Herz-Kreislauf-System » Gefäße und Funktionen im Körper
Was ist das Herz-Kreislauf-System
Das Herz-Kreislauf-System wird oft genannt, aber so ganz genau wissen die Wenigsten, was das eigentlich alles umfasst. Dabei ist die Kenntnis über den Aufbau und der Komponenten wichtig, um die Funktionen und damit auch viele Erkrankungen verstehen zu können.
Wir möchten Ihnen in Grundzügen erklären, wie das Herz-Kreislauf-System aufgebaut ist und wie es funktioniert.
Wie funktioniert das Herz-Kreislauf-System?
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Das Herz-Kreislauf-System ist eine „Erfindung“ höherer Tiere. Seine Aufgabe besteht vor allem im Transport von Gasen und Nährstoffen in einer Körperflüssigkeit von dem Ort, wo sie in den Körper gelangen, zu den Orten, wo sie benötigt werden.
Bei kleineren, niederen Tieren funktioniert das noch durch reine Diffusion, indem sich die Moleküle allein durch ihre Molekularbewegung in einem gegebenen Raum mit der Zeit gleichmäßig verteilen.
Je größer ein Tier wird, desto weniger kann die Diffusion diese Transportaufgabe alleine bewältigen.
Daher helfen etwa bei Insekten spezielle Vorrichtungen etwas nach. In ihrem Bauchraum befindet sich ein muskulöser Schlauch, der die Körperflüssigkeit (Hämolymphe) von hinten nach vorne transportiert.
Dieses primitive Herz verfügt bereits über Ventile, die den Flüssigkeitsstrom in eine bestimmte Richtung lenken. Ein eigenes Gefäßsystem ist hier noch nicht vorhanden, da die Bewegung der Hämolymphe zusammen mit einem ausgeklügelten Belüftungssystem für die Versorgung aller Zellen in einem so kleinen Organismus ausreicht.
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Bei noch größeren Organismen reicht diese einfache Pumpe nicht mehr aus. Daher entwickelte sich bei den Wirbeltieren das Herz-Kreislauf-System zu dem, wie wir es vom Menschen kennen. Die wichtigsten Neuerungen in der Evolution sind
- ein mehrkammerig angelegtes Herz mit eigener (autonomer) Reizbildung und Erregungsleitung
- ein geschlossenes Gefäßsystem mit Gefäßen, die vom Herzen wegführen (Arterien) und später wieder zum Herzen zurück verlaufen (Venen) zur gezielten Versorgung von Organen
- eine Trennung von Lungenkreislauf und Körperkreislauf, um Aufnahme und Abgabe von Kohlendioxid und Sauerstoff effektiver zu machen
- die Ausbildung von feinen Blutgefäßen, Kapillarnetzen, die mit ihrer großen Oberfläche den Austausch von Gasen und Nährstoffen erleichtern
- eine Trennung von Blut und Lymphflüssigkeit
- das Aufkommen von Blutkörperchen mit speziellen Transportfunktionen und bei der Abwehr von Fremdorganismen und Fremdsubstanzen
- die BIldung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin, der über sein Eisenion Sauerstoff und Kohlendioxid transportiert.
Herz-Kreislauf-System: Das Wichtigste auf einen Blick!
- Herz und Kreislauf dienen dazu, Substanzen im gesamten Körper gezielt zu verteilen.
- Beim Herzen handelt es sich funktionell um eine Saug-Druck-Pumpe, bei der die Herzklappen die Fließrichtung des Blutes vorgeben.
- Das Herz bedient mit der rechten Hälfte den kleinen oder Lungenkreislauf, mit der linken Hälfte den großen oder Körperkreislauf.
- Vom Herzen weg führen die Schlagadern, gefolgt von Arterien, Arteriolen und Kapillaren, in denen der Stoffaustausch stattfindet.
- Danach sammelt sich das Blut über Venolen und Venen in der Hohlvene und gelangt zurück zum Herzen.
Herz-Kreislauf-System: Aufbau des Herzens
Zentraler Dreh- und Angelpunkt im Herz-Kreislauf-System ist das Herz selbst. Insgesamt ist es in etwa so groß wie eine Faust und besteht hauptsächlich aus speziellen Herzmuskelzellen, die in dieser Form nur im Herzen vorkommen.
Sie sind wie die Skelettmuskelzellen quergestreift, bestehen allerdings nicht aus verschmolzenen Zellen, sondern aus Einzelzellen, die sich mehrfach verzweigen und so einen dichten, netzartigen Kontakt ermöglichen.
Diese Hauptschicht des Herzens bezeichnet man als Herzmuskel (Myokard).
Im Inneren ist dieser wie alle Gefäße mit einer einlagigen Epithelschicht ausgekleidet, einem Endothel, das man hier Herzinnenhaut (Endokard) nennt.
Zuäußerst ist das Herz in eine seröse Hülle eingeschlossen, den Herzbeutel (Perikard). So ähnlich als würde man die Faust in einen Luftballon drücken bildet der zwei Blätter (Laminae), von denen das innere dem Herzen unmittelbar anliegt (Epikard, Lamina cardialis).
Die äußere (Lamina parietalis) ist davon durch einen schmalen flüssigkeitsgefüllen Raum getrennt. Diese Flüssigkeit ist sehr wichtig, denn sie gewährleistet die freie Verschieblichkeit der beiden Blätter und damit die Bewegung des Herzens im zweigeteilten Perikard.
Die Außenseite des Perikards ist zusätzlich mit Bindegewebe verstärkt, damit sich das Herz nicht über Gebühr ausdehnen kann (Pericardium fibrosum).
Herz-Kreislauf-System: Funktion des Herzens
Beim Menschen ist das Herz in zwei Hälften angelegt. Jede davon besteht aus einer Vorkammer (Vorhof, Atrium), die das Blut an seine Hauptkammer (Ventrikel, Ventriculus) weiterleitet. Beide Hälften sind durch eine Scheidewand (Septum) voneinander getrennt.
Die rechte Hälfte versorgt den Lungenkreislauf, die linke den Körperkreislauf. Ingesamt fungiert das Herz als Saug-Druck-Pumpe, die das Blut aus dem venösen System ansaugt und in das arterielle System hineinpumpt.
Damit das Blut dabei seine vorgegebene Richtung einschlägt und nicht zurückfließt, bildet das Endokard an den Übergängen zwischen Vorkammern und Hauptkammern und zwischen Hauptkammern und anschließendem Gefäß Ventile, die Herzklappen (Vitien, Valvae).
Die Kontraktion des Herzens bezeichnet man als Systole, die anschließende Erschlaffung (Dilatation) als Diastole. In der Diastole ist der Blutdruck im Herz-Kreislauf-System höher als in der Systole. Beide Blutdrücke geben den oberen systolischen und unteren diastolischen Wert wieder.
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Herz-Kreislauf-System: Rechtes Herz und Lungenkreislauf
Das Blut aus dem Körperkreislauf wird in der Großen Hohlvene (Vena cava) gesammelt und gelangt zum rechten Vorhof (Atrium dextrum).
Dieser leitet das Blut über die Trikuspidalklappe (Valva tricuspidalis) in die rechte Hauptkammer (Ventriculus dexter). Mit einer kräftigen Pumpbewegung befördert diese das Blut über die Pulmonalklappe (Valva truncus pulmonalis) in die Lungenarterie (Truncus pulmonalis, Arteria pulmonalis).
Das anschließende Gefäßsystem bezeichnet man als kleinen Kreislauf oder Lungenkreislauf.
In der Lunge verästelt sich die Lungenarterie immer weiter in das feine Kapillarnetz der Lungenkapillaren, das die einzelnen Lungenbläschen umschließt und den Gasaustausch ermöglicht.
Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) gibt das verbrauchte Kohlendioxid an die Atemluft ab und tauscht es gegen frischen Sauerstoff aus.
Die kleinen Lungenkapillaren sammeln sich anschließend wieder zu immer größeren Gefäßen und vereinigen sich letztlich in jeder Lunge zu jeweils zwei Lungenvenen (Venae pulmonales).
Herz-Kreislauf-System: Linkes Herz und Körperkreislauf
Die vier Lungenvenen münden mit ihrem sauerstoffreichen Blut in den linken Vorhof (Atrium sinistrum), der sie über die Mitralklappe (Bikuspidalklappe, Valva mitralis, Valva bicuspidalis) in die linke Hauptkammer (Ventriculus sinister) bringt.
Von dort aus gelangt das Blut durch die Aortenklappe (Valva aortae) in die Hauptschlagader (Aorta), die das Blut in den großen Kreislauf oder Körperkreislauf bringt.
Die Hauptschlagader steigt zunächst fast senkrecht auf (aufsteigende Aorta, Aorta ascendens), macht einen Bogen (Aortenbogen, Arcus aortae) und steigt danach in den Bauchraum ab (absteigende Aorta, Aorta descendens).
Vom Aortenbogen gehen die großen Schlagadern ab, die vor allem den Kopf (linke und rechte Halsschlagader, Arteria carotis communis sinistra und dextra) und die Arme (Unterschlüsselbeinarterien, Arteria subclavia dextra und sinistra) versorgen.
Die absteigende Aorta unterteilt man in der Medizin nochmals in die Brustschlagader (Aorta thoracica) des Brustraumes und die Bauchschlagader (Aorta abdominalis). Letzere wird durch den prominenten Abgang der Nierenarterien (Arteriae renales) in einen oberen (Aorta abdominalis suprarenalis) und unteren (Aorta abdominalis infrarenalis) Teil gegliedert.
Oben zweigen die Gefäße ab, die Darm, Leber und Bauchspeicheldrüse versorgen, unten die für unten gelegene Darmabschnitte und das Becken. Im Hauptverlauf teilt sich die Aorta in die beiden Beckenschlagadern (Arteriae iliacae communes) auf und bringt das Blut in die Beine.
In den einzelnen Organen sowie in den Muskeln teilen sich die Gefäße immer weiter auf und bilden Kapillarnetze, die den Stoffaustausch ermöglichen. Das umfasst den Austausch von Sauerstoff, Kohlendioxid, Nährstoffen, Stoffwechselendprodukten und Hormonen.
Danach sammelt sich das Blut in venösen Gefäßen, die ineinander übergehen und letzlich das Blut wieder über die Große Hohlvene (Vena cava) zum Herzen leiten.
Herz-Kreislauf-System: Einteilung der Blutgefäße
Wie wir bereits gesehen haben, lassen sich die Blutgefäße im Herz-Kreislauf-System zunächst danach unterscheiden, ob sie vom Herzen wegführen (arterielles System) oder zum Herzen hinführen (venöses System). Dabei untergliedert man weiter nach dem Gefäßdurchmesser. Die großen, vom Herzen wegführenden Gefäße bezeichnet man als Hauptschlagader (Aorta), Arterien und die noch kleineren Arteriolen (wortgemäß kleine Arterien).
In den einzelnen Organen findet der Stoffaustausch in den Haargefäßen oder Kapillaren statt, die ein dichtes Gefäßnetz bilden.
Die schließlich wieder zusammenlaufenden Blutgefäße bilden kleine Venolen, aus den Venen und schließlich die Hohlvene werden.
Eine weitere Unterteilung der Blutgefäße im Herz-Kreislauf-System richtet sich nach dem Zweck. Gefäße eines Organs, die für die Gesamtheit des Körpers wichtig sind, bezeichnet man als öffentliche Gefäße (Vasa publica).
Die Gefäße für die Eigenversorgung eines Organs nennt man hingegen eigene Gefäße (Vasa privata). Besonders augenfällig und klinisch wichtig ist das vor allem beim Herzen. Das Organ transportiert nicht nur das Blut für den gesamten Körper, sondern benötigt einen Teil davon für die eigene Arbeit.
Diese herzeigenen Vasa privata kennt man unter dem Begriff Herzkranzgefäße. Ähnliches gilt auch für die Blutgefäße selbst: Hier bezeichnet man große Blutgefäße wie die Aorta versorgenden kleine Gefäße als Gefäße der Gefäße, Vasa vasorum.
Herz-Kreislauf-System: Aufbau der Blutgefäße
Wichtig für die Funktionalität eines Blutgefäßes und das gesamte Herz-Kreislauf-System ist die Gefäßwand. Jedes größere Gefäß zeigt grundsätzlich den gleichen Wandaufbau.
Bei den großen Arterien ist die Wand sehr ausgeprägt, da sie dem hohen Blutdruck des arteriellen Systems standhalten müssen. In den Kapillaren und Venen mit ihrem verminderten Blutdruck sind die Wände vergleichsweise dünn.
Im Innersten liegt die Intima (Tunica intima, Tunica interna). Sie wird von einer einzelnen Schicht platter, sehr dünner Epithelzellen gebildet, den sogenannten Endothelzellen. Diese sitzen auf einer speziellen dünnen Haut, der Basalmembran, die das System weiter stabilisiert.
Ein solches Endothel ist in allen Gefäßen vorhanden, auch in den kleinsten Kapillaren, wo sie mit ihrer geringen Ausdehnung den Austausch von Substanzen erleichtern. Das ist etwa in den Lungenbläschen zum Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid und in den Darmzotten für die Aufnahme von Nährstoffen wichtig. Im Herzen bilden die Endothelzellen die Herzinnenwand (Endokard).
Nach außen schließt sich die Media (Tunica media) an. Sie besteht aus glatten Muskelzellen und aus Bindegewebe, die bei Venen nur schwach, bei Arterien wesentlich stärker ausgeprägt sind.
Was von beidem überwiegt, hängt von der Funktion des Gefäßes ab. Man unterscheidet einen elastischen Typ mit vielen elastischen Bindegewebsfasern (Arteria elastotypica), der vor allem für die herznahen Schlagadern typisch ist.
Hintergrund ist, dass die dort gelegenen großen Arterien den Herzschlag elastisch auffangen müssen, damit er auch weiter entfernt noch gleichmäßig und nicht abrupt weitergegeben werden kann. Besonders ausgeprägt ist das bei der unmittelbar an das Herz anschließenden Hauptschlagader, bei der man von einer Windkesselfunktion spricht.
Weiter entfernte Arterien und Arteriolen sind vom muskulären Typ (Arteria myotypica) mit vielen Muskelzellen, die das Lumen je nach Bedarf einstellen können. Das geschieht über vegetative Nervenfasern, die für eine Gefäßerweiterung (Vasodilatation) oder Gefäßverengung (Vasokonstriktion) sorgen.
Wichtig hierfür sind beispielsweise die Betarezeptoren, an die die Botenstoffe Adrenalin oder Noradrenalin andocken. Das geschieht beispielsweise unter Stress und sorgt dafür, dass die Gefäße weit gestellt werden und viel Sauerstoff transportieren können. Das ermöglicht hohe Muskelaktivität bei der Flucht.
Zuäußerst liegt eine Schicht aus lockeren Bindegewebe, die Adventitia (Tunica adventitia). Sie dient der Verankerung des Gefäßes in der Umgebung und sorgt für zusätzliche Stabilität.
Quellen, Links und weiterführende Literatur
- Alfred Sherwood Romer, Thomas S. Parsons: Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. 5. Auflage. Berlin 1991: Blackwell Wissenschafts-Verlag / Parey Buchverlag. ISBN-10: 3826326547.
- Theodor H. Schiebler, Walter Schmidt, Karl Zilles: Anatomie. Zytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie des Menschen. 7. Auflage. Stuttgart 1999: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540618562.
- Detlev Dreckhahn, Alfred Benninghoff: Anatomie. Makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie des Menschen: Band 2: Herz-Kreislauf-System, Lymphatisches System, Endokrine Drüsen, Nervensystem, Sinnesorgane, Haut. 16. Auflage. München 2004: Urban & Fischer Verlag/Elsevier. ISBN-10: 3437423509.
- Roche Lexikon Medizin, Sonderausgabe. 5. Auflage. München 2009: Urban & Fischer Verlag/Elsevier. ISBN-10: 3437151568.
- Gerhard Münch, Jacques Reitz: Grundlagen der Krankheitslehre. Hamburg 2005: Nikol-Verlag. ISBN-10: 3933203066.