Urinsediment » Bedeutung und Auswertung in der Urindiagnostik

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Die meisten Urinwerte bestimmt man heutzutage mit speziellen Urin-Teststreifen. Bisweilen sind weitere Parameter für den Urinstatus interessant, die auf Erkrankungen der Nieren und harnleitenden Organe hindeuten.

Das Urinsediment enthält alle festen Bestandteile wie Zellen, die durch Zentrifugation gewonnen und mikroskopisch untersucht werden.

Wie wird Urinsediment hergestellt?

Da man die Partikel im Urinsediment genau quantifizieren will, muss das Urinsediment nach einer standardisierten Methode gewonnen werden. Dazu sedimentiert man die festen Bestandteile von 10 ml Urin für 5 Minuten bei 500 g (Vielfachem der Erdbeschleunigung) in einer Zentrifuge. 9,5 ml des Überstandes werden verworfen und das Pellet im verbliebenen halben Milliliter resuspendiert.

Wie untersucht man das Urinsediment?

Davon gibt man einen Tropfen auf einen Objektträger, um ihn unter einem Mikroskop untersuchen zu können. Da die Partikel in der Regel keine Eigenfarbe aufweisen, muss man sie mit speziellen Verfahren wie Phasenkontrast oder Dunkelfeld sichtbar machen.

Will man die Zellen und sonstigen Partikel quantifizieren, geschieht das auf einem speziellen Objektträger, einer Zählkammer. Hier ist der zentrale Teil mit feinen Linien versehen, die Quadrate ausbilden. Stege des Objektträgers sorgen dafür, dass das Deckglas in einer bestimmten Höhe über dem Glas liegt. Daher kann man das Volumen über einem solchen Zählquadrat genau bestimmen. Man zählt die Partikel in mehreren Quadraten aus und bildet einen Mittelwert, den man als Angabe für den jeweiligen Parameter des Urinstatus angibt.

Neben einer einfachen mikroskopischen Phasenkontrastuntersuchung und Auszählung nimmt man vielfach zusätzlich eine Anfärbung vor, mit der sich Bakterien und Zellen besser sichtbar machen und beurteilen lassen. Für Bakterien verwendet man die Gram-Färbung, für Blutzellen die Giemsa-Färbung, wie man sie auch im Blutausstrich zum Anfärben der Erythrozyten und Leukozyten verwendet. Diese Färbemethoden erlauben sowohl eine mikrobiologische als auch eine zytologische Beurteilung des Urinsediments.

Welche Partikel lassen sich im Urinsediment finden?

Bakterien sind mit Vorsicht zu beurteilen und nicht immer sofort ein Hinweis auf eine bakterielle Infektion der Harnorgane. Man verwendet normalerweise Mittelstrahlurin, um möglichst wenige Bakterien von der Hautoberfläche und vorderen Harnröhre in der Probe zu haben. Trotzdem können sich eingebrachte Bakterien in Windeseile vermehren und zu einem falschpositiven Befund führen. Besonders bei zu langen Transportwegen und unsachgemäßer, zu warmer Lagerung kommt das vor.

Daher müssen Bakterien grundsätzlich mit anderen Parametern zusammen betrachtet werden. Eine Infektion liegt mit Sicherheit vor, wenn sich neben den Mikroorganismen auch Leukozyten finden.

Parasiten spielen in Europa bei der Untersuchung von Urinsediment kaum eine Rolle. In tropischen Ländern sind hier vor allem Rundwürmer und ihre Eier (Madenwürmer), Plattwürmer (Schistosoma) und Protozoen (Trichomonaden) von Interesse.

Blutzellen tauchen vereinzelt im Urin auf, haben dort aber in größeren Mengen nichts zu suchen. Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) sind ein Hinweis auf Blut im Urin (Hämaturie) und treten bei Entzündungen von Harnblase (Cystitis) und Vorsteherdrüse (Prostatitis) auf. Bei Infektionen findet man neben Bakterien weiße Blutkörperchen (Leukozyten), vor allem neutrophile Granulozyten.

Gewebe haben im Urin nichts zu suchen und sind immer deutliche Anzeichen einer Erkrankung. Eine Ausnahme machen Plattenepithelien, die die Harnwege auskleiden und als flache Zellen mit kleinem Zellkern erkennbar sind. Sie sind ein Hinweis auf eine nicht fachgerechte Urinsammlung. Dagegen finden sich Rundepithelzellen nur, wenn die Nieren nachhaltig geschädigt sind. Bei einem Nierenzellkarzinom (Hypernephrom) werden ganze Tubulusstücke aus der Niere ausgeschwemmt und erscheinen im Urinsediment.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Sabine Althof, Joachim Kindler: Das Harnsediment: Atlas – Untersuchungstechnik – Beurteilung. 7. Auflage. Stuttgart 2005: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3135324079.