Persistierender Ductus arteriosus – Herzschwäche bei Kindern

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Was ist ein persistierender Ductus arteriosus? Hintergründe, Symptome und Verlauf

Der Ductus arteriosus ist ein völlig normaler Bestandteil des kindlichen Blutkreislaufes, der die Hauptschlagader mit der Lungenarterie verbindet.

Er ist erforderlich, weil in der Gebärmutter die Lunge noch nicht funktionsfähig ist und der Embryo diese noch nicht benötigt. Stattdessen versorgt der mütterliche Blutkreislauf über Plazenta und Nabelschnur den des Kindes mit.

Verschließt sich die Leitungsbahn nicht nach der Geburt, führt das zu gesundheitlichen Problemen.

Herzmuskelschwäche
Unser Herz – Herzmuskelschwäche- die Herzinsuffizienz, , Bigstockphoto

Persistierender Ductus arteriosus: Der kindliche Blutkreislauf

Bein Kind übernimmt der mütterliche Kreislauf die Versorgung mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen. Magen-Darm-Trakt und Lungen funktionieren in der Fruchtblase noch nicht. Daher sind in diesem Entwicklungsstadium einige Umleitungsstrecken notwendig, um die noch nicht entfalteten Lungen zu umgehen.

Sauerstoff- und nährstoffreiches Blut aus der Mutter gelangt über den Mutterkuchen (Plazenta) und die Nabelschnurvene (Vena umbilicalis) in den kindlichen Körper. Dort umgeht es die Leber mit dem Pfortadersystem und mündet in die untere Hohlvene (Vena cava inferior) unterhalb des Herzens ein.

Dieses Verbindungsstück, der Ductus venosus Arantii stellt sozusagen das venöse Gegenstück zum Ductus arteriosus Botalli dar und wird ebenfalls nach der Geburt verschlossen.

In der rechten Herzhälfte angelangt fließt das Blut noch nicht in den Lungenkreislauf, sondern über eine Öffnung zwischen den beiden Herzvorhöfen (Foramen ovale) in die linke Vorkommer. Von dort gelangt es in die linke Hauptkammer und unter Umgehung der Lunge direkt in die Lungenarterie (Truncus pulmonalis).

Der Ductus arteriosus Botalli ist eine Abkürzung zwischen Lungenarterie und Aortenbogen der Hauptschlagader (Aorta). Im Körperkreislauf gibt das Blut seine Nährstoffe an die Zellen weiter und tauscht den mitgebrachten Sauerstoff gegen das verbrauchte Kohlendioxid aus.

Die Nabelarterien (Arteriae umbilicales) leiten es anschließend über Nabelschnur und Plazenta zurück an die Mutter.

Persistierender Ductus arteriosus – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. In der Embryonalentwicklung ist der Ductus arteriosus eine essenzielle Kurschlussverbindung zwischen Hauptschlagader und Lungenarterie. Da die Lungen noch nicht funktionieren, muss das mütterliche Blut über dieses Gefäß vorbeigeleitet werden.
  2. Bei der Geburt entfalten sich die Lungen und die Druckverhältnisse im Körper- und Lungenkreislauf drehen sich um. Das führt dazu, das der Ductus arteriosus verschließt.
  3. Probleme mit diesem Verschluss gibt es vor allem bei Frühgeburten, die gegebenenfalls lange Zeit künstlich beatmet werden müssen.
  4. Ein kleiner persistierender Ductus arteriosus führt selten zu gesundheitlichen Problemen. Trotzdem empfiehlt sich bei betroffenen Kindern eine regelmäßige Endokarditis-Prophylaxe.
  5. Ein großer persistierender Ductus arteriosus verursacht langfristig Linksherzinsuffizienz und Lungenhochdruck. Daher ist hier meist ein operativer Verschluss unumgänglich.

 

Persistierende Ductus arteriosus: Was passiert bei der Geburt?

Mit dem ersten Schrei entfalten sich nach der Geburt die Lungen und nehmen ihre Funktion auf. Gleichzeitig entfällt die Blutversorgung über die Plazenta. Dadurch kehren sich die bisherigen Druckverhältnisse im Körper- und Lungenkreislauf des Kindes um: Nun herrscht der höhere Widerstand im Körperkreislauf. Im Herzen führt das dazu, dass sich am Foramen ovale das Septum primum und Septum secundum aneinanderlagern und binnen weniger Tage miteinander verwachsen.

Der Ductus arteriosus Botalli zieht sich zusammen und verengt sich im Laufe weniger Tage so weit, dass von ihm nur noch ein rudimentäres Band (Ligamentum arteriosum) übrigbleibt. Das gleiche geschieht mit dem Ductus venosus Arantii (Ligamentum venosum), der Nabelarterie (Ligamentum umbilicale mediale) und der Nabelvene (Ligamentum teres hepatis).


Persistierender Ductus arteriosus: Symptome und Verlauf bei kleinen Öffnungen

Wie stark sich ein persistierender Ductus arteriosus in Beschwerden äußert, hängt von der Größe der verbliebenen Kurzschlussverbindung ab und wie viel sauerstoffreiches Blut aus der Hauptschlagader in die Lungenschlagader mit ihrem sauerstoffarmen Blut übertritt. Handelt es sich dabei nur um geringfügige Mengen, treten keinerlei Symptome auf. Ein solcher kleiner persistierender Ductus arteriosus wird oftmals nur zufällig bei Routineuntersuchungen oder Obduktionen festgestellt.

Auch wenn ein kleiner persistierender Ductus arteriosus keine Symptome verursacht, empfiehlt sich bei den Kindern eine Endokarditis-Prophylaxe. Der kurze Weg des Blutes von der Lunge ins Herz begünstigt die Verbreitung von Krankheitserregern.

Ist die Lunge mit Streptokokken oder Staphylokokken infiziert, gelangen die Bakterien schnell in die Blutbahn. Unter solch günstigen Bedingungen müssen sie nicht erst den langen Weg durch den Körperkreislauf antreten, um ins Herz zu gelangen, sondern können sich dort recht zügig an der Herzinnenhaut festsetzen. Das führt zur Herzinnenhautentzündung (Endokarditits), die die Herzklappen erfassen und schwer in ihrer Funktion beeinträchtigen kann (Valvitis, Herzklappeninsuffizienz).

Persistierender Ductus arteriosus: Symptome und Verlauf bei größeren Öffnungen

Größere aus dem Ductus arteriosus kommende Blutmengen führen zu erheblichen Belastungen. Das große Volumen sorgt in der linken Herzhälfte für Mehrarbeit beim Abtransport. Dadurch vergrößern sich linke Vorkammer und linke Hauptkammer, es kommt zu einer Linksherzhypertrophie.

Ist die verbliebene Öffnung sehr groß, ist an dieser Stelle die Druckdifferenz zwischen Lungenkreislauf und Körperkreislauf gering. Ein solch erhöhter Blutdruck in den Lungengefäßen schädigt diese nachhaltig.

Die Folge ist ein pulmonaler Hypertonus. Ist er erst einmal eingetreten, lassen sich die damit verbundenen Auswirkungen nicht mehr rückgängig machen. Kinder mit einer solchen großen Öffnung zeigen alle Symptome einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) wie mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit, beschleunigte Atmung (Tachypnoe) und Herzfrequenz (Tachykardie).

Zudem führt das zu einer gestörten Entwicklung, da die Kinder mangels Sauerstoff- und Nährstoffversorgung nicht so schnell wachsen wie ihre Altersgenossen.

Ein persistierender Ductus arteriosus hat vor allem bei Frühgeburten erhebliche Auswirkungen. Bei diesen findet oftmals kein Verschluss statt und ist zugleich die Lunge noch nicht vollständig ausgereift. Daher müssen diese in der Regel künstlich beatmet werden.

Literatur, Quellen und weiterführende Links

  1. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK): ESC Pocket Guidelines: Leitlinien für die Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern. PDF>>.
  2. Klaus Volquart Hinrichsen: Humanembryologie. Lehrbuch und Atlas der vorgeburtlichen Entwicklung des Menschen. 1. Auflage, Nachdruck. Stuttgart 1991: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540189831.
  3. Alfred Benninghoff, Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen. Band 2: Herz-Kreislauf-System, Lymphatisches System, Endokrine Drüsen, Nervensystem, Sinnesorgane, Haut. 16. Auflage. München 2004: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437423509.
  4. Erich Blechschmidt: Ontogenese des Menschen: Kinetische Anatomie. München 2019: Kiener-Verlag. ISBN-10: 3943324036.
  5. Keith Moore (Hrsg.), T.V.N. Persaud (Hrsg.), Mark G. Torchia (Hrsg.), Christoph Viebahn (Hrsg.): Embryologie: Entwicklungsstadien – Frühentwicklung – Organogenese – Klinik. 6. Auflage. München 2019: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437411136.
  6. Jürgen Apitz (Hrsg.): Pädiatrische Kardiologie: Erkrankungen des Herzens bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Heranwachsenden. 2. Auflage. Darmstadt 2002: Steinkopff-Verlag. ISBN-10: 3798513228.
  7. Kostolny M., Mazzitelli D., Lange R.: Chirurgische Therapie der Fallotschen Tetralogie/Pulmonalatresie mit VSD. In: Andreas Barankay, Hans-Peter Lorenz (Hrsg.): Interdisziplinäre Versorgung angeborener Herzfehler. Balingen 2002: Spitta Verlag. ISBN-10: 3934211291