Beinvenenthrombose – Ursachen und Anzeichen erkennen

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Beinvenenthrombose

Insbesondere bei langen Flugreisen und Autofahrten wird immer wieder geraten, Pausen einzulegen und sich zu bewegen. Damit soll einer typischen Komplikation vorgebeugt werden: der Beinvenenthrombose. Es gibt aber auch einige andere Risikofaktoren, die diese schmerzhafte Beinschwellung verursachen können. Die Thrombose ist eine häufige Erkrankung, die jedes Jahr bei etwa 3 von 1000 Personen auftritt. Die Erkrankung kommt gehäuft bei stationär im Krankenhaus behandelten Patienten vor und ist dort eine der häufigsten Faktoren, die den Aufenthalt verlängern und eine komplexere Behandlung erfordern.

Beinvenenthrombose
Beinvenenthrombose Copyright: zlikovec, Bigstockphoto

 

Ursachen einer Beinvenenthrombose?

Eine Thrombose ist ein Blutgerinnsel im Gefäß. Dazu kommt es, wenn sich innerhalb des Gefäßes Blutplättchen zusammenlagern. Das passiert klassischerweise durch das Zusammenwirken von drei Faktoren, die man auch als Virchow-Trias bezeichnet.

Dazu gehören:

1. Verletzungen des Endothels, zum Beispiel durch Gefäßentzündungen oder Traumata
2. Veränderung des Blutstroms, beispielsweise durch eine lokale Blockade des Abflusses, Blutrückstau im Rahmen einer Herzinsuffizienz oder Verwirbelungen bei Beinvarizen
3. Veränderungen der Blutzusammensetzung, zum Beispiel durch eine Blutgerinnungsstörung (Thrombophilie)

Etwa 90 Prozent der Venenthrombosen entstehen im Bereich der Beine, davon etwa die Hälfte im Bereich des Oberschenkels.

 

Risiko für eine Beinvenenthrombose
Typische Ursachen und Abschätzen der Erkrankungswahrscheinlichkeit

Es kommt im klinischen Alltag häufig vor, dass Patienten mit Verdacht auf Thrombose eingewiesen werden. Um abschätzen zu können, ob tatsächlich eine Thrombose vorliegt, hat sich der sogenannte Wells-Score etabliert. Dabei werden bestimmte Risikofaktoren zu einem Punktwert addiert.

Wells-Score:  (Parameter Punkte)

Bösartige Tumorerkrankung 1
Lähmung oder Bettlägerigkeit 1
Große Operation 1
Schmerzen entlang der Venen 1
Beinschwellung 1
Umfangsvermehrung eines Beins 1
Ödem am schmerzhaften Bein 1
Sichtbare Kollateralvenen 1
Beinvenenthrombose in der Anamnese 1
Andere Diagnose wahrscheinlicher -2

Werden im Wells-Score weniger als 2 Punkte erreicht, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Venenthrombose der Beine gering. Liegt der Wert bei mehr als 2 Punkten, ist eine tiefe Beinvenenthrombose wahrscheinlich.

Zusätzlich gibt es noch weitere Faktoren, die eine Thrombose begünstigen. Das sind:

  •  Adipositas
  •  Exsikkose
  •  Infektionen
  •  Herzinsuffizienz
  •  Chronisch-venöse Insuffizienz
  •  Therapie mit einer Antibabypille, insbesondere in Kombination mit Nikotinkonsum

 

Symptome der Beinvenenthrombose

In der klinischen Untersuchung achtet man auf die typischen Symptome, die auf eine Thrombose hindeuten. Dazu gehören ein Schweregefühl und Schmerzen in den Beinen, die sich manchmal ähnlich wie Muskelkater präsentieren können. Wird das Bein hochgelegt, bessern sich die Beschwerden oft. Zusätzlich ist das Bein geschwollen, teilweise so stark, dass die Haut gespannt ist und anfängt zu glänzen. Zusätzlich gibt es drei klassische Zeichen, die auf eine Beinvenenthrombose hindeuten:

  •  Meyer-Zeichen: Schmerzen bei manueller Kompression der Wade
  •  Payr-Zeichen: Schmerzen im Fuß bei Druck auf die Fußsohle
  •  Homan-Zeichen: Schmerzen in der Wade beim Anziehen des Fußen nach oben

 

Beinvenenthrombose Diagnostik: Klinik, Blutwerte, Ultraschall

Der Laborwert, der typischerweise bei Verdacht auf eine Thrombose erhoben wird, ist das D-Dimer. Ist dieser Wert nicht erhöht, kann eine Thrombose mit über 95%-iger Sicherheit ausgeschlossen werden. Sehr wichtig zu beachten ist jedoch, dass ein positiver Wert allein nicht beweisend ist für eine Thrombose! Auch Abszesse, Entzündungen, Traumata oder bösartige Grunderkrankungen können zu einer Erhöhung des D-Dimers führen. Daher sollte unbedingt die Klinik des Patienten in Zusammenschau mit den Laborbefunden gesehen werden; eine alleinige Erhöhung des Wertes ohne passende Beschwerden macht eine Thrombose unwahrscheinlich.

Die Methode der Wahl um den Thrombus selbst bildgebend darzustellen, ist die Farbduplex-Kompressionssonographie. Dabei werden mittels Ultraschall die Venen der betroffenen Extremität untersucht. Normalerweise herrscht innerhalb einer Vene so wenig Druck, dass diese durch den Ultraschallkopf komprimiert werden kann. Befindet sich jedoch ein Blutgerinnsel im Gefäß, klappt das nicht mehr. Manchmal kann auch der Thrombus direkt dargestellt werden.

 

Therapie der Beinvenenthrombose

Als Allgemeinmaßnahme bei einer Beinvenenthrombose wird meistens eine Kompressionsbehandlung durchgeführt. Dazu wird ein Kompressionsstrumpf an das betroffene Bein angelegt. Wichtig ist jedoch, dass dies bei Patienten mit einer bekannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit unterbleiben muss, weil dann die Gefahr einer Minderdurchblutung der Extremität besteht.

Weiterhin werden Medikamente eingesetzt, die die Blutgerinnung hemmen. Zu Beginn wird meistens Heparin verwendet. Im weiteren Verlauf wird auf eine orale Antikoagulation umgestellt, die dann für mindestens drei Monate eingenommen werden sollte.

 

Komplikationen und deren Prophylaxe

Die Gefahr bei der Thrombose der Beingefäße besteht darin, dass sich der Thrombus aus dem Beingefäß lösen kann und dann über das rechte Herz bis in die Lunge ausgeschwemmt wird und dort eine Embolie verursacht. Wenn ein Patient mit festgestellter Beinvenenthrombose also über plötzliche Luftnot, Schwindel, Schmerzen in der Brust, Herzrasen oder blutigen Auswurf klagt, kann das auf eine Lungenembolie hindeuten. Meistens passiert das innerhalb der ersten zwei Wochen nach einer Thrombose. Bei eher kleinen Lungenembolien wird, wie bei einer Thrombose, mit blutverdünnenden Medikamenten gearbeitet. Ist die Lungenembolie sehr groß und geht mit massiven klinischen Beschwerden wie Kreislaufschock und Herz-Kreislauf-Versagen einher, kann versucht werden, mittels Lyse, Rechtsherzkatheter oder einer Operation den Thrombus in der Lunge aufzulösen oder zu entfernen.

Liegt man im Krankenhaus, bekommt man in aller Regel täglich ein Medikament unter die Haut gespritzt, was der Thromboseprophylaxe dient. Das ist wichtig, weil man in einem stationären Krankenhausaufenthalt viel im Bett liegt und deshalb die Gefahr einer Thrombose erhöht ist. Auch nach Operationen an den Beinen, nach denen man längere Zeit nicht richtig laufen kann, erhält man in der Regel eine Prophylaxe für Zuhause.

 

Tipp: Im Zweifel Ursachenforschung betreiben!

Insbesondere, wenn kein Grund für die Thrombose auszumachen ist, zum Beispiel weil keine kürzliche Immobilisation oder Operation stattgefunden hat, sollte weitere Ursachenforschung betrieben werden. Gerade bei jüngeren Patienten liegen nicht selten bisher unentdeckte Gerinnungsstörungen vor, die zu einer erhöhten Thromboseneigung führen. Sie werden auch als Thrombophilien bezeichnet. Dazu gehören zum Beispiel die Faktor-V-Leiden-Mutation oder ein Protein C- und -S-Mangel.

Da diese Erkrankungen erblich bedingt sind, lässt sich häufig eine positive Familienanamnese bezüglich tiefer Beinvenenthrombose und Lungenembolie feststellen.
Bei älteren Patienten sollte ausgeschlossen werden, dass eine bösartige Tumorerkrankung dahintersteckt.

„Die tiefe Venenthrombose ist nach dem Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste akut auftretende kardiovaskuläre Erkrankung.“

www.aerzteblatt.de/archiv/5036/Die-tiefe-Venenthrombose-Diagnostik-und-Therapie

Quelle und Literatur:
Gerd Herold, Innere Medizin 2019