Kann ein Schrittmacher gegen Bluthochdruck helfen?

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Neue Hoffnung für Patienten mit Hypertonie: Schrittmacher gegen Bluthochdruck

Etliche Patienten mit Bluthochdruck sprechen auf die übliche medikamentöse Therapie nicht an oder leiden an erheblichen Nebenwirkungen.

Für diese gibt es die Möglichkeit, den Blutdruck mittels eines speziellen Schrittmachers zu senken.

Das Gerät wird wie ein Schrittmacher in die Haut unter dem Schlüsselbein eingesetzt und sorgt mit elektrischen Pulsen an der Halsschlagader für eine Senkung des Blutdrucks.

Schrittmacher gegen Bluthochdruck

Wie kann der Schrittmacher bei Bluthochdruck helfen

Wir zeigen Ihnen, was dahintersteckt, wie ein solcher Schrittmacher gegen Bluthochdruck funktioniert und wie man ihn implantiert.

Wie wird der Blutdruck überhaupt reguliert?

Der Blutdruck unterliegt natürlichen Schwankungen und passt sich jederzeit den körperlichen Erfordernissen an. Die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol sorgen in Gefahrensituationen dafür, dass der Sympathikus des vegetativen Nervensystems den Körper zu Höchstleistungen antreibt. Atemfrequenz, Herzschlag und Blutdruck steigen an, um eine Flucht zu ermöglichen. Ist der Stress vorüber, sorgt der Gegenspieler Parasympathikus dafür, dass Herz und Lunge wieder normal arbeiten und der Blutdruck auf übliche Werte sinkt. In solchen Ruhephasen kann sich der Körper um Verdauung und Schlaf kümmern.

Speziell den Blutdruck regulieren drei Faktoren:

  • die Schlagfrequenz und Pumpkraft des Herzens inklusive Erregungsbildung und Reizleitung, somit seine Pumpleistung,
  • die Weite der Blutgefäße,
  • das gesamte Blutvolumen.

Genau hier greifen Medikamente gegen Bluthochdruck ein: Sie beruhigen das Herz, stellen die Gefäße weit und/oder senken die Blutmenge durch die vermehrte Ausscheidung von Flüssigkeit über die Nieren.

Dauerhafter Stress sorgt dafür, dass der Blutdruck kontinuierlich zu hoch bleibt und nicht mehr auf Normalwerte absinkt.

Schrittmacher gegen Bluthochdruck – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Eine Einstellung des Blutdruck erfolgt über Herzaktivität, Weite der Blutgefäße und Blutvolumen. Wie diese zu erfolgen hat, ist Sache des vegetativen Nervensystems.
  2. Für eine solche Regulation notwendige Informationen erhält das Gehirn über spezielle Druckrezeptoren, die an den Halsschlagadern sitzen.
  3. Der sogenannte Barorezeptorreflex sorgt dafür, dass eine Reizung dieser Druckrezeptoren das vegetative Nervensystem zu einer Blutdrucksenkung veranlasst.
  4. Diesen Reflex macht sich ein Schrittmachersystem zunutze, das elektrische Impulse an Elektroden an den Halsschlagadern sendet.
  5. Ein solcher Schrittmacher gegen Bluthochdruck ist mittlerweile ein kleines Gerät und eignet sich für Patienten, deren Blutdruck auf eine medikamentöse Therapie nicht anspricht.

 

Schrittmacher gegen Bluthochdruck: Druckrezeptoren messen den Blutdruck

Damit der Körper weiß, wie es um seinen aktuellen Blutdruck bestellt ist, muss er ihn kontinuierlich messen. Das Gehirn entscheidet dann anhand dieser internen Blutdruckmessung, wie die drei genannten Regulatoren zu beeinflussen sind.

Die Messstationen bezeichnet man als Barorezeptoren („Druckmesser“). Diese sitzen im Aortenbogen der aufsteigenden Brustschlagader (Aorta ascendens) und im Carotissinus (Sinus caroticus). Bei letzterem handelt es sich um Ausweitungen der Halschlagadern (Arteriae carotis internae), die zu beiden Seiten des Halses sitzen und den Kopf mit Blut versorgen.

Die Druckmesser registrieren den aktuellen Blutdruck und leiten die Messergebnisse über den neunten Hirnnerven (Nervus glossopharyngeus) an das Blutdruckzentrum im verlängerten Rückenmark (Medulla oblongata) des Gehirns weiter.

Ein zu hoher Blutdruck verschiebt die Aktivität des vegetativen Nervensystem in Richtung Parasympathikus. Dabei handelt es sich um einen willentlich nicht beeinflussbaren Nervenreflex, den Barorezeptorreflex.

Schrittmacher gegen Bluthochdruck: Das Konzept

Diese Barorezeptoren sind sehr empfindlich. Häufig ist die Halsschlagader von einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose) betroffen. Das beeinflusst die Messfühler, die dann schon bei geringer Druckbelastung von außen wie durch Krawatten, enge Hemdkragen oder einfache Kopfbewegungen ein Carotissinussyndrom hervorrufen. Dieses äußert sich in einem verminderten Herzschlag (Bradykardie) und abfallendem Blutdruck (Hypotonie), sodass der Patient ohnmächtig werden kann.

Ebenso hat man bei Operationen an der Halsschlagader oftmals festgestellt, dass ein zuvor hoher Blutdruck auf normale Werte absank.

Daher kam man auf die Idee, sich diese Barorezeptoren bei Bluthochdruckpatienten zunutze zu machen, bei denen alle Therapien versagt haben. Dazu verwendet man einen Schrittmacher, ähnlich einem Herzschrittmacher, der mittels elektrischer Impulse die Barorezeptoren reizt (Barorezeptorstimulation, Barorezeptor-Aktivierungstherapie). Das löst den unvermeidlichen Barorezeptorreflex aus und gaukelt dem Gehirn einen zu hohen Blutdruck vor, den das vegetative Nervensystem herabsetzen muss.

Schrittmacher gegen Bluthochdruck: Was geschieht bei der Operation?

Als Schrittmacher gegen Bluthochdruck gibt es mittlerweile ausgefeilte, implantierbare Geräte wie beim Herzschrittmacher. Auch der Blutdruckschrittmacher besteht aus Elektroden, die von einem Steuergerät elektrische Impulse erhalten und diese an das umliegende Gewebe weiterleiten.

Zur Implantation erhält der Patient eine Vollnarkose. Danach werden die beiden Elektroden des Schrittmachers um die beiden Halsschlagadern gelegt. Eine Eröffnung der Schlagadern ist dafür nicht notwendig, sodass die Implantation einen nur kleinen Eingriff darstellt.

Da die genaue Lage der Barorezeptoren schwankt, muss der Chirurg mit Probeimpulsen austesten, an welcher Stelle die Elektroden den besten Effekt haben. Dort werden die Elektroden fest vernäht.

Für das Steuergerät eröffnet der Chirurg eine kleine Hauttasche unterhalb des Schlüsselbeins, genau wie bei einem Herzschrittmacher. Dort setzt er das Gerät ein, verbindet es mit den unter die Haut verlegten Elektroden und näht die Tasche zu. Insgesamt dauert eine solche Operation etwa eine Stunde, der Aufenthalt im Krankenhaus wenige Tage.

Vor der Inbetriebnahme des Schrittmachers muss das Gewebe um die Elektroden erst verheilen, sonst würden die elektrischen Impulse die Wundheilung beeinträchtigen. Daher schaltet man das Gerät erst nach zwei oder drei Wochen ein. Das geschieht durch die Haut hindurch mit Funksignalen. Für jeden Patienten lassen sich Stärke, Dauer und Frequenz der stimulierenden Impulse individuell und unabhängig voneinander einstellen.

Was bringt ein Herzschrittmacher gegen Bluthochdruck?

Einen Schrittmacher gegen Bluthochdruck setzen Ärzte nur ein, wenn ein Patient auf die üblichen Medikamente nicht anspricht. Viele davon haben bereits vier oder fünf verschiedene Blutdrucksenker bekommen, ohne dass sich damit ein ausreichender Effekt hätte erzielen lassen.

Gänzlich ersetzen kann ein Schrittmacher gegen Bluthochdruck diese Medikation nicht, aber er hilft die Anzahl und Dosis der Medikamente deutlich zu reduzieren. Die Ansprechraten der Patienten liegen immerhin bei fast 90 Prozent. So lassen sich Folgeschäden wie Gefäß- und Nierenschädigungen vermeiden und in begrenztem Umfang sogar rückgängig machen.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  1. www.barostimtherapy.com/de/patient/patient-high-blood-pressure-management-view
  2. Schrittmacher senkt bei schwerer Hyperonie den Blutdruck. Ärzte-Zeitung vom 21.08.2008. Link>>.
  3. Philipp Grätzel von Grätz: Gut gegen Bluthochdruck. Ärzte-Zeitung vom 02.05.2019. Link>>.
  4. Siegfried Eckert: Schrittmacher gegen Bluthochdruck – Therapie der Zukunft? Deutsche Hochdruckliga e.V. (DHL), Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention. Link>>.
  5. Lovic D, Manolis AJ, Lovic B, Stojanov V, Lovic M, Pittaras A, Jakovljevic B: The pathophysiological basis of carotid baroreceptor stimulation for the treatment of resistant hypertension. Curr Vasc Pharmacol. 2019 Jan;12(1):16-22. Review.
  6. Werner T, Lebar L, Wittmann S, Keyser A, Fischer M, Schmidli J, Graf BM, Zausig YA: Anästhesiologisches Management bei Implantation von Barorezeptorstimulatoren. Anaesthesist. 2019 Sep;64(9):683-8. doi: 10.1007/s00101-015-0061-3. Review.
  7. Doumas M, Faselis C, Kokkinos P, Anyfanti P, Tsioufis C, Papademetriou V: Carotid baroreceptor stimulation: a promising approach for the management of resistant hypertension and heart failure. Curr Vasc Pharmacol. 2019 Jan;12(1):30-7. Review.