Perikarderguss – Ursachen, Symptome, Verlauf und Behandlung

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Perikarderguss – Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel

Das Herz sitzt wie alle inneren Organe in einer serösen Hülle, dem Perikard. Ein wenig Flüssigkeit sorgt dafür, dass sich das Organ darin verschieblich bewegen kann. Mit Perikarderguss bezeichnet man eine Zunahme der Flüssigkeitsmenge in der Perikardhöhle um das Herz herum. Diese Flüssigkeit behindert die Herztätigkeit, da der Muskel nicht mehr genug Platz für seine Ausdehnung hat. Im Extremfall spricht man von einer Herzbeuteltamponade. Dadurch sinkt das Herzvolumen und damit auch die Pumpleistung. So führt ein Perikarderguss sehr schnell zu lebensbedrohlichen Zuständen.

perikarderguss
Human Heart, Herzmuskel Copyright: Eraxion, bigstockphoto

 

 

Anatomische Verhältnisse von Perikard und Herz

Alle inneren Organe müssen sich in einem gewissen Maße bewegen können. So der Darm bei seinen peristaltischen Bewegungen, die Lunge beim Atmen, und auch das Herz bei seiner Pumparbeit. Das ginge nicht, wenn die Organe fest mit ihrer Umgebung verwachsen wären. Daher sorgt eine seröse Hülle aus einer einzelnen Lage flacher Epithelzellen für gleitende Beweglichkeit.

Eine solche Hülle besteht aus zwei Anteilen: einem dem Organ aufliegendem Blatt (viszerales Blatt, Facies visceralis) und einem äußeren Blatt (parietales Blatt, Facies parietalis).

Beim Herzen bezeichnet man diese seröse Hülle als inneres Perikard (Pericardium serosum) und deren viszerales Blatt als Epikard. Zwischen beiden befindet sich ein Spaltraum, die Perikardhöhle (Cavitas pericardialis, Cavitas pericardiaca), die mit 15 bis 50 Millilitern seröser Flüssigkeit gefüllt ist. Bei dieser Flüssigkeit handelt es sich nicht um ein Sekret wie bei einer Drüse, sondern um ein Transsudat. Das heißt, sie wird direkt über die Wandung der Blutgefäße aus dem Blutserum abgegeben. Dadurch entspricht ihre Zusammensetzung der des Blutserums, abzüglich der durch die Filtration zurückgehaltenen großen Proteine. Ein Überschuss der Flüssigkeit wird über die Lymphbahn abtransportiert.

Das äußere Perikard (Pericardium fibrosum) besteht aus einer bindegewebigen Hülle aus elastischen und kollagenen Fasern. Sie verankern das Herz innerhalb des Brustkorbes und begrenzen seine Ausdehnung. Dadurch kann sich das Herz nur um etwa ein Drittel seines normalen Volumens vergrößern.

 

Perikarderguss: Definition

Bei einem Perikarderguss handelt es sich um eine übermäßige Flüssigkeitsansammlung in der Perikardhöhle. Diese tritt auf, wenn sich mehr Transsudat bildet als die Lymphbahn abtransportieren kann. Ebenso kann eine Einblutung durch traumatische Ereignisse oder infolge von Herzerkrankungen die Ursache sein. Bei Infektionen besteht die Flüssigkeit vorwiegend aus Eiter.

Die hämodynamischen Auswirkungen sind weniger eine Folge des sich ansammelnden Flüssigkeit, sondern vor allem des Drucks innerhalb des Perikards. Dieser führt zu einer Kompression des Herzens, das sich dadurch während seiner Entspannungsphase (Diastole) nicht mehr ausreichend dehnen kann. Dadurch verringert sich die Füllung mit Blut, das Herzminutenvolumen (Schlagfrequenz x Auswurfvolumen) sinkt.

Sobald der Druck innerhalb des Perikards den diastolischen Druck erreicht, ist eine ausreichende Herztätigkeit nicht mehr möglich. Blut wird nur noch dann angesaugt, wenn während der Kontraktion (Systole) der Druck im rechten Vorhof absinkt. Während der Diastole nach Öffnung der Trikuspidalklappe ist das aber nicht mehr der Fall. Die verstärkte Füllung der rechten Hauptkammer verdrängt die Kammerscheidewand nach links. Dadurch sinkt das Schlagvolumen der linken Kammer, die den Körperkreislauf versorgt. Dann spricht man von einer Herzbeuteltamponade. Diese ist unmittelbar lebensbedrohend, da der Blutdruck rapide abfällt. Es kommt zum kardiogenen Schock, wodurch die Blutversorgung des Organismus nicht mehr in ausreichendem Maße sichergestellt ist.

 

Perikarderguss: Formen der Erkrankung

Den Perikarderguss kann man nach der Zusammensetzung der Flüssigkeit in der Perikardhöhle einteilen:

  • Hydroperikarderguss. Hier handelt es sich um das normale Transsudat, das sich allerdings vermehrt ansammelt. Das ist während der Schwangerschaft und bei Herzinsuffizienz der Fall
  • Serofibrinöser Perikarderguss. In diesem Falle sammelt sich ein Exsudat in der Perikardhöhle an. Ein Exsudat ist im Gegensatz zum Transsudat entzündlich bedingt. Meist Folge einer Schilddrüsenüberfunktion oder einer Perikarditis (bakteriell oder rheumatisch).
  • Hämoperikarderguss. Einströmendes Blut verursacht diese Form, etwa nach traumatischen Verletzungen oder durch operative Maßnahmen am Herzen.

 

Perikarderguss: Ursachen

Ein Perikarderguss kann verschiedene Ursachen haben:

  • infektiöse Herzbeutelentzündungen (Perikarditiden) durch
    • Viren (Coxsackie-Virus)
    • Bakterien (Tuberkulose, Diphtherie)
    • Pilze (Aspergillose)
    • Parasiten
  • Autoimmunerkrankungen
    • rheumatisches Fieber
    • Sklerodermie
    • Lupus erythematodes
  • Stoffwechselstörungen
    • Diabetes mellitus
    • Urämien nach Niereninsuffizienz und Nierenversagen
    • Morbus Wegener, eine Entzündung der kleinen Blutgefäße
  • Tumore
    • metastasierende Lungentumoren
    • metastasierendes Mammakarzinom
    • primäre Herztumoren
  • Erkrankungen benachbarter Organe
  • ärztliche Eingriffe (iatrogen)
    • Herzoperationen (Postperikardiotomie-Syndrom)
    • Schrittmacherimplantation
    • Strahlentherapie, vor allem bei Lungentumoren
    • Perforation von Koronargefäßen während Herzkathederuntersuchungen
    • arzneimittelinduziert (Warfarin, Heparin)
  • traumatische Verletzungen
    • Schuss- und Stichwunden
    • Brustkorbverletzungen bei Unfällen

 

Perikarderguss: Symptome und Verlauf

Ein kleinerer Perikarderguss bleibt meist symptomlos. Bei sehr langsamer, chronischer Flüssigkeitszunahme kann deren Volumen bis zu einem Liter erreichen, ohne dass der Zustand sogleich lebensbedrohlich werden würde. Das liegt daran, dass sich über einen so langen Zeitraum das äußere Perikard genug Zeit hat, sich weiter auszudehnen.

Der Perikarderguss verursacht eine verminderte Pumpleistung des Herzens und eine Einflussstauung. Das Herz schlägt schneller als normal, um die Pumpleistung aufrechterhalten zu können (Tachykardie). Durch die Stauung treten die Halsvenen des Patienten deutlich hervor und er klagt über Brustschmerzen, Atemnot und Schwächegefühl.

Bei beginnender Herzbeuteltamponade ist ein rapider Abfall des Blutdrucks zu verzeichnen. Typisch für einen Perikarderguss ist der Pulsus paradoxus, ein Abfall des systolischen Blutdruckes von mehr als 10 mmHg während des Einatmens. Dadurch wird der Puls während des Einatmens schwächer. Das liegt daran, dass beim Einatmen der Druck im Brustkorb abnimmt und weniger Blut in die linke Hauptkammer fließt. Normalerweise wird dieser Effekt kompensiert und tritt nur dann auf, wenn die Kompensationsmechanismen nicht funktionieren, wie das bei einem Perikarderguss der Fall ist.

 

Perikarderguss: Diagnose

Bei der körperlichen Untersuchung stellt der Arzt bei einem Perikarderguss mit dem Stethoskop Veränderungen in den Herzgeräuschen fest:

  • der erste Herzton ist abgeschwächt
  • der Spitzenstoss ist verschwunden
  • das Reibegeräusch des Perikards verschwindet.

Als weitere Diagnoseverfahren stehen bei einer Herzbeuteltamponade zur Verfügung:

  • Elektrokardiogramm (EKG). Die Drucksteigerung im rechten Vorhof führt zu deutlichen Veränderungen der Herzstromkurve.
  • Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie). Die Sonographie erlaubt eine Abschätzung des Volumens. Auch die Füllungszustände der Herzkammern kann man so beurteilen.
  • Röntgen-Thorax. Die Silhouette des Herzens ist bei Ergüssen über 300 Millilitern deutlich verbreitert (Bocksbeutelform). Gleichzeitig kann man damit Ursachen wie Tuberkulose oder Lungentumoren erfassen.
  • Untersuchung eines Herzbeutelpunktates (Perikardiozentese), zytologisch (bei Eindringen von Tumorzellen) und bei einer bakteriellen Perikarditis (Tuberkulose) auch bakteriologisch.

 

Perikarderguss: Behandlung

Kleine, nicht bakteriell verursachte Perikardergüsse bis 50 Milliliter müssen nicht medizinisch versorgt werden, da diese geringen Volumina über die Lymphbahnen abgeleitet und reguliert werden.

Die Therapie besteht vor allem in der Beseitigung der Ursachen. Bakterielle Entzündungen werden durch Antibiotika, rheumatisches Fieber durch nicht-steroidale antientzündliche Medikamente (NSAIA) behandelt. Bei Einblutungen müssen die verursachenden Gefäße verschlossen werden.

Umfangreiche Perikardergüsse mit drohender Herzbeuteltamponade müssen punktiert werden (Entlastungspunktion). Dazu saugt man mit einer großen Kanüle Flüssigkeit aus der Perikardhöhle des mit leicht erhöhtem Oberkörper liegenden Patienten ab.

Für eine längere Entlastung sorgt das Legen einer Drainage in die Perikardhöhle. Das ist bei infizierten Ergüssen und nach chirurgischen Eingriffen am Herzen notwendig. Die Drainage wird unter örtlicher Betäubung unterhalb des Brustbeins eingesetzt (subxyphoidale Perikardiotomie).

 

Literatur

  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln: G. Herold Verlag (2019). ISBN-10: 3981466063
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart: Springer-Verlag (2012). ISBN-10: 3642331076.
  • Erland Erdmann (Hrsg.) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Stuttgart: Springer-Verlag (2011). ISBN-10: 3642164803.