Periphere arterielle Verschlusskrankheit Symptome, Diagnose, Behandlung (akute pAVK)

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Dauerhafte Durchblutungsstörung in den Beinen und Armen

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit zeichnet sich durch ischämische Schmerzen der Beine aus und wird auch als Schaufensterkrankheit bezeichnet. Betroffene versuchen häufig, ihre Symptome zu überspielen, indem sie Schaufenster betrachten und währenddessen die schmerzenden Beine auszuruhen. Die Erkrankung sollte so früh wie möglich behandelt werden, um starke Beschwerden, offene Wunden oder im schlimmsten Fall einen Verlust des Beins zu vermeiden.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit
Operation der Periphere arterielle Verschlusskrankheit – Copyright: evgeny atamanenko, bigstockphoto

  

 

Periphere arterielle Verschlusskrankheit

Die Beine schmerzen, Laufen und Treppensteigen fallen schwer. Vor allem Männer und vor allem Raucher kennen das zur Genüge. Ursache ist die Schaufensterkrankheit», medizinisch periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) genannt. Eine Verengung der Gefäße infolge Arterienverkalkung führt zu Einschränkungen in der Durchblutung der Extremitäten. Schlimmstenfalls wird aus der Verengung ein vollständiger Gefäßverschluss. Wird dieser nicht rechtzeitig gehandelt, droht eine Amputation.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit zeichnet sich durch eine Gefäßverengung aus, die vor allem in den Beinen auftritt. Diese Veränderungen entstehen meistens durch eine Arteriosklerose. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung leiden unter einer symptomatischen Form der Erkrankung.
Je nachdem, an welcher Stelle in den Beinarterien die Engstellen zu finden sind, teilt man die Erkrankung in unterschiedliche Formen ein:

  •  Beckentyp: Die Stenosen befinden sich in der Aorta oder der Arteria iliaca. Schmerzen treten vor allem im Gesäß und im Oberschenkel auf.
  •  Oberschenkeltyp: Die Stenosen befinden sich in der Arteria femoralis oder der Arteria poplitea. Schmerzen treten meist in der Wade auf.
  •  Peripherer Typ: Die Stenosen sitzen in den Unterschenkel- oder Fußarterien. Beschwerden sind meist in den Füßen lokalisiert.
Periphere arterielle Verschlusskrankheit
Operation der Periphere arterielle Verschlusskrankheit – Copyright: evgeny atamanenko, bigstockphoto

 

Periphere arterielle Verschlusskrankheit Definition und Ursachen

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, englisch peripheral artery occlusive disease, PAOD) ist ein Krankheitsbild, das durch fortschreitende Gefäßverengung (Stenosierung) bis hin zum vollständigen Gefäßverschluss (Okkludierung) zustande kommt. In über 90 % der Fälle ist dies die Folge einer Gefäßverengung (Arteriosklerose).
Peripher besagt, dass diese Verschlüsse in den Extremitäten, also Armen oder Beinen auftreten. In der Regel sind die Beine betroffen. Die lateinische Bezeichnung der Schaufensterkrankheit, «Claudatio intermittens», setzt sich zusammen aus „Hinken“ und „unterbrechend“, da Patienten aufgrund von Schmerzen immer wieder stehenbleiben müssen.
Symptome treten nur in etwa einem Drittel der Fälle auf, die übrigen bleiben symptomfrei.

Eine akute pAVK liegt vor, wenn ein Blutgerinnsel einen vollständigen Gefäßverschluss (Embolie) verursacht. Dadurch können die dahinter gelegenen Bereiche nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Risikofaktoren

Bei der Entwicklung einer pAVK spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:

  • Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko. Etwa 20 % der Bevölkerung über 65 Jahre sind von Beinstenosen betroffen.
  • Raucher leiden dreimal häufiger an pAVK als Nichtraucher.
  • Männer erkranken rund viermal öfter als Frauen.
  • Weitere Risikofaktoren sind
  • Hypertonie (hoher Blutdruck)
  • Hypercholesterinämie» (hoher Cholesterinspiegel)
  • Diabetes mellitus (erhöhter Blutzucker).

Periphere arterielle Verschlusskrankheit Symptome

Solange der Gefäßverschluss noch nicht vollständig ist, spricht man von einer «chronischen pAVK». Die Anfangsstadien sind beschwerdefrei («asymptomatische pAVK»). Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung treten «Schmerzen» durch mangelnde Sauerstoff- und Nährstoffversorgung auf, vor allem an der Wade, aber auch an Gesäß, Oberschenkel oder Fuß.
Unterbleibt eine rechtzeitige Therapie, werden diese Schmerzen zusehends heftiger. Die Durchblutung geht so weit zurück, dass Gewebe an Knöchel und Ferse, vor allem aber die Zehen absterben, sodass eine Amputation unumgänglich ist.

Eine «akute pAVK» mit vollständigem Gefäßverschluss lässt sich an sechs typischen Symptomen, den «sechs Ps» erkennen:

  1. Schmerzen (Pain).» Es tritt ein plötzlicher, sehr heftiger Schmerz auf.
  2. Pulsverlust (Pulselessness).» Im betroffenen Bereich ist kein Puls mehr fühlbar.
  3. Bleichheit (Paleness).» Da die Durchblutung unterbrochen ist, wird das Gewebe mangels Sauerstoff bläulich-bleich.
  4. Lähmung (Paralysis).» Die Muskeln bekommen keinen Sauerstoff und funktionieren nicht mehr.
  5. Empfindlichkeitsstörung (Paresthesia).» Die sensorische Empfindlichkeit nimmt ab, es herrscht Taubheitsgefühl.
  6. Schock (Prostration).» Der Patient kann durch die plötzlichen akuten Schmerzen in einen Schockzustand verfallen.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadieneinteilung

Man kann die periphere arterielle Verschlusskrankheit nach Fontaine-Ratschow in vier Stadien einteilen, je nachdem, wann die Beschwerden auftreten und wie diese ausgeprägt sind:

  • Stadium I: Es liegen Engstellen in den Arterien vor, diese lösen jedoch keine Beschwerden aus.
  • Stadium II: Unter körperlicher Belastung, zum Beispiel längerem Laufen, treten Beschwerden auf, die nach Ausruhen wieder besser werden. Man bezeichnet dies als Claudicatio intermittens. Je nach Gehstrecke, die zurückgelegt werden kann, bevor die Beschwerden beginnen, unterscheidet man nochmals zwischen

o Stadium IIa: schmerzfreie Gehstrecke über 200 Meter
o Stadium IIb: Schmerzfreie Gehstrecke unter 200 Meter

  • Stadium III: Bereits in Ruhe treten Schmerzen in den Beinen auf, die durch eine Minderdurchblutung bedingt sind.
  • Stadium IV: Zusätzlich zu den Schmerzen bestehen Nekrosen, offene Wunden oder Ulcera an der betroffenen Extremität.

Geschwüre können bereits in niedrigen Stadien auftreten. Dann sind die Behandlungschancen noch am besten, da der Gefäßverschluss noch nicht weit fortgeschritten ist. Die Schmerzen können so stark werden, dass eine Behandlung mit Morphinen notwendig wird.
Die offenen Stellen eines Ulcus cruris können sich schnell bakteriell entzünden. Bei fortgeschrittenen Nekrosen und Gangrän muss das Bein abgenommen werden. «Konkrete Amputationsgefahr» ist bereits ab dem Stadium III gegeben.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Diagnostik

Hausarzt und erste Untersuchungen.

Wenn Sie mit Beinschmerzen, Hautläsionen oder gar einem Beingeschwür bei Ihren Hautarzt erscheinen, wird dieser als Allererstes feststellen, ob die Fußpulse noch fühlbar sind (Palpation). Dabei tastet er nach dem Puls der Arteria dorsalis pedis auf dem Fußrücken und der Arteria tibialis posterior zwischen Innenknöchel und Achillessehne. Des weiteren prüft er Ihr Bein auf erniedrigte Temperatur, blasse Farbe und Sensibilitätsstörungen. Mittels eines Stethoskops horcht er distal von der Stenose auf Shunt-Geräusch (Auskultation). Im Blutbild lässt sich feststellen, ob Blutzucker und Blutfette, Nierenwerte und Blutgerinnung nicht der Norm entsprechen.

Spezialuntersuchungen beim Angiologen.

Bei Verdacht auf pAVK überweist Ihr Hausarzt Sie an einem Gefäßspezialisten (Angiologen). Der kann eine Reihe weiterer Untersuchungen durchführen.
Bei der Dopplerdruckmessung wird mittels Ultraschall der Blutdruck in den Gefäßen am Handgelenk mit denen am Knöchel verglichen, um Unterschiede diagnostizieren zu können.
Mittels der «Duplexsonographie» lassen sich Richtung und Fließgeschwindigkeit des Blutes in einem Gefäß darstellen und Veränderungen in der Weite von Gefäßen nachweisen.
Bei einer «Angiographie» wird eine kontrastmittelgestützte Röntgenuntersuchung durchgeführt. Durch das Kontrastmittel können die Gefäßweite bestimmt und Gefäßverschlüsse festgestellt werden. Gegebenenfalls kann während einer Angiographie das verschlossene Gefäß mittels eines Katheders wieder geöffnet werden. Spezielle Angiographien sind die CT-Angiographie (CTA) und die Magnetresonanz-Angiographie (MRA).

 

Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Behandlung

– Wichtig ist allem eine «Reduktion der Risikofaktoren» (Rauchen, Hypercholesterinämie, Hypertonie).
– Zu Beginn einer pAVK wird man versuchen, die Durchblutung mittels geeigneter «Medikamente» (Aspirin, Prostanoide) wieder in Gang zu bringen. Leider ist das nur bis zu einem gewissen Grad möglich, sodass die Durchblutung relativ frühzeitig operativ sichergestellt werden muss.
– Ist ein Gefäß akut verengt, kann es mittels eines Stents geöffnet werden («perkutane transluminale Angioplastie, PTA»).
– Bei der «Thrombendarteriektomie (TEA)» wird der Thrombus zusammen mit dem Endothel des Gefäßes operativ entfernt.
– Die bekannte «Bypassoperation» umgeht die Stenose mithilfe eines körpereigenen oder künstlichen Blutgefäßes.

«Eine rechtzeitige Behandlung ist vor allem bei einem akuten Gefäßverschluss unumgänglich.»

Kann ein Arzt das verschlossene Gefäß innerhalb von sechs Stunden öffnen und die Blutzufuhr wieder hergestellen, kann das Bein in fast allen Fällen gerettet werden. Nach zwölf Stunden ist das nur noch bei der Hälfte möglich.

Die Gefäßöffnung erfolgt durch eine Auflösung des Thrombus mithilfe spezieller Medikamente («Fibrinolyse»), Absaugen des Thrombus unter örtlicher Betäubung («perkutane Thrombektomie») oder «Operation» unter Vollnarkose.

Verschiedene Ursachen der periphere arterielle Verschlusskrankheit

 

Ursache für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit: Arteriosklerose

Die Ursache für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine Verengung in den Beingefäßen, die ähnlich wie eine koronare Herzkrankheit durch Areriosklerose entsteht. Dabei kommt es zur Einlagerung von Blutfetten in die Gefäßwände, die zu Stenosen führen. Die typischen Risikofaktoren für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit sind Nikotinkonsum, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen. Selten können auch andere Ursachen wie chronische, entzündliche Gefäßerkrankungen eine Rolle spielen.

 

Diagnosestellung durch körperliche Untersuchung und Bildgebung

Zur Diagnostik wird bei entsprechender Beschreibung der typischen Beschwerden zunächst eine ausführliche körperliche Untersuchung durchgeführt. Es wird nach Hautfarbe und -temperatur geschaut, sämtliche Pulse an den Beinen getastet und nach eventuellen Verletzungen, offenen Wunden oder Nekrosen gesucht.
Eine einfache Untersuchung ist zudem die ABI-Messung (Ankle-Brachialis-Index oder Knöchel-Arm-Index). Dabei wird an beiden Oberarmen und an beiden Unterschenkeln Blutdruck gemessen und anschließend daraus ein Wert ermittelt, der Aufschluss über Druckunterschiede und somit Hinweise auf Gefäßverengungen gibt.
Weiterhin kann ein Gehtest gemacht werden, meist auf dem Laufband, bei dem geschaut wird, ab welcher Gehstrecke Schmerzen in den Beinen auftreten.

Bei starken Beschwerden, bei denen gegebenenfalls auch eine Intervention in Betracht kommt, steht als bildgebendes Verfahren die MR-Angiographie zu Verfügung. Dabei werden im Rahmen einer MRT-Untersuchung die Gefäße der Beine detailliert dargestellt, sodass man Stenosen genau lokalisieren und auch quantifizieren kann.

 

Periphere arterielle Verschlusskrankheit Behandlung: Gehtraining, Wundpflege, Medikamente

Zu den allgemeinen Therapiemaßnahmen bei Patienten, die eine periphere arterielle Verschlusskrankheit haben, gehört insbesondere in frühen Stadien der Erkrankung ein Gehtraining. Durch ein tägliches Üben sollen sich in den Beinen Kollateralgefäße bilden, die trotz der Engstellen in den großen Gefäßen eine gute Durchblutung der Peripherie ermöglichen. Weiterhin sollte eine gute Hautpflege an den Beinen stattfinden. Wunden sollten gut versorgt, gereinigt und adäquat verbunden werden und auf eine sorgfältige Lagerung der Beine geachtet werden. Oft ist das alleine nicht so leicht möglich, sodass eine professionelle Fußpflege oder Wundpflege in Anspruch genommen werden sollte.

Zur medikamentösen Therapie werden vor allem Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS eingesetzt. Dadurch sollen Gefäßverschlüsse verhindert werden. In fortgeschrittenen Stadien kommt häufig eine Revaskularisation in Frage. Das funktioniert ähnlich wie ein Herzkatheter bei den Koronararterien. Über einen Katheter wird die Engstelle lokalisiert, mit einem Ballon aufgedehnt und anschließend oft mit einer Gefäßstütze, einem Stent, geschient.

Bei sehr ausgeprägten Gefäßverengungen muss teilweise auch operiert werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Gefäße auszuschälen und die Engstellen abzutragen. Außerdem kann, wie auch beim Herzen, eine Bypass-Operation notwendig werden, bei der die durch die periphere arterielle Verschlusskrankheit verengten Gefäße über Umleitungen durch andere Gefäße überbrückt werden.

Ist die Erkrankung so weit fortgeschritten, dass ausgeprägte Nekrosen vorliegen, die Durchblutung des Beins extrem schlecht ist und keine andere Therapie mehr möglich ist, kommt als letzte Option eine Amputation in Betracht.

 

Tipp: Eine Arteriosklerose der Beine kommt selten allein!

Liegt eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, also eine Arteriosklerose der Beingefäße vor, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch andere Gefäße des Körpers betroffen sind. Wichtig zu beachten sind dabei vor allem die koronare Herzkrankheit und die Arteriosklerose der Hirnarterien. Da diese Erkrankungen unbehandelt zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen können, sollte bei Patienten, die eine periphere arterielle Verschlusskrankheit diagnostiziert bekommen, auch an Herz und Halsgefäßen nach Gefäßverengungen gesucht werden.

 

Prognose: Herz und Hals entscheidender als Beine

Insbesondere in fortgeschrittenen Stadien der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit hat ein Großteil der Patienten gleichzeitig eine koronare Herzkrankheit. Dies ist für die Prognose sehr viel entscheidender als die Gefäßverengung der Beine. Die Haupttodesursache für Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ist der Herzinfarkt!

 

Literatur: Gerd Herold, Innere Medizin 2019