Linksherzhypertrophie » Ursachen, Diagnostik und Verlauf

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Linksherzhypertrophie –  von den Symptome bis zur Behandlung:

Linksherzhypertrophie bedeutet, dass sich die Muskulatur in der Wand der rechten Herzkammer zusehends verdickt. Anders als bei einem Skelettmuskel unter Training bedeutet das beim Herzen nicht, dass die Leistungsfähigkeit zunimmt. Ganz im Gegenteil: Je weiter die Linksherzhypertrophie fortschreitet, desto mehr verschlechtert sich die Auswurfleistung. Ursachen sind meistens Bluthochdruck und Fehler der Herzklappen der linken Seite.

Rechtsherzhypertrophie
Linksherzhypertrophie, Copyright: Sciencepics bigstockphoto

 

 

Linkes Herz, rechtes Herz – wer macht was?

Um die Hintergründe der Linksherzhypertrophie verstehen zu können, muss man den Verlauf des Blutflusses im Herzen kennen.

Das Blut aus dem gesamten Körper gelangt über die Venen letztlich zur größten Vene des Körpers, der Oberen und Unteren Großen Hohlvene (Vena cava superior und Vena cava inferior). Diese bringt es zur rechten Vorkammer (Atrium dextrum), von wo aus es über die Tricuspidalklappe (rechte AV-Klappe, Valva atrioventricularis dextra) in die rechte Hauptkammer (rechter Ventrikel, Ventriculus cordis dexter) fließt.

Der rechte Ventrikel pumpt es über Pulmonalklappe (Valva trunci pulmonalis) und Lungenarterie (Lungenschlagader, Arteria pulmonalis) in die Lunge, in welcher der Gasaustausch stattfindet.

Aus dem Lungenkreislauf kommt das Blut über die Lungenvene (Vena pulmonalis) in den linken Vorhof (Atrium sinistrum), der es über die Mitralklappe (Bicuspidalklappe, Valca atrioventricularis sinistra) an die linke Hauptkammer (linker Ventrikel, Ventriculus cordis sinister) weitergibt. Eine Kontraktion der linken Hauptkammer pumpt das Blut über die Aortenklappe (Valva aortae) in die Hauptschlagader (Aorta) und damit in den Körperkreislauf.

Danach beginnt der Zyklus von neuem. Die rechte Herzhälfte versorgt also den kleinen Lungenkreislauf, während die linke Herzhälfte für den großen Körperkreislauf zuständig ist. Linke und rechte Herzhälfte agieren dabei wie zwei Saug-Druck-Pumpen, die das Blut während der Ausdehnung des Herzens (Diastole) ansaugen und bei der Kontraktion (Systole) unter Druck herauspressen. Die vier Herzklappen wirken dabei wie Rückschlagventile und sorgen dafür, dass das Blut nur in die vorgegebene Richtung fließt.

Rechtsherzhypertrophie
Menschliches Herz, Copyright: Sciencepics bigstockphoto

 

Was passiert, wenn das Herz hypertrophiert?

Aus dem Weg des Blutes lässt sich schließen, wie eine Linksherzhypertrophie zustande kommt: der linke Teil des Herzens muss mehr daran arbeiten, das Blut in den großen Körperkreislauf zu pumpen.

Gelegentlich ein wenig Mehrarbeit für den gesamten Herzmuskel schadet nicht. So etwas ist etwa bei sportlicher Betätigung der Fall. Bei dieser wächst das Herz insgesamt, da es in allen Teilen mehr beansprucht wird. In einem solchen Falle spricht man von einer (nicht pathologischen) Herzvergrößerung (Kardiomegalie). Eine geringfügige Kardiomegalie ist mit zunehmendem Alter völlig normal, da das Organ mit der Zeit zusehends ein wenig schlechter funktioniert und mehr Leistung erbringen muss, um den Blutkreislauf hinreichend zu versorgen. Immerhin arbeitet es tagtäglich ohne Pause und pumpt in jeder Minute fünf Liter Blut – keine Maschine läuft ähnlich zuverlässig.

Menschliches Herz
Menschliches Herz im Anschnitt – Copyright: Sciencepics, Bigstockphoto

In gewissen Grenzen macht das Herz eine solche Vergrößerung problemlos mit, aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Die Herzmuskelzellen werden größer und die Muskelfasern wachsen. Letztlich reicht die Eigenversorgung des Herzens mit Sauerstoff und Nährstoffen über die Herzkranzgefäße (Koronararterien) nicht mehr aus (relative Koronarinsuffizienz). Die Stellschrauben im Körper merken das und teilen dem Herzen mit, dass es mehr leisten muss. Die Hauptregulatoren sind das sympathische Nervensystem und das den Blutdruck regulierende Renin-Angiotensin-Aldosteron-System von Nieren und Nebennieren.

Die von ihnen ausgelöste Ausschüttung von Wachstumsfaktoren vergrößert den Anteil an Fett- und Bindegewebe zwischen den Muskelfasern, was die Elastizität des Herzmuskels herabsetzt. Verminderte Sauerstoffversorgung und geringere Elastizität sorgen dafür, dass die Leistungsfähigkeit des Muskels abnimmt: Durch die mangelnde Elastizität kann es sich nicht mehr so gut mit Blut füllen (diastolische Herzinsuffizienz), und bei der Kontraktion transportiert es weniger Blut in den Kreislauf (systolische Dysfunktion).

 

 

Die Mechanismen bei einer krankhaften Hypertrophie des Herzens sind im Prinzip genau die gleichen wie bei der normalen altersbedingten. Nur wächst der Herzmuskel unverhältnismäßig schnell an, wenn unphysiologische Belastungen ihn zu stark in Anspruch nehmen. Wenn ein Hochleistungssportler es mit der Herzbelastung übertreibt, tritt plötzlich und unerwartet der plötzliche Herztod ein, bisweilen innerhalb von Sekunden. Funktioniert die Einspeisung von Blut in den Körperkreislauf durch pathologische Mechanismen nicht zufriedenstellend, äußert sich das in einer Linksherzhypertrophie. Ähnliches gilt, wenn die Blutzufuhr in die Lunge behindert ist: dann kommt es zur Rechtsherzhypertrophie.

 

 

Ursachen der Linksherzhypertrophie

Eine Linksherzhypertrophie entsteht, wenn die für den Körperkreislauf zuständige linke Herzhälfte dauerhaft zu viel zu tun hat. Dafür kommen verschiedene Gründe infrage, allen voran Bluthochdruck und Herzklappenfehler. Bei Bluthochdruck ist die Linksherzhypertrophie oft das erste Symptom, das der Arzt in Elektrokardiografie (EKG) oder Herz-Sono (Echokardiografie) feststellt.

Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) ist die häufigste Ursache der Linksherzhypertrophie. Wenn im Gefäßsystem der Strömungswiderstand steigt, muss das Herz vermehrt dagegen ankämpfen. Bei der arteriellen Hypertonie liegt der Blutdruck in der Kontraktionsphase (Systole) dauerhaft über 140 mmHG und in der Ausdehnungsphase (Diastole) über 80 mmHG, unabhängig von der tatsächlichen Leistungsabfrage. Bei körperlicher Anstrengung erhöht sich der Blutdruck vorübergehend, was völlig normal ist. Hypertoniepatienten haben jedoch dauerhaft einen Blutdruck, als würden sie die ganze Zeit Treppen steigen. Die linke Herzhälfte muss dauerhaft mehr pressen, um das Blut gegen diesen hohen Druck im Gefäßsystem in den Kreislauf zu bekommen.

  • Sekundäre Hypertonie bedeutet, dass man die organische Ursache des arteriellen Bluthochdruckes kennt. Meistens handelt es sich um Erkrankungen der Nieren, die den Blutdruck wesentlich mitbestimmen, der Hormondrüsen (Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Überfunktionen der Nebenschildddrüsen (Hyperparathyreoidismus) oder der Nebenniere (Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom), durch Phäochromozytome, Cushing-Syndrom)).
  • Primäre oder essenzielle Hypertonie ist mit 85 % der Fälle die Hauptform des Bluthochdrucks. Essenziell bedeutet, dass man die Ursache nicht kennt. Sie ist vor allem die Folge einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose) mit den bekannten Haupt-Risikofaktoren Rauchen, Adipositas, Stress und Bewegungsmangel.

 

Herzklappenfehler (Vitien) der beiden Klappen der linken Herzhälfte führen zur Linksherzhypertrophie: Der Mitralklappe (Bicuspidalklappe) zwischen Vorkammer und Hauptkammer und der Aortenklappe zwischen Hauptkammer und Hauptschlagader. Herzklappenfehler gibt es in angeborenen oder erworbenen Formen. In letzterem Falle sind sie meist Folge der Endokarditis, einer Entzündung der Herzinnenwand (Endokard). Meist tritt diese bei einer bakteriellen Infektion auf, etwa im Rahmen des rheumatischen Fiebers einige Wochen nach Infektion mit Streptokokken. Seltener sind Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes die Ursache.

 

Bei den Herzklappen zeichnen vor allem zwei Pathomechanismen für eine unzureichende Funktionalität verantwortlich:

  • Klappenstenosen sind Verengungen im Bereich der Herzklappen, die den Blutfluss behindern. Um diese Engstelle überwinden zu können muss das Herz vermehrt arbeiten.
    • Mitralklappenstenosen (Mitralstenosen)
    • Aortenklappenstenosen (Aortenstenosen).
  • Klappeninsuffizienz bedeutet, dass die Klappe nicht vollständig schließt und daher ihrer Ventilfunktion nur unzureichend nachkommen kann. Ein Teil des bei der Kontraktion durchgelassenen Blutes strömt bei der Diastole wieder zurück und setzt so die Effektivität des Bluttransport herab.

Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist selten und in der Hälfte der Fälle eine erbliche Erkrankung. Hier verengt eine Verdickung der rechten Herzwand die Ausflussbahn, ohne dass Blutdruck und Herzklappen verändert wären. Tritt unter Belastung eine zunehmende Verengung der Ausflussbahn (Obstruktion; funktionelle Aortenstenose) auf, spricht man von einer hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM).

 

Symptome und Verlauf der Linksherzhypertrophie

Durch eine Linksherzhypertrophie ist das Herz bereits unter Ruhebedingungen vorbelastet. Lange Zeit treten keine Symptome auf, zeigen sich jedoch zusehends bei körperlichen Anstrengungen. Dann kann das Herz die Sauerstoffversorgung des Körpers nicht mehr im gewünschten Maße gewährleisten, was sich vor allem in allgemeiner Leistungsfähigkeit und Gehirn niederschlägt.

  • Kurzatmigkeit bei geringer körperlicher Beanspruchung (Belastungsdyspnoe)
  • ständige Müdigkeit
  • allgemeine Leistungsschwäche
  • Schwindelanfälle (Vertigo).

Da das Herz selbst beim Fortschreiten der Erkrankung ebenfalls nicht mehr ausreichend Sauerstoff über seine Koronararterien bekommt, äußert sich das mit

Schreitet die Linksherzhypertrophie weiter fort, treten

  • Wasseransammlungen in den Extremitäten (periphere Ödeme) auf, vor allem an Unterschenkel, Sprunggelenk und Fußrücken.
  • Lungenödeme kommen hinzu, wenn sich der Rückstau bis auf die rechte Herzhälfte auswirkt.

 

Komplikationen im Verlauf der Linksherzhypertrophie

Die zunehmende Belastung durch die Linksherzhypertrophie führt letztlich dazu, dass die Sauerstoffversorgung von Gehirn und Herz dramatische Auswirkungen zeigt. Das führt zu

 

Behandlung einer Linksherzhypertrophie

Für die Behandlung der Linksherzhypertrophie muss man die zugrunde liegenden Ursachen beseitigen.

  • Herzklappenfehler behandelt man gegebenenfalls operativ. Bei Stenosen kann man einen Teil der einengenden Muskulatur entfernen und so die Ausstrombahn frei machen. Schwerwiegende Formen der Klappeninsuffizienz lassen sich durch den Einbau eines künstlichen Klappenersatzes oder Herzklappentransplantation beheben.
  • Arterielle Hypertonie kommt dagegen meist mit einer medikamentösen Therapie aus. Bei einer erfolgreichen Behandlung kann sich eine noch nicht zu weit fortgeschrittene Linksherzhypertrophie wieder zurückbilden. Als Medikamente verwendet man zur Einstellung des Blutdruckes vor allem
    • ACE-Hemmer (Ramipril, Enalapril, Lisinopril)
    • Angiotensin II-Antagonisten (Candesartan, Azilsartan, Valsartan)
    • Betablocker (Bisoprolol, Metoprolol, Nebivolol)
    • Calcium-Antagonisten (Amlodipin, Nifedipin, Verapamil)
    • Diuretika (Hydrochlorothiazid, Torasemid, Furosemid).

Wurde eine Linksherzhypertrophie im Anfangsstadium festgestellt und steht hoher Blutdruck als Ursache zur Vermutung, kann der Patient mit einer Anpassung seiner Lebensgewohnheiten viel für die Eindämmung der Hypertonie tun. An erster Stelle stehen dabei die Beseitigung der Risikofaktoren der Arteriosklerose:

  • Ausdauertraining und reichlich Bewegung (Joggen, Schwimmen, Nordic Walking)
  • gesunde Ernährung (wenig tierisches Fett, wenig Salz, viel Obst und Gemüse, Fisch)
  • Abbau von Übergewicht
  • Raucherentwöhnung
  • sparsamer Kaffeekonsum
  • wenig Alkohol
  • Abbau von Stress
  • Einstellung eines erhöhten Blutzuckerspiegels (Diabetes mellitus)

Damit tut man sich auf jeden Fall selbst einen Gefallen, denn bei 2/3 aller Bluthochdruckpatienten sind Linksherzinsuffizienz und koronare Herzkrankheit die Todesursache.

 

 

Literatur und Quellen:

  1. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
  2. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  3. Erland Erdmann (Hrsg.) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Stuttgart 2011: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642164803.
  4. Helmut Roskamm (Hrsg.), F.-J. Neumann (Hrsg.), D. Kalusche (Hrsg.), H.-P. Bestehorn (Hrsg.): Herzkrankheiten: Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. 5. Auflage. Stuttgart 2004: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540401490