Fragmentozyten Aufbau » Fragmentozytose

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Aufbau und Ursachen

Fragmentozyten sind Fragmente von Erythrozyten (roten Blutkörperchen), denen ein Teil des Zellleibes fehlt. Sie entstehen durch die Beschädigung von Erythrozyten infolge von Blutarmut, durch Verbrennungen oder mechanische Beeinträchtigungen.

Definition: Fragmentozyten auch als Schistozyten bezeichnet, Trümmerstücke, beschädigte rote Blutkörperchen (Erythrozyten). Vermehrtes Auftreten wird als Schistozytose oder Fragmentozytose bezeichnet.

Fragmentozyten

Was ist ein Fragmentozyt?

Bei Fragmentozyten handelt es sich um Fragmente von Erythrozyten. Eine andere Bezeichnung dafür ist Schistozyten, für griechisch geteilte Zellen. Je nachdem wie viel von dem roten Blutkörperchen übrig bleibt, unterscheidet man verschiede Formvarianten.

Die größten Fragmente davon sehen ähnlich aus wie ein normaler scheibenförmiger, bikonvexer Erythrozyt, nur dass eine Seite wie abgerissen erscheint. Im Englischen bezeichnet man diese als Helmzellen (helmet cells).

FragmentozytKleinere Stücke sind wesentlich unregelmäßiger und in einem Blutausstrich nur anhand der typischen hellrosa Färbung (bei der üblichen panoptischen Färbung nach Pappenheim) als Teile von Erythrozyten zu erkennen.

An ihrer Verformbarkeit ändert dieser Defekt nichts – trotzdem haben die Fragmentozyten eine geringere Lebensdauer als vollständige Erythrozyten, da sie schneller der Hämolyse unterliegen und von den Makrophagen der Milz schneller erkannt und beseitigt werden.

Das Wichtigste im Überblick

  1. Fragmentozyten oder Schistozyten sind Erythrozyten, bei denen ein Teil der Zelle wie abgerissen erscheint. Sie treten in verschiedenen Größenvarianten auf.
  2. Ursachen für das Auftreten unvollständiger roter Blutkörperchen sind physikalischer oder chemischer Natur.
  3. Zu den häufigsten Gründen gehören Verbrennungen, bei denen es zu thermischen Beschädigungen von Gewebe und Blutzellen kommt.
  4. Physiologisch normal ist das Auftreten von Fragmentozyten bei längeren Laufstrecken.
  5. Häufig sind mechanische Schäden die Ursache, etwa infolge einer gestörten Blutgerinnung in Kapillarsystemen, bei Herzklappenersatz oder Dialyse.

Wie entstehen Fragmentozyten/Schistozyten?

Wie die äußere Form bereits vermuten lässt sind Fragmentozyten die Folge einer Beschädigung von roten Blutkörperchen. Diese kommen durch chemische oder physikalische Einflüsse zustande.

Fragmentozytose

Als Fragmentozytose bezeichnet man das vermehrte Auftreten von Erythrozyten Fragmenten (Fragmozyten) im peripheren Blut.

Fragmentozytose

Ursache: Verbrennungen

Zu den häufigsten physikalischen Ursachen gehören großflächige Verbrennungen. Die thermische Denaturierung von Gewebe und Blut durch die Hitze führt dazu, dass im Blut große Mengen an unmittelbar geschädigten roten Blutkörperchen in Form von Fragmentozyten auftreten.

Ursache: Mechanische Beschädigungen

Zu einer mechanischen Beschädigung von roten Blutkörperchen kommt es bei starker sportlicher Aktivität, vor allem beim Laufen. Durch ständige Druckbelastung in den Kapillarsystemen der Fußsohlen kommt es zu gehäuften Schäden an den roten Hämozyten. Austretendes Hämoglobin erscheint vermehrt im Urin und verfärbt diesen dunkel.

Sinnigerweise bezeichnet man dieses Phänomen auch als Marschhämoglobinurie – ein Auftreten von Hämoglobin im Urin infolge der Schädigung der Erythrozyten nach militärischen Gewaltmärschen. Eine solche Hämoglobinurie mit Fragmentozyten im Blutausstrich ist physiologisch normal und klinisch nicht von Bedeutung – nach einer Erholungsphase geht der Hämoglobinwert im Urin ebenso wieder zurück wie die Fragmentozyten verschwinden.

Fragmentozyten sind eine häufige Folgeerscheinung nach dem Einbau einer künstlichen Herzklappe. So gut die künstlichen Ventile mittlerweile auch funktionieren, sie führen häufiger zu Schäden an passierenden Erythrozyten als die natürlichen Herzklappen. Dementsprechend müssen Patienten nach Herzklappenersatz engmaschig beobachtet werden, einschließlich ihrer Laborwerte im großen und kleinen Blutbild.

Selbst die natürlichen Herzklappen können zu einem vermehrten Auftreten von Fragmentozyten im Blut führen, wenn sie in ihrer Funktion fehlerhaft sind. Das ist bei angeborenen Herzklappenfehlern (Vitien) oder infolge einer bakteriellen Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) der Fall.

Mechanische Schäden treten auch bei einer extrakorporalen Blutzirkulation auf. Das gilt vor allem für die Blutwäsche (Dialyse), bei der das Blut außerhalb des Körpers durch ein Membransystem von Giftstoffen und Abfallsubstanzen befreit wird.

Fragmentozyten durch bakterielle Toxine und Blutarmut

Selten ist das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS, Gasser-Syndrom) für die Bildung von Fragmentozyten ursächlich. Die Erkrankung betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder und tritt bei Erwachsenen noch seltener auf. Hier schädigen bakterielle Toxine die Kapillargefäße. Am häufigsten sind enterohepatische E. coli (EHEC) oder Shigellen (Shigella dysenteriae) im Darm die Ursache.

Die Folge ist eine Auflösung der roten Blutkörperchen in den Kapillaren, eine mikroangiopathische hämolytische Anämie (MAHA). Toxische Schädigung der Epithelzellen führt zu Störungen der Blutgerinnung innerhalb der Gefäße. Dadurch bilden sich aus Fibrinogen vereinzelte Fibrinfäden, welche die Kapillargefäße durchziehen. Kommt ein rotes Blutkörperchen vorbei, wird es von diesen Fäden zerschnitten wie von einem Eierschneider. In der Folge kommt es zu einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und letztlich zu Nierenversagen.

Weitere Ursachen für das Auftreten von Fragmentozyten sind verschiedene Formen einer angeborenen Blutarmut. Dazu gehören die Thalassämien, Eisenmangelanämie und megaloblastäre Anämie.

Erythrozytenschäden durch TTP

Eine weitere Form der Blutarmut tritt bei der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP) auf. Störungen der Blutgerinnung führen zur Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) in den Kapillargefäßen. Diese verursachen mechanische Beschädigung von roten Blutkörperchen und befördern somit die Bildung von Fragmentozyten. Ein erhöhtes Risiko für eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura haben Frauen mit Schwangerschaftsvergiftungen (Gestosen – HELLP-Syndrom) und Krebspatienten zu verzeichnen.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Ursus-Nikolaus Riede, Martin Werner: Allgemeine und Spezielle Pathologie. 2. Auflage. Stuttgart 2017: Springer-Verlag. ISBN-10: 3662487241.
  • Fragmentozyten und Lactat-Dehydrogenase in der Diagnostik des … ediss.sub.uni-hamburg
  • Lesesve JF, Fenneteau O, Zini G: Schistocytes. Transfusion. 2014 Jun;54(6):1459.
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  • Sadler JE: Pathophysiology of thrombotic thrombocytopenic purpura. Blood. 2017 Sep 7;130(10):1181-1188.
  • Tefferi A, Elliott MA: Schistocytes on the peripheral blood smear. Mayo Clin Proc. 2004 Jun;79(6):809.
  • Lesesve JF, Martin M, Banasiak C, André-Kerneïs E, Bardet V, Lusina D, Kharbach A, Geneviève F, Lecompte T: Schistocytes in disseminated intravascular coagulation. Int J Lab Hematol. 2014 Aug;36(4):439-43.