eine Unterproduktion steigert das Blutungsrisiko.
Wie werden Thrombozyten gebildet
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Thrombozyten oder Blutplättchen sind mit 1-3 Mikrometern die kleinsten Blutzellen. Im kleinen Blutbild laufen sie unter der Bezeichnung THRO für Thrombozyten oder PLT für das englische platelets. Normalerweise finden sich im peripheren Blut 150.000-400.000 dieser Hämozyten pro Mikroliter (Tausendstel Milliliter).
Ihre Hauptaufgabe ist die Bildung von . Wird ein Gefäß verletzt, verändern sie durch freigesetzte Botenstoffe blitzschnell ihre Struktur und bilden zahlreiche hakenförmige Fortsätze, mit deren Hilfe sie sich miteinander verbinden. Die ebenfalls initiierte Blutgerinnungskaskade bildet aus dem Bluteiweiß Fibrinogen Fibrinfäden, welche die untergehakten Thrombozyten stabilisieren und so für schnellen Wundverschluss sorgen.
Das Wichtigste auf einen Blick!
- Als Thrombopoese bezeichnet man die Bildung der Blutplättchen im Knochenmark. Die Thrombozyten sind wichtige Elemente der Blutgerinnung und machen Wundverschluss und Wundheilung erst möglich.
- Die Thrombozyten entstehen im roten Knochenmark aus Megakaryozyten unter dem Einfluss des Hormons Thrombopoetin.
- Megakarytozyten gehören zu den größten Zellen des menschlichen Körpers und verbrauchen ihr gesamtes Zytoplasma für die Thrombopoese.
- Störungen der Thrombopoese mit vermehrter Bildung von Blutplättchen bezeichnet man als Thrombopenie, mit einer gesteigerten Produktion als Thrombozytose.
- Thrombopenie führt zu gesteigerter Blutungsneigung, wohingegen bei einer Thrombozytose die Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln und damit Herzinfarkten und Schlaganfällen steigt.
Thrombopoese: Woher kommen die Thrombozyten?
Thrombozyten sind keine vollständigen Zellen, sondern kernlose Zellfragmente, die durch das Abschnüren von ihren Stammzellen, den Megakaryozyten des roten Knochenmarks entstehen.
„Riesen-Kern-Zellen“ trifft die Sache recht gut – die Megakaryozyten sind um einen zehntel Millimeter groß und besitzen einen nicht minder großen, gelappten Zellkern. Das liegt daran, dass sie ihr Erbmaterial vervielfältigen, ohne dabei eine Zellteilung durchzuführen (Endomitose). So wachsen sie zu den größten Zellen des Knochenmarks und mit den größten Zellen des Menschen überhaupt heran.
Sie bilden sich aus Vorläuferzellen, den Megakaryoblasten, unter dem Einfluss des von der Niere gebildeten Hormons Thrombopoetin (TPO). Durch die Endomitose repliziert sich die DNA, bis letztlich bis zu 64 vollständige Chromosomensätze vorhanden sind.
Die im Knochenmark ansässigen Megakarytozyten haben nicht nur einen großen polyploiden Zellkern, sondern verfügen auch über ein ausgedehntes Zytoplasma mit zahlreichen Organellen und Granula. Ähnlich wie bei Amöben bilden diese Riesenzellen Scheinfüßchen (Pseudopodien), die in die Blutlakunen (Sinusoide) des Knochenmarks eindringen. Dazu dienen spezielle filamentäre Strukturen, Mikrotubuli, wie sie bei der Zellteilung die Chromosomen bewegen. Bei den Megakarytozyten sitzen diese Mikrotubuli an der Zellmembran und machen so gezielte Bewegungen möglich.
Mit Hilfe dieser Mikrotubuli verzweigen die Pseudopodien immer weiter und bilden immer kleinere Strukturen, in denen sich Organellen und Granula aus dem Zytoplasma der Megakaryozyten wiederfinden. Teile dieser Scheinfüßchen schnüren sich schließlich als Proplatelets ab, an deren Enden die eigentlichen Platelets, die Blutplättchen freigesetzt werden.
Auf diese Weise wandelt sich das gesamte Plasma eines Megakaryozyten in Proplatelets und letztlich bis zu 8000 Thrombozyten um. Zurück bleiben verkleinerte Zellen, die praktisch nur noch aus den gelappten Kernen mit einem dünnen Zytoplasmaüberzug bestehen. Solche abgespeckten Megakarytozyten finden sich in seltenen Fällen (unter 10 Stück pro Milliliter) im peripheren Blut. Bei der klassischen Färbung von Blutausstrichen nach May-Grünwald und Giemsa färbt sich ihr großer Kern tiefviolett, das Zytoplasma tiefblau, sodass sie leicht von den anderen Blutzellen zu unterscheiden sind.
Aus dem Knochenmark abgesonderte Megakaryozyten werden im Kapillarsystem der Lunge herausgefiltert. Die im Knochenmark verbliebenen Zellen stoßen letztlich ihren Zellkern ab, ihr Zytoplasma löst sich endgültig in Proplatelets und Thrombozyten auf.
Störungen: Thrombopenie und Thrombozytose
Kommt es zu Störungen der Thrombopoese, werden zu wenige oder zu viele Blutplättchen gebildet. Eine Erniedrigung der Thrombozytenzahl bezeichnet man als Thrombopenie oder Thrombozytopenie, eine Erhöhung als Thrombozytose.
Thrombopenien entstehen bei größeren Wunden und Infektionen durch den Verbrauch von Blutplättchen, die nicht schnell genug nachgeliefert werden können. Die Produktion wird ebenso durch Schädigung des Knochenmarks nach Chemotherapie, Bestrahlung oder bestimmte Giftstoffe oder einen Mangel an Vitamin B2 und Vitamin B12 beeinträchtigt. Eine Thrombopenie erhöht das Blutungsrisiko und behindert den Wundverschluss.
Zur einer Thrombozytose mit gesteigerter Thrombopoese kommt es im Verlauf starker Blutungen, Infektionen und Entzündungen wie auch bei verschiedenen Krebserkrankungen, die das Knochenmark beeinträchtigen. Hier erhöht sich die Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln. Am Ort ihrer Entstehung können diese als Thromben Gefäße verstopfen, etwa bei einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose. Fortgespült bleiben sie in entfernten Kapillarsystemen hängen und verursachen durch die Blockade der Blutzufuhr Schlaganfälle, Lungenembolien und Herzinfarkte.
Quellen, Links und weiterführende Literatur
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