Erkrankungen der Leukozyten – Leukopenien, Leukozytosen und Leukämien

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Erkrankungen und Störungen zeigen meist zuerst im erhöhten Leukozytenwert im Blutbild – hier geht es um die Erkrankungen der Leukozyten und welche Anzeichen auf  Leukopenien, Leukozytosen und Leukämien hindeuten können.

Die Symptome solcher Störungen sind oft ein erster Hinweis auf eine zugrunde liegende Krankheit.

Die fünf wichtigsten Anzeichen und Erkrankung der Leukozyten haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt.

Leukozyten im Blut www.grossesblutbild.de

Erkrankungen der Leukozyten

Die weißen Blutkörperchen oder Leukozyten sind in erster Linie für das Immunsystem wichtig.

Will man die Anzeichen von Erkrankungen der Leukozyten verstehen, muss man die Aufgaben der weißen Blutkörperchen im Organismus betrachten.

Die Immunabwehr unseres Körpers besteht aus einer zellulären Abwehr, die Bakterien, Viren und Parasiten direkt angreift, und einer humoralen Abwehr aus Antikörpern, die an Oberflächenstrukturen der Eindringlinge binden, sie verklumpen und für die zelluläre Immunabwehr kenntlich machen.

Kostmann Syndrom
Leukozyten und Bakterien im Blut, Kostmann Syndrom Copyright: Kateryna Kon, Bigstockphoto

Nach dem erstmaligen Kontakt mit einem Antigen speichern spezielle Leukozyten die relevanten Informationen und sorgen dafür, dass bei einer erneuten Interaktion die entsprechenden Immunzellen und Antikörper wesentlich schneller zur Verfügung stehen als beim ersten Mal.

Daher machen sich Erkrankungen der Leukozyten vor allem in einer gestörten Immunabwehr bemerkbar. Unterscheiden muss man dabei zwischen Krankheiten, die die Zahl der weißen Blutkörperchen erhöhen (Leukozytose) oder erniedrigen (Leukozytopenie oder kurz Leukopenie).

Erkrankungen der Leukozyten – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Erkrankungen der Leukozyten in Form eines Überschusses (Leukozytose) oder eines Mangels (Leukopenie) äußern sich in erster Linie in Beeinträchtigungen der Hauptfunktion der Zellen, der Immunabwehr.
  2. Deutliches Anzeichen von Leukopenien und Leukozytosen sind Veränderungen im kleinen und großen Blutbild.
  3. Infekte und Entzündungen sind in der Regel mit Leukozytosen verbunden.
  4. Blutkrebs (Leukämie) kann die normale Blutbildung verdrängen. Dadurch fehlen funktionstüchtige weiße Blutkörperchen, Erythrozyten und Thrombozyten. Die Folge sind Infekte, Anämien und Blutungsneigung.
  5. Ähnliche Symptome rufen Lymphome hervor, die zudem typischerweise durch langfristig schmerzlos angeschwollene Lymphknoten gekennzeichnet sind.

 

5 Anzeichen von Erkrankungen der Leukozyten:

Leukopenien und Leukozytosen als Veränderungen im Blutbild

Da alle Erkrankungen der Leukozyten mit einer Vermehrung oder Verminderung der Zellen einhergehen, lassen sie sich am einfachsten durch Veränderungen im Blutbild feststellen.

Ein solches Blutbild lässt der Arzt bei vielen Erkrankungen anfertigen, um sich über die möglichen Ursachen Klarheit zu verschaffen. Bereits beim weniger aufwendigen kleinen Blutbild erfasst das Labor die Anzahl der Leukozyten. Damit lässt sich bereits beurteilen, ob eine Leukopenie oder eine Leukozytose vorliegt. Als gesund gilt ein Referenzbereich von 3.800 bis 10.500 Leukozyten pro µl Blut.

Beim großen Blutbild differenziert man zusätzlich die verschiedenen Arten der Leukozyten, also Lymphozyten, Granulozyten (stabkernige und segmentkernige neutrophile sowie eosinophile und basophile) und Monozyten. Da diese Zellen unterschiedliche Aufgaben erfüllen, lassen sich mit einem großen Blutbild noch mehr Aussagen über mögliche Krankheitsursachen machen.

Veränderungen im großen und kleinen Blutbild sind daher das sicherste Anzeichen für Erkrankungen der Leukozyten.

Leukozytosen und Infekte

Leukozytosen sind streng genommen keine eigenständigen Erkrankungen, sondern lediglich eine Reaktion der weißen Blutkörperchen auf irgendwelche Aktivitäten in der Immunabwehr.

Auf das Vorhandensein einer Leukozytose kann man sich vor allem bei allen Infekten verlassen, ob sie nun durch Viren, Bakterien oder Parasiten wie Einzeller und Würmer hervorgerufen werden.

Das alarmierte Immunsystem produziert sehr viele Abwehrzellen, die sich über die Eindringlinge hermachen und sie aus dem Weg räumen.

Das gilt für gängige Erkrankungen wie Durchfallerkrankungen, Grippe und grippale Infekte mit Husten, Schnupfen und Bronchitis. Typisch sind hier die angeschwollenen Lymphknoten in der näheren Umgebung, wie den Rachenmandeln oder Lymphknoten am Hals bei Erkältungen.

Leukozytosen und Entzündungen

Ganz ähnlich steigen die Leukozytenwerte im Blutbild, wenn eine Entzündung vorliegt. Oftmals sind auch hier Bakterien die Ursache. Wie viele Leukozyten bei solchen Entzündungen produziert werden, sieht man sehr augenfällig, sobald sich Eiter bildet. Er besteht aus toten Zellen, Bakterienresten, Leukozyten und Lymphflüssigkeit.

Ähnlich hohe Leukozyten findet man auch bei Autoimmunerkrankungen. Hier wurde das Immunsystem fälschlich aktiviert, sodass Immunzellen und Antikörper fälschlich körpereigene Strukturen angreifen. So etwas findet man beispielsweise bei rheumatischem Fieber, der Hashimoto-Thyreoiditis oder den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

Leukämien

Leukämien bezeichnen Blutkrebs, der von den weißen Blutkörperchen oder ihren Vorstufen ausgehen. Je nachdem welche Zellen sich dabei vermehren, kann es zu einer Leukozytose oder einer Leukopenie kommen.

Dass sich weiße Blutkörperchen bei Krebs vermehren und so zu einer Leukozytose führen ist leicht einzusehen. Aber wie kann bei Krebs die Anzahl der Leukozyten sinken? Das passiert, wenn nicht reife oder halbwegs funktionsfähige Leukozyten sich rapide vermehren, sondern unreife Vorstufen, die die Funktionen der vollständig ausgereifen weißen Blutkörperchen nicht übernehmen können.

Migration von Krebszellen.
Migration von Krebszellen. Krebszellen können an andere Körpergewebe oder Organe den Aufbau Metastasen migrieren
– Urheber: juangaertner / 123RF.com

Bei den Leukämien muss man zwischen chronischen und akuten Formen unterscheiden. Chronische Leukämien entwickeln sich langsam mit wenig spezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsminderung und Leistungsschwäche, Nachtschweiß und Gewichtsverlust.

Dagegen ist der Verlauf bei akuter Leukämie wesentlich fulminanter, mit Fieber, Nachtschweiß, plötzlicher Gewichtsabnahme und Nasen- und Zahnfleischbluten.

Ist auch die Blutbildung der roten Blutkörperchen und Blutplättchen beeinträchtigt, macht sich das mit einer Sauerstoffmangelversorgung durch Blutarmut (Anämie) und erhöhter Blutungsneigung bemerkbar.

Lymphome

Nahe verwandt mit den Leukämien sind Lymphome, auch als Lymphdrüsenkrebs bezeichnet. Das weist gleich auf das typische Anzeichen der Lymphome hin: Geschwollene Lymphknoten.

Anders als bei Infekten sind bei Lymphomen oft mehrere Lymphknoten an unterschiedlichen Stellen geschwollen, schmerzen bei Druck nicht und dauern länger als zwei Wochen an. So etwas ist unbedingt als Warnsignal aufzufassen!

Hinzu kommen Leistungsschwäche, Fieber, Gewichtsverlust und gegebenenfalls geschwollene Leber und/oder Milz. Auch hier steigt die Infektanfälligkeit und kann die Blutbildung auch der roten Blutkörperchen und Blutplättchen verdrängt werden, sodass Blutarmut mit Leistungsschwäche und Blutungsneigung auftreten.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  1. Gabi Hoffbauer: Blut- und Laborwerte: Der Patientenratgeber. 4. Auflage. München 2004: Südwest-Verlag. ISBN-10: 3517067504.
  2. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
  3. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  4. Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. 8. Auflage. Stuttgart 2019: Georg Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182.
  5. Marlies Michl: BASICS Hämatologie. 4. Auflage. München 2019: Elsevier/Urban & Fischer-Verlag. ISBN-10: 3437421697.
  6. Nicole Schaenzler,‎ Wilfried P. Bieger: Laborwerte: Alles über Normbereiche, Befunde und Co. 6. Auflage. München 2019: Gräfe & Unzer-Verlag.
  7. Jürgen Hallbach: Klinische Chemie und Hämatologie: Biomedizinische Analytik für MTLA und Studium. 3. Auflage. Stuttgart 2011: Georg Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131063432.