Persistierendes Foramen ovale

Dieser Artikel ist nach aktuellem wissenschaftlichen Stand, ärztlicher Fachliteratur und medizinischen Leitlinien verfasst und von Medizinern geprüft. → Quellen anschauen

Persistierendes Foramen ovale – Definition, Symptome und Verlauf

Als persistierendes Foramen ovale bezeichnet man das Fortbestehen einer für den Embryo lebenswichtigen Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens.

Diese ist für die Blutversorgung über den mütterlichen Kreislauf notwendig und verschließt nach der Geburt.

Eine solche kleine Öffnung ist selten mit Beschwerden verbunden und wird oft nur zufällig diagnostiziert.

Herzmuskelschwäche
Unser Herz – Herzmuskelschwäche- die Herzinsuffizienz, , Bigstockphoto

Allerdings kann diese zur Bildung von Blutgerinnseln beitragen, die Blutgefäße verstopfen und Schlaganfälle auslösen können. Gerade bei jüngeren Schlaganfallpatienten ist ein persistierendes Foramen ovale häufig die Ursache. Zudem wird ein Zusammenhang mit Migräne diskutiert.

Was ist ein persistierendes Foramen ovale? – Definition

Das Foramen ovale (lateinisch ovales Loch) ist eine Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens eines ungeborenen Kindes. Anatomisch korrekt liegen hier eigentlich zwei Öffnungen in zwei verschiedenen Septen vor, dem Septum primum auf der linken Herzseite und dem Septum secundum auf der rechten Seite. Im Septum primum heißt der Durchgang Ostium primum, das später durch das Ostium secundum ersetzt wird. Bei der Öffnung im Septum secundum handelt es sich um das Foramen ovale.

Foramen ovale und Ostium primum/secundum sind leicht gegeneinander versetzt, sodass sie gemeinsam eine schlitzförmige Öffnung in den beiden Septen bilden.

Diese Öffnung ist notwendig, damit der mütterliche Kreislauf den des Kindes mitversorgen kann. Sauerstoff und Nährstoffe bekommt der Emybryo von seiner Mutter über den Mutterkuchen (Plazenta), solange seine Atemwege und der Magen-Darm-Trakt noch nicht funktionieren.

Das Foramen ovale sorgt dafür, dass das von der Plazenta kommende Blut vom rechten direkt in den linken Vorhof fließt (Links-Rechts-Shunt). Von dort aus gelangt das Blut über ein nur beim Ungeborenen vorhandenes Gefäß, den Ductus arteriosus Botalli und die Hauptschlagader (Aorta) in den Körperkreislauf. Auf diese Weise umgeht das Blut die linke Haupttkammer des Herzens und den bereits angelegten Lungenkreislauf. Beide werden erst notwendig, wenn sich die Lungen entfalten und das Kind seine Sauerstoffversorgung selbst übernimmt.

Sobald die Lungen mit dem ersten Schrei nach der Geburt ihre Funktion übernehmen, erhöht der eingeschaltete Lungenkreislauf den Druck im linken Vorhof. Das drückt die beiden Vorhofsepten zusammen. Beide Septen verwachsen daraufhin zum gemeinsamen Vorhofsseptum (Septum interatriale) und verschließen das Foramen ovale normalerweise innerhalb weniger Tage oder Wochen.

Ist die Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen gerschlossen, fließt das Blut vom linken Vorhof in die linke Hauptkammer und von dort über die Lungenarterie in die Lunge. Dort wird es mit Sauerstoff angereichert und von der rechten Hälfte des Herzens in Hauptschlagader und Körperkreislauf gepumpt.

Dieser Verschluss erfolgt nicht bei allen Menschen vollständig. Man geht davon aus, dass bei bis zu einem Viertel der Kinder das Foramen ovale in Form einer kleinen Öffnung bestehen bleibt. Medizinisch bezeichnet man diese meist nur wenige Millimeter große Öffnung als persistierendes (bestehenbleibendes) Foramen ovale (PFO). Mädchen sind etwa doppelt so oft davon betroffen wie Jungen.

Persistierendes Foramen ovale – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Als persistierendes Foramen ovale bezeichnet man das Fortbestehen einer Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens, die sich normalerweise nach der Geburt schließt. Vorher ist sie für die Blutversorgung des Kindes über den mütterlichen Kreislauf notwendig.
  2. Bei rund einem Viertel der Bevölkerung erfolgt dieser Verschluss nicht. Er führt normalerweise nicht zu Beschwerden und wird daher meistens nur zufällig festgestellt. Eine Behandlung ist in der Regel nicht notwendig.
  3. Ein persistierendes Foramen ovale kann zu paradoxen Embolien beitragen, bei der Blutgerinnsel – anders herum als üblich – vom venösen in den arteriellen Kreislauf übergehen. Solche Blutgerinnsel führen zu Verstopfungen von Blutgefäßen etwa in Form von Schlaganfällen.
  4. Bei Zustand nach Schlaganfall wird mittlerweile von einem operativen Verschluss zur Prophylaxe weiterer Schlaganfälle abgeraten.
  5. Studien zufolge liegt ein persistierendes Foramen ovale bei den meisten Migränepatienten mit Aura vor.

 

Persistierendes Foramen ovale: Formen der Erkrankung

Das persistierende Foramen ovale kann unterschiedlich groß ausfallen. In der Regel liegt sein Durchmesser weit unter einem Zentimeter.

In einigen Fällen geht das persistierende Foramen ovale mit anderen angeborenen Herzfehlern einher. Die häufigsten sind ein Loch in der Scheidewand der Hauptkammern (Ventrikelseptumdefekt, VSD) und die Fallotsche Tetralogie, bei der vier Herzfehler gemeinsam vorliegen. Kommt ein offenes Foramen ovale hinzu, bezeichnet man das als Fallotsche Pentalogie.

Nur wenn ein persistierendes Foramen ovale zusammen mit anderen Herzfehlern auftritt, ist eine operative Behebung notwendig.

Ein persistierendes Foramen ovale zählt zu den Vorhofseptumdefekten (Atriumseptumdefekten, ASD). Seltener ist der Ostium secundum-Defekt (ASD II), gefolgt vom Ostium primum-Defekt (ASD I) und dem sehr seltenen Sinus venosus-Defekt (SVD). Sie haben eine andere Entstehungsursache und andere Lage an der Vorhofscheidewand. Diese Defekte führen zu wesentlich stärkeren Beschwerden und müssen oft operativ behandelt werden.

Persistierendes Foramen ovale: Symptome

In den meisten Fällen führt ein persistierendes Foramen ovale zu keinen Beschwerden. Daher bleibt es oft unerkannt und stellt sich bestenfalls bei Routineuntersuchungen als Zufallsbefund heraus.

Ist die Öffnung relativ groß, kann es durch die vermehrte Durchblutung der Lunge zu einer verstärkten Anfälligkeit gegenüber Infekten der Atemwege kommen. Zudem sind die Patienten körperlich wenig belastbar und sind schnell außer Atem (Belastungs-Dyspnoe).

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind Anzeichen einer unzureichenden Herztätigkeit (Herzinsuffizienz) selten. Diese äußert sich in Atemnot (Dyspnoe), Störungen des Wachstums und einer vergrößerten Leber (Hepatomegalie). Meistens treten solche Symptome erst in fortgeschrittenem Alter auf.

Diese Symptome sind bei einem echten PFO selten und eher auf einen relativ häufigen Ostium secundum-Defekt zurückzuführen.

Einen bis heute nicht vollständigen Zusammenhang gibt es zwischen PFO und einer Migräne mit Aura. Nach Untersuchungen weisen etwa dreiviertel aller Migränepatienten diesen Herzfehler auf. In den meisten Fällen führt ein Verschluss der Öffnung zum Verschwinden der Symptome.

Persistierendes Foramen ovale: Verlauf

Auch wenn ein persistierendes Foramen ovale sonst kein gesundheitliches Problem darstellt, kann es Schlaganfälle begünstigen. Bilden sich in den tiefen Beinvenen Blutgerinnsel (Emboli) und werden mit dem Blut fortgeschwemmt, gelangen diese durch das PFO in die linke Herzhälfte und damit in den Körperkreislauf. Diesen Vorgang bezeichnet man als paradoxe Embolie, da das Blutgerinnsel ungewöhnlicherweise aus einem venösen in ein arterielles Gefäß gelangt. Bei einer ’normalen‘ Embolie ist es genau umgekehrt.

Besonders erhöht ist das Risiko einer solchen paradoxen Embolie, wenn nicht nur ein persistierendes Foramen ovale, sondern zusätzlich auch noch ein Aneurysma des Vorhofseptums vorliegt. Eine solche Kombination erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Übertritts von kleinen Blutgerinnseln in den linken Vorhof und damit in den Körperkreislauf.

Falls ein solches Blutgerinnsel im Gehirn Gefäße verstopft, führt das zu einem Schlaganfall (Apoplex). Vor allem bei jungen Schlaganfallpatienten stehen Mediziner oft vor einem Rätsel. In vielen Fällen ist das persistierende Foramen ovale des Patienten die einzig plausible Erklärung.

In vielen Fällen empfehlen Ärzte bei Patienten, die ein persistierendes Foramen ovale aufweisen und bereits einen Schlaganfall hatten, einen operativen Verschluss der Öffnung. Mittlerweile raten die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und andere Fachgesellschaften von diesem Vorgehen ab. Studien haben gezeigt, dass eine solche nicht gerade risikofreie Operation keineswegs vor weiteren Schlaganfällen schützt und andererseits das erneute Schlaganfallrisiko mit 1,3 Prozent nur sehr gering ist.

Literatur, Quellen und weiterführende Links

  1. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK): ESC Pocket Guidelines: Leitlinien für die Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern. PDF>>.
  2. Klaus Volquart Hinrichsen: Humanembryologie. Lehrbuch und Atlas der vorgeburtlichen Entwicklung des Menschen. 1. Auflage, Nachdruck. Stuttgart 1991: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540189831.
  3. Alfred Benninghoff, Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen. Band 2: Herz-Kreislauf-System, Lymphatisches System, Endokrine Drüsen, Nervensystem, Sinnesorgane, Haut. 16. Auflage. München 2004: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437423509.
  4. Erich Blechschmidt: Ontogenese des Menschen: Kinetische Anatomie. München 2019: Kiener-Verlag. ISBN-10: 3943324036.
  5. Keith Moore (Hrsg.), T.V.N. Persaud (Hrsg.), Mark G. Torchia (Hrsg.), Christoph Viebahn (Hrsg.): Embryologie: Entwicklungsstadien – Frühentwicklung – Organogenese – Klinik. 6. Auflage. München 2019: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437411136.
  6. Jürgen Apitz (Hrsg.): Pädiatrische Kardiologie: Erkrankungen des Herzens bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Heranwachsenden. 2. Auflage. Darmstadt 2002: Steinkopff-Verlag. ISBN-10: 3798513228.
  7. Kostolny M., Mazzitelli D., Lange R.: Chirurgische Therapie der Fallotschen Tetralogie/Pulmonalatresie mit VSD. In: Andreas Barankay, Hans-Peter Lorenz (Hrsg.): Interdisziplinäre Versorgung angeborener Herzfehler. Balingen 2002: Spitta Verlag. ISBN-10: 3934211291