Was ist ein Proktologe » Was macht die Proktologie

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Mysterium Facharzt: Wann muss man zum Proktologen und was sind proktologische Untersuchungen

Die Proktologie ist die medizinische Lehre des Enddarmes und seiner Erkrankungen. Der Facharzt, der sich mit diesem Teilgebiet der Medizin befasst, ist ein Proktologe oder umgangssprachlich Darmspezialist.

Bei vielen davon handelt es sich um Koloproktologen, die sich außerdem mit Krankheiten des angrenzenden Grimmdarms (Kolons) besonders gut auskennen.

Facharzt: Proktologe
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Was ist die Proktologie und was macht ein Proktologe – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Die Prokotologie ist die Lehre von den Erkrankungen des Afters, Analkanals und Mastdarmes.
  2. Bei der Koloproktologie kommt der Grimmdarm (Kolon) dazu.
  3. Ein Proktologe ist ein Facharzt, der sich vor allem mit den Krankheiten des Enddarmes beschäftigt.
  4. Neben der klassischen Untersuchung mit dem Finger gehören endoskopische Untersuchungen zum Standardrepertoire der Proktologie.
  5. Die verbreitetsten Krankheiten, die ein Proktologe behandelt, sind Hämorrhoiden, Darmkrebs, Abzesse und Analfissuren.

 

Die Proktologie als medizinisches Fachgebiet

Der Begriff Proktologie stammt aus dem Griechischen, wo πρωκτός (proktós) After oder Steiss und λόγος (lógos) die Lehre von… bedeutet. Diese medizinische Fachrichtung befasst sich mit allen Erkrankungen rund um After, Analkanal und Mastdarm.

In der Koloproktologie kommt der dem Mastdarm vorangehende Grimmdarm (Kolon) hinzu. Letzterer ist der mittlere, der Mastdarm der letzte Abschnitt des Dickdarms.

Sie dient der Diagnose, Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation aller in diesen Körperregionen auftretenden Erkrankungen. Dadurch ist die Proktologie eine fachübergreifende Disziplin und beschäftigt sich mit Aspekten der Gastroenterologie, Chirurgie, Dermatologie und Angiologie.

Proktologen als Vorreiter der modernen Medizin

Proktologische Behandlungsmethoden sind so alt wie die Medizin. Der denkbar einfache natürliche Zugang zum Enddarm über den After ermöglicht seit altersher einen einfachen Weg zu Untersuchungen und therapeutischen Eingriffen.

Was man heute als digitale Untersuchung bezeichnet, hat mit Binärcode und analog nichts zu schaffen, sondern bedeutet wortwörtlich einen Finger (digitus) für die Austastung des Enddarmes zu verwenden.

Für solche Diagnosen verwendeten bereits die Ärzte des alten Ägypten, Griechenlands und Rom den längsten Finger – den Mittelfinger, der seit dieser Zeit als „Stinkefinger“ für zweifelhafte Gemütsbekundungen herhalten muss und von bösen Zungen als Proktologengruß bezeichnet wird..

Schon Hippokrates empfahl, Hämorrhoiden mit den Fingern herauszureißen oder mit glühenden Eisen auszubrennen – Methoden, die sich übers Mittelalter hinaus in Europa gehalten haben.

Solche Foltermethoden gehörten zum Handwerk der Bader und Barbiere, die auf Jahrmärkten öffentlich Gallensteine, marode Zähne und durch Grauen Star trüb gewordene Augenlinsen entfernten. Ein entsprechend zweifelhafter Ruf hing der aufkommenden Chirurgie bis in die Renaissance an.

Das änderte sich mit den Hämorrhoiden des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Diese hatten derartig schmerzhafte Ausmaße angenommen, dass der Herrscher den bekannten Chirurgen Felix de Tassy von der Sorbonne kommen liess. Dieser führte den notwendigen chirurgischen Eingriff durch – ohne Narkose.

Trotz der Strapaze überlebt der König, gesundete und förderte die Chirurgie nach besten Kräften. So wurde aus der Jahrmarktsgaudi erstmals eine ernstzunehmende medizinische Fachrichtung – und ein Grundstein der modernen Medizin.

Zusatz-Weiterbildung Proktologie

Für die Zusatz-Weiterbildung Proktologie sind anerkannte Fachärzte für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie, Kinderchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin, Viszeralchirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie für Urologie zugelassen.

Zur Erlangung der entsprechenden fachlichen Kompetenz muss ein Arzt zwölf Monate Weiterbildungszeit bei einem anerkannten Weiterbilder für Proktologie ableisten. Während dieser Zeit muss er die fachspezifischen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zur Diagnose und Behandlung in der Proktologie erlernen.

Proktologische Untersuchungen und Methoden

Digitale Austastung und Befundung

sind der Klassiker bei der proktologischen Untersuchung. Ein erfahrener Proktologe kann mit einem Finger die ersten zehn Zentimeter Darm ohne viel Aufwand untersuchen und so bereits viele Erkrankungen feststellen.

Spekulumuntersuchungen

erleichtern mitunter diese Vorgehensweise, besonders bei Erkrankungen des Analkanals, der mit Hilfe eines Spekulums gesichtet werden kann.

Endoskopische Verfahren: Proktoskopie und Rektoskopie

Den verlängerten Finger bilden moderne Endoskope, mit denen sich das Innere des Darmes über den Zugang durch den After untersuchen lässt. Glasfaseroptik mit Beleuchtung und Videokamera ermöglichen die Untersuchung der Darmschleimhaut und über spezielle Arbeitskanäle des Endoskops kann man Proben entnehmen oder kleinere Eingriffe mittels miniaturisierter Instrumente durchführen.

Ein weiteres endoskopisches Verfahren im Enddarmbereich ist die Endosonographie, mit deren Hilfe eine Ultraschalluntersuchung mittels eines Sondenkopfes im After möglich ist.

Häufige Krankheitsbilder, die ein Proktologe behandelt

Ein Proktologe beschäftigt sich mit Erkrankungen, Verletzungen, Funktionsstörungen und Formveränderungen des letzten Darmabschnittes.

Verdauungsstörungen: Verstopfung (Obstipation) und Durchfall (Diarrhö)

gehören eher in das verwandte Fachgebiet der Gastroenterologie. In Ausnahmefällen beschäftigt sich ein Proktologe damit, vor allem dann wenn ein Fremdkörper den Afterkanal blockiert oder Durchfall mit frischblutigen Beimengungen versetzt ist. Ist das Blut im Stuhl noch deutlich rot und nicht geronnen, kann es noch nicht so lange unterwegs sein. Dann liegt die Quelle der Blutung oft in den letzten Darmabschnitten, die in den Zuständigkeitsbereich des Proktologen fallen. In solchen Fällen liefert eine Koloskopie den passenden Befund.

Hämorrhoiden

Hämorrhoiden per se sind noch keine Erkrankung – das schwellkörperähnliche Gefäßpolster, das den After umgibt, ist für den dichten Abschluss des darunter gelegenen Ringmuskels unbedingt notwendig. Allerdings können diese Venenpolster krankhaft anschwellen und Juckreiz, Blutungen und Entzündungen verursachen.

Bei einem solchen Hämorrhoidalleiden genügt meist ein konservative Therapie mit Salben und Zäpfchen. Seltener kommt ein Abbinden (Ligatur) oder eine Verödung (Sklerosierung) zum Einsatz, noch seltener operative Verfahren, die nur in sehr schweren Fällen angebracht sind.

Marisken

Marisken sind Hautlappen und -falten außerhalb des Afters, im Volksmund auch als „äußere Hämorrhoiden“ bezeichnet. Sie bereiten selten Probleme und werden nur in Ausnahmefällen operativ beseitigt.

Analthrombosen

Auch Analthrombosen bezeichnet man häufig als „äußere Hämorrhoiden„. Dabei handelt es sich allerdings um Venen, die durch Blutgerinnsel (Thrombosen) verstopfen und anschwellen. Reicht eine Behandlung mit Zäpfchen und Salben wie bei „normalen“ Hämorrhoiden nicht aus, werden sie unter örtlicher Betäubung operativ beseitigt.

Stuhlinkontinenz

bedeutet, dass Ringmuskel des Afters und das umgebenden Gefäßpolster oder die entsprechenden Sensoren nicht mehr richtig funktionieren oder das Stuhlreservoir im Mastdarm nach einer Operation nicht mehr ausreicht. Dadurch treten Darmschleim, Stuhl und Darmwinde unkontrolliert aus und ist der willkürliche, regelrechte Stuhlabgang nicht mehr gewährleistet.

In den meisten Fällen versucht man durch Muskeltraining das Stuhlhaltevermögen zu verbessern und die Ernährung in geeigneter Weise umzustellen. Operative Maßnahmen wie eine Schließmuskelrekonstruktion sind nur selten notwendig.

Fremdkörper im Enddarm

Kotsteine, Gallensteine oder verschluckte Fremdkörper wie Knochen und Knorpel bilden nur einen Teil dessen, was ein Proktologe im Laufe seiner praktischen Arbeit im Darm von Patienten vorfindet. In gleicher Weise werden rektale Verschlüsse durch Drogenpakete oder bei sexuellen Spielchen eingeführte Fremdkörper von der Glühbirne bis zur Colaflasche hervorgerufen.

Führen digitale Austastung oder Auskunftswilligkeit des Patienten nicht zu einem Ergebnis, liefern bildgebende Verfahren wie ein Röntgenbild die Ursache. In einigen Fällen genügt ein Abführmittel, in anderen sind operative Maßnahmen notwendig.

Analabszesse und Analfisteln

Im Analkanal liegen zahlreiche Drüsen, in denen es ähnlich wie bei den Talgdrüsen der Haut zu einer Verstopfung kommen kann. Ergebnis ist eine abgekapselte eitrige Entzündung, ein Abszess, der operativ eröffnet (gespalten) und vollständig entfernt werden muss. Ansonsten füllt er sich alsbald wieder und bilden neuerliche Abszesse oder eine Analfistel aus.

Eine Analfistel ist ein Gang vom Afterkanal in die Umgebung des Afters, der sich mit Eiter füllt. Bei der operativen Beseitigung muss meist der Schließmuskel an der betreffenden Stelle durchtrennt werden, was jedoch nur in seltenen Fällen zu Problemen mit dem Schließmechanismus führt.

Analfissuren

sind Risse in der Schleimhaut des Afterkanals. Besonders bei hartem Stuhlgang und heftigem Bauchpressen bildet sich schnell eine solche Fissur, die aufgrund der höchst unsterilen Umgebung häufig schlecht abheilt und mitunter chronisch verläuft. Dann bezeichnet man das sich ausbildende Geschwür auch als Ulcus. Diese Wunden nässen, jucken und sind sehr schmerzhaft. Am Toilettenpapier zeigt sich frisches, helles Blut.

Auch hier versucht man zunächst das Problem mit Salben, Zäpfchen, Sitzbädern und Ernährungsumstellung zu lösen. Operative Maßnahmen sind nur selten notwendig.

Steißbeinfisteln (Pilonidalsinus)

sind keine Fisteln, sondern Entzündungen von Haut und Unterhaut oberhalb des Steißbeins. Der sich bildende eitrige Abszess muss in jedem Fall operativ vollständig entfernt werden, um ein erneutes Auftreten zu verhindern.

Mastdarmvorfall (Rektumprolaps)

Ständig harter Stuhlgang, Verstopfungen und starkes Drücken kann bei einem geschwächten Halteapparat des Rektums zu einem Herausdrücken des Mastdarmes durch den Analkanal, quasi zu einem Ausstülpen führen. Dieses Phänomen tritt bei Frauen nach mehreren Spontangeburten , Kindern mit chronischen Durchfällen oder Patienten mit verlängertem Sigmadarm (Sigma elongatum) gehäuft auf.

Darmkrebs: Kolonkarzinom, Rektumkarzinom, Analkarzinom

Afterkrebs (Analkarzinom) ist im Vergleich zu Darmkrebs in Form von Kolonkarzinom und Rektumkarzinom selten. Häufig sind Darmpolypen die Vorstufe, aus denen sich eine bösartige Geschwulst entwickeln kann.

In Deutschland ist die Darmkrebsvorsorge ab dem 55. Lebensjahr für alle gesetzlich versicherten Personen vorgesehen.

Wichtig! Rechtzeitige Erkennung von Darmkrebs verbessert die Prognose erheblich! Gehen Sie daher unbedingt zur Darmkrebsvorsorge.

Quellen, Links und weiterführende Literatur