Gefahren und Risiko bei Vollnarkose im Krankenhaus

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Gefahren bei einer Operationen im Krankenhaus

Ziel aller Narkoseverfahren ist die Ausschaltung des Schmerzempfindens, um Diagnosen oder Operationen in Krankenhaus oder Arztpraxis durchführen zu können. Auch wenn moderne Narkoseverfahren nur noch selten zu Nebenwirkungen und Komplikationen führen, sind solche nicht völlig auszuschließen. Die Anästhesie selbst ist eher selten daran schuld, aber unter Narkose sterben in Deutschland jährlich immer noch über 40.000 Patienten. Wir informieren zu den Risiken, Gefahren einer Vollnarkose oder Teilnarkose und eventuell auftretender Symptome nach der Narkose:

Vollnarkose im Krankenhaus
Vollnarkose: Gefahren, Risiko und Symptome bei Narkose, Copyright: AntonioDiaz bigstockphoto.com

 

Anästhesie Risikofaktor

Verbesserte Narkosemittel und -verfahren sowie die Verwendung von Teilanästhesien haben in den letzten Jahren das Sterberisiko durch Narkosen gesenkt. Moderne Techniken zur Überwachung während einer Operation und eingehende Voruntersuchungen tragen ebenfalls zur Risikominderung bei. Während der 1950er Jahre lag das Sterberisiko bei einer Narkose noch bei 1:3.000. Heute beträgt es mit 1:200.000 nur noch einen Bruchteil dieses Wertes.

Zusätzlich ist zu bedenken, dass man heutzutage viele alte und durch zahlreiche Vorerkrankungen geschädigte Risikopatienten anästhesiert und operiert, an die sich vor Jahren kein Operateur herangetraut hätte. Bei jungen und gesunden Menschen ist das Sterberisiko statistisch als verschwindend gering einzustufen.

 

Formen der Narkose: Vollnarkose und Teilnarkose

Die meisten Gefahren bei einer Narkose erklären sich aus der Art und Weise, wie man diese durchführt. Grundsätzlich muss man zwischen den Risiken einer Vollnarkose und den Risiken einer Teilnarkose unterscheiden.

Vollnarkose (Allgemeinanästhesie). Bei der Vollnarkose erhält der Patient Narkosemittel (Anästhetika),

  • Schlafmittel (Hypnotika),
  • Schmerzmittel (Analgetika) sowie
  • muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxantien) intravenös und/oder
  • Inhalationsanästhetika (vor allem Flurane wie Isofluran und Sevofluran) über die Atemluft.

Eine rein intravenös verabreichte Narkose bezeichnet man als totale intravenöse Anästhesie (TIA). Wird sie mit einer Inhalationsnarkose kombiniert, spricht man von balancierter Anästhesie.

Durch die Narkose wird die eigene Atmung beeinträchtigt, sodass der Patient künstlich beatmet werden muss. Dazu erhält er einen Beatmungsschlauch (Tubus) oder eine Atemmaske, die der Arzt über dem Mund auf dem Kehlkopf platziert.

Während der gesamten Narkosezeit kontrolliert der Anästhesist Atmung und Kreislauf. Über einen venösen Zugang kann man Medikamente oder Bluttransfusionen verabreichen, wo dies nötig ist.

Wenn die Narkose nachlässt und der Patient wieder selbständig atmen kann, entfernt der Anästhesist die Beatmungsgeräte.

Teilnarkose (Regionalanästhesie). Oft reicht es aus, wenn man nur lokal das Schmerzempfinden ausschaltet. Das geschieht über das Rückenmark oder über die peripheren Nerven, die das zu behandelnde Gebiet versorgen.

Bei den Extremitäten wählt man dazu meist das versorgende Nervengeflecht aus (Plexusblockade; Plexus brachialis beim Arm, Plexus sacralis beim Bein) oder gezielt einen bestimmten Nerv (Nervenblockade).

Ähnlich wie das Gehirn sitzt das Rückenmark in einer speziellen Hülle (Dura mater spinalis), in der es in einer Flüssigkeit (Nervenwasser, Liquor) schwimmend gelagert ist. Bei einer Spinalanästhesie wird das Betäubungsmittel direkt in das Nervenwasser injiziert. Bei der Peruralanästhesie (PDA) legt der Operateur einen kleinen Schlauch direkt an die Rückenmarkshülle. Über diesen Katheder lassen sich nach Bedarf Betäubungsmittel und Schmerzmittel verabreichen.

Eine so gut wie nebenwirkungsfreie Form der Teilnarkose ist die örtliche Betäubung (Lokalanästhesie). Dazu trägt der Arzt ein spezielles Lokalanästhetikum wie Lidocain in Form von Tropfen oder Spray direkt auf die Haut auf (Oberflächenanästhesie) oder injiziert es unter die Haut (Infiltrationsanästhesie).

Risiko und Gefahren bei der Vollnarkose

Bei einer Vollnarkose können in seltenen Fällen folgende Symptome und Risiken auftreten:

  • Bei einem Viertel aller Vollnarkosen kommt es zu postoperativer Übelkeit mit Erbrechen, was Ärzte im Fachjargon als post operative nausea and vomiting (PONV) bezeichnen. Dabei spielen Narkosemittel, Dauer und Konstitution des Patienten eine Rolle. Daher sollte ein Patient einige Stunden vor einer Vollnarkose auch nichts mehr essen und trinken. Die Übelkeit kann man gezielt mit Dexamethason oder Antihistaminika bekämpfen.
    • Übelkeit, zeitweise mit
    • Erbrechen.
  • Den Beatmungstubus führt der Anästhesist durch den Mund in die Luftröhre ein. Dadurch kommt es unter Umständen zu
    • Halsschmerzen, Heiserkeit und Schluckbeschwerden, die nach einigen Tagen wieder verschwinden sollten,
    • Schäden am Kehlkopf und den Stimmbändern,
    • Zahnschmerzen und Zahnschäden,
    • mechanischen Schäden an Lippen, Zahnfleisch, Zunge, Zäpfchen und Mandeln.
  • In sehr seltenen Fällen kommt es zu einer Fehlintubation. Dann gelangt der Tubus zu tief in die Bronchien oder versehentlich in die Speiseröhre statt die Luftröhre.
  • Durch die Narkose setzt der reflexhafte Verschluss der Atemwege aus, wenn etwas in die Nähe des Kehlkopfes kommt. Dadurch kann Mageninhalt oder Speichel in die Lunge gelangen (Aspiration) und sorgt dort für
    • Lungenentzündungen oder
    • Lungenabzesse.
  • Nach der Vollnarkose treten des öfteren Kälteempfindungen und Muskelzittern auf. Diese sind als harmlos einzustufen.
  • Bei langem Liegen und unsachgemäßer Lagerung tritt ein Druckgeschwür (Dekubitus) auf.
  • Extrem selten ist plötzliches Aufwachen während der Narkose (Awareness). Dieses ist in allen Fällen auf eine falsche Dosierung der Anästhetika zurückzuführen.
  • Ebenfalls so gut wie ausgeschlossen ist eine Infektion durch Transfusion von Fremdblut, wie etwa mit HIV oder Hepatitis. Blutkonserven überprüft man heute sehr genau.
  • Sehr selten kommt es zu einer malignen Hyperthermie. Bei einer angeborenen Störung des Calciumhaushaltes der Muskulatur lösen die verabreichten Medikamente einen massiven Calciumeinstrom in Muskelzellen aus. Erhöhter Verbrauch von Energie und Sauerstoff und die Ansammlung von Stoffwechselendprodukten führen zur Überwärmung des gesamten Körpers. Folge ist eine vollständige Entgleisung des Stoffwechsels mit Herzrhythmusstörungen und Schäden an Nieren, Lunge und Gehirn.

Risiko und Gefahren bei der Teilnarkose

Bei Teilnarkose treten Komplikationen seltener auf als bei einer Vollnarkose.

  • Häufigste Nebenerscheinung bei der Periduralanästhesie und Spinalanästhesie sind Blutergüsse und Blutungen an der Einstichstelle.
  • In einigen Fällen treten Entzündungen am Einstich auf, die sich bei Nichtbehandlung zur Blutvergiftung (Sepsis) ausweiten können.
  • Bei schlecht gesetzten Einstichen kommt es zu Schädigungen von Nerven oder Gefäßen. In sehr seltenen Fällen führen diese zu Querschnittslähmungen.
  • Bei empfindlichen und vorgeschädigten Patienten kann es zu einem Blutdruckabfall kommen.
  • Nervenblockaden können über Stunden andauern und in dieser Zeit zu Lähmungserscheinungen führen.
  • Allergische Reaktionen auf das Betäubungsmittel sind heutzutage sehr selten geworden. Extremfälle wie ein anaphylaktischer Schock treten so gut wie überhaupt nicht mehr auf.
  • Betäubungsmittel beeinträchtigen die Hirnaktivität und führen zeitweise zu Schwindelgefühl, Übelkeit und Unruhe.
  • Krampfanfälle sind sehr selten.
  • Beruhigungsmittel können die Herzaktivität verändern und Herzrhythmusstörungen verursachen.

Gefahren bei Narkose abhängig vom Gesundheitszustand

Viele Gefahren treten bei einer Narkose bedingt durch den Gesundheitszustand des Patienten auf. Das Risiko erhöht sich bei

Quellen und Literatur

  1. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063
  2. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.