Der Antikörpersuchtest in der Schwangerschaft Vorsorge

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Was ist ein Antikörpersuchtest?

Der Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft dient dem Nachweis von Antikörpern gegen den Rhesusfaktor im Blut einer Rhesus-negativen Mutter. Die roten Blutkörperchen eines Rhesus-positiven Kindes können die Produktion solcher Antikörper bei einer vorangegangenen Geburt auslösen.

Diese führen bei erneuter Schwangerschaft zu Komplikationen in Form von Missbildungen sowie Tot- und Fehlgeburten. Mit der Gabe eines speziellen Antikörpers lässt sich dem vorbeugen (Rhesusprophylaxe).

Antikörpersuchtest
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Antikörpersuchtest in der Schwangerschaft: Blutgruppen

Als Blutgruppen bezeichnet man bestimmte Oberflächenmerkmale der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Diese bestehen aus Eiweißen (Proteinen) und fettähnlichen Substanzen mit Zuckeranteilen (Glykolipiden).

Als solche sind sie in der Lage, in einem Organismus mit anderen Oberflächenmerkmalen eine Immunreaktion auszulösen. Daher bezeichnet man diese Oberflächenstrukturen als Erythrozytenantigene, von denen jeder Mensch einen bestimmten Satz besitzt. Man kennt mittlerweile über 400 solcher Merkmale der Erythrozytenoberfläche, sodass es fast 300 Millionen Kombinationsmöglichkeiten gibt.

Gründe für den Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft: Was passiert bei unverträglichen Blutgruppen?

Eine klinisch wichtige Rolle spielen diese Erythrozytenantigene in der Transfusionsmedizin. Entnimmt man zwei Personen Blut und mischt beides, bilden sich in knapp dreiviertel der Fälle gut sichtbare kleine Klumpen. Diese Zusammenballung der roten Blutkörperchen bezeichnet man als Hämagglutination. Teilweise findet gleichzeitig eine Auflösung der Erythrozyten (Hämolyse) statt.

Hämagglutination ist die Folge einer Antigen-Antikörper-Reaktion zwischen Erythrozytenantigenen der einen Blutprobe und Antikörpern der zweiten Blutprobe. Diese Antikörper, die normalerweise frei im Blut schwimmen, bezeichnet man daher als Hämagglutinine und die auslösenden Erythrozytenantigene als Hämagglutinogene.

Eine solche Hämagglutination findet auch statt, wenn fremdes, inkompatibles Blut in die Blutbahn eines anderen Menschen gelangt. Die agglutinierenden Erythrozyten verstopfen dann feine Gefäße (Kapillaren) und schädigen die Tubuli der Niere. Im Extremfall kommt es zu einer Anaphylaxie, einer heftigen, alle Organsysteme betreffenden Immunreaktion, die unbehandelt oft tödlich endet.

Diese Inkompatibilität ist auch der Grund, warum man bei einer Bluttransfusion die Kompatibilität der Blutgruppen austesten muss. Eine kleine Menge Patientenblut wird mit dem für die Transfusion vorgesehenen Blutkonserve gemischt. Auch wenn das Labor bereits beide Haupt-Blutgruppen bestimmt hat, stellt man so sicher, dass keine anderen Unverträglichkeiten auftreten.

Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft: Welche Blutgruppen spielen hier eine Rolle?

Die beiden Blutgruppensysteme, die jeder kennt, sind das ABO-System und das Rhesus-System. Alle anderen spielen in der Transfusionsmedizin und somit auch in der Schwangerschaft eine untergeordnete Rolle.

  • Das ABO-System (Blutgruppen A, B, AB und 0) ist der Hauptverantwortliche für Hämagglutination und Hämolyse bei Blutgruppenunverträglichkeit.
  • Das Rhesus-System hat seinen sonderbaren Namen von den gleichnamigen Affen erhalten. Denn zum Test auf diese Blutgruppe verwendet man das Serum von Kaninchen, die man gegen das Blut von Rhesusaffen immunisiert hat.

Die Rhesus (Rh)-Eigenschaft der Erythrozyten bestimmen mehrere Teilantigene (Partialantigene) auf deren Zelloberfläche. Die wichtigsten davon heißen C, D, E, c und e.

Die stärkste antigene (Antikörper-erzeugende) Wirkung hat das D-Antigen. Rote Blutkörperchen mit diesem Antigen bezeichnet man daher als Rhesus-positiv (Rh, Rh+, Rh(D)+). Blut ohne diesen Rhesusfaktor nennt man dagegen Rhesus-negativ (rh, Rh-, Rh(D)-). In Mitteleuropa sind rund 85 % der Bevölkerung Rhesus-positiv.

Ein großer Unterschied zwischen dem ABO-System und dem Rhesus-System ist die Tatsache, dass ABO-Hämagglutinine immer gebildet werden, Rhesus-Agglutinine erst nach Kontakt mit Rh-positiven Erythrozyten. Zu einer solchen Exposition kann es im Verlaufe einer Schwangerschaft kommen.

Beim Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft sucht nach solchen Rhesus-Antikörpern, da diese eine Reihe von Komplikationen auslösen. Diese können auftreten, wenn ein Rhesus-positiver Vater und eine Rhesus-negative Mutter ein Rhesus-positives Kind zeugen. Der Rhesusfaktor wird dominant-rezessiv vererbt. Das ist bei etwa jeder zehnten Schwangerschaft der Fall.

Was bedeutet der Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaftsvorsorge

Der Antikörper-Suchtest, den man in der Schwangerschaft durchführen lassen sollte, sucht nach Rhesus-Hämagglutininen im Blut der Mutter.

Geringe Mengen kindlichen Blutes gelangen über die Plazenta in die Mutter und lösen eine leichte Immunreaktion aus. Erst durch den Geburtsvorgang treten größere Mengen Blut über und sorgen für die Produktion von anti-D-Antikörpern gegen den Rhesusfaktor (Rhesus-Sensibilisierung). Da eine solche Antikörperproduktion eine Weile dauert, verläuft die erste Schwangerschaft einer Rh-negativen Mutter mit einem Rh-positiven Kind ohne Komplikationen.

Erst bei erneuter Schwangerschaft mit einem Rh-positiven Kind verursachen anti-D-Antikörper Probleme. Gedächtniszellen des Immunsystems sorgen dafür, dass dieses wesentlich schneller reagiert als beim ersten Mal und bereits wenige Erythrozyten des Ungeborenen zu einer starken Antikörperbildung führen.

Über die Plazenta gelangen diese in den kindlichen Kreislauf und zerstören dessen Erythrozyten. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Abstoßungsreaktion. Das führt zu schweren Schäden wie Blutarmut, Gelbsucht und Missbildungen oder sogar zum intrauterinen Tod. Tot- und Fehlgeburten sind die Folge. Dies bezeichnet man medizinisch als Morbus haemolyticus neonatorum und Erythroblastosis fetalis.

Ein seltener weiterer Grund für eine solche Immunisierung sind Bluttransfusionen. Daher wird ein Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft bei Rhesus-negativen Müttern zur Sicherheit grundsätzlich durchgeführt, zumal die Bestimmung dieser Blutgruppe beim Ungeborenen schwierig ist.

Antikörper-Suchtest und Wie kann man Komplikationen durch den Rhesusfaktor verhindern?

Die Sensibilisierung einer Rhesus-negativen Mutter muss man unter allen Umständen verhindern. Sind Sie Rhesus-negativ, führt Ihr Frauenarzt bei der ersten Untersuchung im Rahmen Ihrer ersten Schwangerschaftsvorsorge einen Antikörper-Suchtest durch. Dazu entnimmt er Ihnen wie zur Ermittlung von Blutwerten eine Blutprobe und schickt sie in ein Labor. Dort nimmt man die entsprechende Analyse vor (Coombs-Test).

Ist der Antikörpernachweis positiv, führt der Frauenarzt eine Rhesusprophylaxe (anti-D-Prophylaxe) durch. Dazu erhalten Sie einen anti-D-Antikörper (anti-D-γ-Globulin) zur passiven Immunisierung. Dieses zerstört die Rhesus-positiven Erythrozyten, die in Ihren Kreislauf gelangt sind, sodass eine Rhesus-Sensibilisierung von vornherein unterbleibt.

In der 24. bis 27. Woche veranlasst der Frauenarzt zur Kontrolle einen zweiten Antikörper-Suchtest in der Schwangerschaft.

Erweist sich das Neugeborene als Rhesus-positiv, nimmt man innerhalb 72 Stunden nach der Geburt eine weitere Rhesusprophylaxe vor. Weitere Rhesusprophylaxen erfolgen bei allen Komplikationen und Eingriffen, bei denen kindliches Blut in den mütterlichen Kreislauf gelangen könnte.

Literatur und Quellen:

  1. Robert F. Schmidt (Hrsg.), Gerhard Thews (Hrsg.), Florian Lang (Hrsg.): Physiologie des Menschen (Springer-Lehrbuch). Stuttgart 2000: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540667334.
  2. Rainer Klinge, Stefan Silbernagel: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart 2005: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3137960045.
  3. Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. Stuttgart 2019: Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182